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Blinder Rausch - Thriller

Blinder Rausch - Thriller

Titel: Blinder Rausch - Thriller
Autoren: Random House
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dass ein zufriedenes Lächeln über sein Gesicht gleitet. Ihr Auge tränt von der Zugluft und dem Staub in der Bodenritze. Dennoch kann sie sehen, dass Frederik in der Manteltasche nach der Trinkflasche greift und sie hervorzieht. Er öffnet den Schraubverschluss, trinkt jedoch nicht. Dann wendet er sich um, und Leonie kann nur noch seinen Rücken sehen und die Bewegungen seiner Arme. Er hantiert irgendetwas mit der Flasche. Dann richtet er sich auf und lässt sie wieder in seine Manteltasche gleiten. Vor Leonies geistigem Auge schwappt ein Getränk in einem Glas. Der Ohrwurm. Der Filmriss. Ihr Herz rast. Hat sie sich zu viel zugemutet? Soll sie Anja Wiesner anrufen? Sie zieht das Handy hervor. Es ist unmöglich so dicht über Frederik unbemerkt zu telefonieren. Soll sie eine SMS schreiben?Sie spürt den Vibrationsalarm ihres Handys in der Tasche. Es scheint jemanden zu geben, der sie erreichen will. Sie umfasst das Handy, doch da hört sie bereits Frederiks Schritte auf den Stufen. Sie schaltet schnell das Handy aus, schlüpft aus ihren Schuhen und eilt lautlos auf Strümpfen die Stufen hinauf. Durch das Knirschen seiner eigenen Schritte kann Frederik hoffentlich nicht hören, wie unter Leonie hin und wieder eine Treppenstufe ächzt. Auf der Aussichtsplattform angekommen, stellt sie sich entspannt an das hohe Geländer, welches ihr bis zur Brust reicht und tut so, als stünde sie schon eine Weile hier und schaue hinaus. Frederik stellt sich neben sie. Er hat seinen Mantel ausgezogen und legt ihn über das Geländer.
    Weit weg im Mittagsdunst zeichnet sich die Skyline der Stadt ab. Während Leonie so tut, als genieße sie in aller Ruhe die Aussicht, arbeitet es in ihrem Kopf. Wie dumm von ihr, anzunehmen, Frederik würde sich mit ihr treffen wollen, um ihr Dinge zu berichten, die ihn selbst belasten! Sie hat die Situation völlig falsch eingeschätzt. Er wird alles daran setzen, dass niemand erfährt, in welcher Weise er in Denises Tod verwickelt ist. Er hat sie hierher mitgenommen, nicht, weil er in Ruhe mit ihr reden wollte, sondern um zu verhindern, dass sie heute Mittag zur Polizei geht, wie sie es ihm angekündigt hat. Was hat er mit ihr vor? Wer schon einmal so weit gegangen ist, wird auch vor der nächsten Tat nicht zurückschrecken. Sie muss die Situation hier oben so schnell wie möglich beenden. Allerdings weiß sie, dass Frederik dies nicht so einfach zulassen würde. Er ist stärker als sie. Sie sind allein. Vermutlich hat er etwas in die Apfelschorle gekippt und sein Plan ist, eine Situation herbeizuführen, in der Leonie aus der Flasche trinken wird. Zunächst muss sie so tun, als lasse sie sich auf seinen Plan ein. Ihr Vorteil ist, dass sie von der präparierten Flasche weiß. Sie wendet den Kopf. Hinter ihr befindet sich der Treppenaufgang. Allerdings ist der von einem hohen Geländer bis zur Decke des Turms eingeschlossen und nur von einer Seite zugänglich. Bis dahin sind gut vier Meter Weg zu überwinden. Es wäre ein Leichtes für Frederik, sie zu schnappen, selbst wenn sie unvermittelt losspurten würde!
    Leonie beugt sich über das Geländer und schaut hinunter zu den bunten Tischen der Gaststätte. Würde es jemand hören, wenn sie hier laut um Hilfe riefe? Eher nicht, jeder würde das als Kindergeschrei von dem Spielplatz erklären. Was hat Frederik mit ihr vor? Auch Frederik beugt sich über das Geländer und schaut hinab. Sondiert er die Lage? Sucht er eine gute Position, von der aus er Leonie über das Geländer werfen kann? Leonie mustert ihn von der Seite. Ihr Blick fällt auf den Mantel, der sich neben ihr in weiten Falten über dem Geländer ausbreitet. Eine Manteltasche ist auf ihrer Seite. Es ist leider nicht die, in der sich die präparierte Trinkflasche befindet. Das wäre die Chance gewesen, die Flaschen auszutauschen! Dennoch hat sie eine blitzschnelle Eingebung, die sie ebenso flink handeln lässt. Die ganze Zeit hat sie ihre Trinkflasche in der Hand transportiert. Es dauert nur einen winzigen Augenblick, ihren Arm zu senken und ihre Flasche in seinem Mantel verschwinden zu lassen. Auch wenn sie die Flaschen nicht austauschen konnte, so hat sie jetzt doch wenigstens eine 50:50 Chance, was immer er vorhat, wie immer er sie dazu bringen will, dieses Zeug zu trinken. Und jetzt? Sie beschließt, ihm zu zeigen, dass er es mit ihr nicht leicht haben wird. Daher sagt sie: »Was hast du wirklich vor? Willst du mich hier über die Brüstung werfen?« Er wendet den Kopf. Ein böses Grinsen
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