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Blinde Wut

Blinde Wut

Titel: Blinde Wut
Autoren: Peter Scheibler
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Blicken, und als Lutz gerade etwas sagen wollte, klingelte das Telefon. Lutz nahm den Hörer ab und meldete sich.
    »Was?!« fragte er erschrocken und hörte sich an, was man ihm zu sagen hatte. »Nein, ich komme selbst vorbei«, sagte er dann abschließend, legte den Hörer auf und sah zu Wagner hin: »Däubler ist verschwunden.«
    »Was? Seit wann?«
    »Das läßt sich nicht so genau feststellen.«
    »Wohin kann er jetzt gegangen sein?«
    »Vielleicht zu seiner geschiedenen Frau?« mutmaßte Lutz. »Kommen Sie!«
     
     
    Max und Anne Kronbeck lagen engumschlungen auf der Couch. Anne hörte nichts von dem Gewitter, das Max so sehr erregte. Sie war überwältigt von seiner Leidenschaft und bedauerte bereits, daß sie nicht schon vor Jahren zu diesem Mittel gegriffen hatte, um ihre Angst zu betäuben. Sie waren beide diese neue Situation noch nicht gewohnt und vielleicht ein bißchen unbeholfen. Jedenfalls hatten sie ihre Kleidung bisher noch nicht abgelegt. Als Max jetzt an Annes Bluse zu nesteln begann, und als Anne, die ihm in nichts nachstehen wollte, ihm den Gürtel löste und seine Hose aufknöpfen wollte, läutete es an der Wohnungstür Sturm.
    »Mach nicht auf«, bat Anne ihn, und er nickte.
    Als es aber nicht aufhören wollte zu klingeln, löste er sich von ihr, stand auf und brachte auf dem Weg zur Tür seine derangierte Kleidung halbwegs wieder in Ordnung.
    Vor der Tür stand Bernhard Däubler. Blaß und fahl und mit verschrecktem Blick wirkte er auf Kronbeck wie eine Geistererscheinung. Ein Blitz, der den Lichthof grell erleuchtete und der unmittelbar darauf folgende Donner unterstrichen diesen Eindruck.
    »Sie?« brachte Kronbeck erschrocken hervor.
    »Entschuldigen Sie, Herr Kronbeck«, sagte Däubler mit merkwürdig tonloser Stimme. »Sie hatten doch immer einen Schlüssel zu unserer Wohnung?«
    »Ja, das stimmt«, bestätigte Kronbeck.
    »Haben Sie den noch?«
    »Mal sehen.«
    Kronbeck zog sich in seine Wohnung zurück. »Wer ist es denn?« meldete sich Anne aus dem Wohnzimmer. Kronbeck schüttelte den Kopf und dachte nach. Dann nahm er den Schlüssel vom Haken, ging zur Tür zurück und reichte ihn Däubler. »Ich weiß nicht, ob das richtig ist«, sagte er ängstlich.
    »Machen Sie sich keine Sorgen«, sagte Däubler leise und fügte hinzu: »Würden Sie mir noch einen Gefallen tun?«
    »Welchen denn?«
    »Unten wartet ein Taxi. Zahlen Sie den Fahrer aus. Ich gebe Ihnen das Geld später wieder.«
    Kronbeck nickte und sah, wie Däubler zu seiner Wohnung ging, vor der Tür einen Moment zögerte, die Tür aufschloß und verschwand. Kronbeck holte sein Portemonnaie hervor und machte sich auf den Weg nach unten. Er war stinksauer und hoffte inständig, daß diese Unterbrechung nicht zerstören würde, was sich gerade so schön zwischen Anne und ihm angebahnt hatte.
    Wagner saß hinter dem Steuer des Dienstwagens und raste durch die nächtliche Stadt.
    »Scheiße«, ließ Lutz sich vom Beifahrersitz her vernehmen, »es war ein Fehler, ihn nicht bewachen zu lassen. Aber daß er abhauen würde, hätte ich nie im Leben gedacht.«
    Wagner schüttelte den Kopf. Damit wollte er Lutz nicht zustimmen, es war vielmehr eine Reaktion auf das, was er sich gerade gedacht hatte. Nämlich, daß es Blödsinn war, auf gut Glück zu Frau Däubler-Korth an den Stadtrand zu fahren. Aber Lutz hatte es so gewollt, und Wagner stellte fest, daß es einen Riesenspaß machte, alle Verkehrsvorschriften außer acht lassend, durch die Gegend sausen zu dürfen.
    Über Funk kam dann die Nachricht, daß ein Herr Kronbeck der Polizei gemeldet hatte, daß Bernhard Däubler sich in seiner Wohnung aufhielt.
    »Sofort umdrehen!« befahl Lutz, und Wagner beschloß augenblicklich, ihn beim Wort zu nehmen. Aus Rache für den Befehlston, den er so haßte.
    »Wie ging das doch gleich mit diesem Powerslide?« dachte er. »Lenkrad einschlagen, Handbremse ziehen und Gas geben, oder umgekehrt?« Egal, das war eine Entscheidung, die er in Sekundenschnelle treffen mußte. Und er traf sie. Die elegante Kehrtwendung gelang ihm nicht ganz perfekt. Der Wagen drehte sich zweimal um die eigene Achse, bevor Wagner ihn auffangen konnte und er wieder geradeaus fuhr. In die richtige Richtung, stellte Wagner zufrieden fest, und seine Zufriedenheit erstreckte sich auch auf Lutzens Reaktion: der war kreideblaß geworden und hatte sogar die sonst übliche Ermahnung vergessen.
    Däubler stand mitten im Wohnzimmer und betrachtete wie in Trance die Kreidestriche am
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