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Blink! - die Macht des Moments

Titel: Blink! - die Macht des Moments
Autoren: Malcolm Gladwell
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Eindruck,
     er schien ganz ehrlich seine Gefühle darlegen zu wollen.
    Wenn wir aber genau hinhörten, erklärte mir Amber, dann werde deutlich, dass Bill eine Verteidigungshaltung einnehme. In SPAFF-Codes
     gesprochen beschwerte er sich und verwendete eine »Ja, aber«-Taktik, das heißt, er schien Susan zuzustimmen, nahm jedoch seine
     Zustimmung im nächsten Moment wieder zurück. Dem Protokoll konnten wir entnehmen, dass Bill 40 der ersten 66 Sekunden lang
     in dieser Verteidigungshaltung verharrte. Susans Reaktionen in dieser ersten Minute waren ebenfalls sehr aufschlussreich.
     Während Bill redete, verdrehte sie mehr als einmal die Augen – ein klassisches Zeichen für Verachtung, wie Amber mir erläuterte.
     Als Bill auf das Hundekörbchen zu sprechen kam, |31| schloss Susan die Augen und antwortete mit herablassender, belehrender Stimme. Und als Bill ausführte, dass er keinen Zaun
     im Wohnzimmer wolle, antwortete Susan: »Darüber will ich mich nicht mit dir streiten« und verdrehte wieder die Augen. »Schauen
     Sie genau hin«, sagte Amber. »Wieder ein Zeichen für Verachtung. Das Gespräch hat kaum angefangen, und er war die ganze Zeit
     in Verteidigungshaltung, und sie hat mehrmals die Augen verdreht.«
    Weder Bill noch Susan gaben offene Anzeichen von Feindseligkeit zu erkennen. Es gab jedoch immer wieder subtile Signale, die
     Amber veranlassten, das Band anzuhalten und mich darauf hinzuweisen. Es gibt Paare, die sich richtig in die Wolle bekommen,
     wenn sie streiten. Bei Bill und Susan spielte sich vieles unter der Oberfläche ab. Bill beklagte sich, der Hund würde ihr
     Sozialleben beeinträchtigen, weil sie immer früh nach Hause kommen müssten, aus Angst, der Hund könnte in der Wohnung irgendetwas
     anstellen. Susan antwortete, das sei gar nicht wahr, und erklärte: »Wenn sie anfängt, an etwas herumzukauen, dann macht sie
     das eine Viertelstunde, nachdem wir zur Tür raus sind.« Es sah so aus, als würde Bill dem zustimmen. Er sagte »Ja, klar«,
     doch dann fügte er hinzu: »Ich behaupte ja gar nicht, dass es rational ist. Ich will einfach keinen Hund.«
    Amber zeigte auf den Bildschirm. »Er fängt an mit einer Zustimmung, ›ja, klar‹, aber eigentlich ist es ein ›ja, aber‹. Er
     stimmt ihr zwar zunächst zu, nimmt diese Zustimmung aber im nächsten Moment zurück und sagt, dass er den Hund nicht mag. Er
     ist die ganze Zeit in Verteidigungshaltung. Ich habe am Anfang gedacht, er ist so ein Netter, er bestätigt sie immer wieder.
     Bis ich gemerkt habe, dass er eigentlich immer ›ja, aber‹ sagt. Auf so etwas fällt man ziemlich leicht herein.«
    Im Video fuhr Bill fort: »Ich werde immer besser, das musst du zugeben. Diese Woche schon besser als letzte und als die Woche
     davor.«
    Erneut hielt Amber das Band an. »In einer Studie haben wir |32| uns frisch vermählte Ehepaare angesehen. Bei Paaren, die sich später scheiden ließen, war es oft so, dass einer der beiden
     Partner nach Bestätigung suchte und der andere sie ihm nicht gab. Bei den glücklicheren Paaren sagte der andere leichter auch
     mal: ›Ja, du hast Recht.‹ Das fällt auf. Wenn sie nicken und ›aha‹ oder ›ja‹ sagen, dann sind das Zeichen der Zustimmung.
     Susan macht das nicht ein einziges Mal in der ganzen Aufzeichnung. Das ist uns erst aufgefallen, als wir das Band Sekunde
     für Sekunde analysiert haben.«
    »Es ist merkwürdig«, fuhr Amber fort. »Wenn die beiden zur Tür hereinkommen, hat man nicht das Gefühl, dass es ein unglückliches
     Paar ist. Und am Ende, als sie sich gemeinsam das Band angeschaut haben, fanden sie es zum Totlachen. Nach außen hin sieht
     alles wunderbar aus. Aber ich weiß nicht so recht. Sie sind noch nicht so lange verheiratet und sind noch in der Flitterphase.
     Aber Tatsache ist, dass sie völlig unnachgiebig ist. Sie streiten sich hier nur über einen Hund, aber schon daraus können
     wir erkennen, dass sie in jeder Auseinandersetzung absolut halsstarrig reagiert. Das ist ein Punkt, der langfristig eine Menge
     Schaden anrichten kann. Mich würde interessieren, ob sie es schaffen, länger als die magischen sieben Jahre zusammenzubleiben.
     Ich frage mich, ob die beiden genug an positiven Gefühlen haben. Denn wenn man genau hinschaut, ist alles, was positiv aussieht,
     plötzlich alles andere als positiv.«
    Wonach suchte Amber Tabares im Verhalten dieses Paares? Einerseits und auf einer technischen Ebene vergleicht sie die Anzahl
     der positiven und der
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