Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim
Autoren: Cliffhanger
Vom Netzwerk:
Zeit,
horchte auf das Hufgeklapper eines rassigen Vollbluts oder ob Mrs
Schnüffelnase irgendwo im Unterholz rumstöberte. Obwohl bei dem Wetter wohl
kaum einer vor die Tür gegangen wäre, wenn nicht unbedingt erforderlich. Als
ich endlich wieder am Haus war, goss es vom Himmel hoch. Ich vergewisserte
mich, dass die Luft rein war, sprang über den Zaun in den Garten und schlüpfte
ins Haus.
    »Bonsai!«
    Keine Ahnung, warum ich das sagte, aber ich tat es, rief
es geradezu, einfach um irgendwas zu rufen, laut, allein. Das Haus gehörte
jetzt mir.
    »Bonsai, du alter Mistkerl«, sagte ich und rauschte ins
Wohnzimmer, als wäre es die Ponderosa, als gehörte mir halb Texas. Denn so
fühlte es sich an. Dass mir alles zu Füßen lag, alles mir gehörte.
    Audrey saß auf dem Boden vor dem brennenden Kamin in ihrem
Morgenmantel, die Haare nass, die nackten Zehen genüsslich zur Wärme
hingestreckt, zwei kleine Gläser Whisky und ein Kessel standen vor dem Kamin, und
eine Flasche Champagner ragte aus dem Eiskübel.
    »Da bist du ja«, sagte sie. »Ich hab mich schon gefragt,
wo du abgeblieben bist.« Sie klopfte neben sich auf den Teppich. »Zieh die
nassen Sachen aus. Mach's dir bequem.«
    Ich hätte mir fast in die Hose gemacht.
     
    ***
     
    D er Bungalow, wo ich wohne, na ja,
es sind eine ganze Reihe, insgesamt dreizehn, alle an einem holprigen Steinweg
gelegen. Wir haben einen Bäcker, einen Klempner, einen Taxifahrer (meine
Wenigkeit), jemanden, der in einem Fitnesscenter drüben in Wareham arbeitet,
und am anderen Ende die Ein-Mann-Polizeiwache von Police Constable
Hühneraugenpflaster. Dazwischen wohnen Restbestände der rivalisierenden
Fischerfamilien, die Stokies und die Travers, die über den Ärmelkanal rudern
würden, nur um sich gegenseitig ertrinken zu sehen. Die Stokies wohnen nebenan,
und damals, als ich noch ein Kind war, als ich und meine gute alte Mum immer
hierherkamen, da war Kims Vater auch noch ein Kind. Kim ist ein richtig übler
Vertreter, genau wie sein Vater einer war, ein Sturkopp, aber Teil des
Dorflebens, lebt vom Hummerfang, vermietet die Ruderboote im Sommer und haut
seine Nachbarn übers Ohr, so gut er kann. Die Stokies konnten uns nie besonders
leiden, weil wir, wenn wir im Sommer kamen, einen Bungalow als Ferienhaus
hatten, der ziemlich so war wie der, in dem sie das ganze Jahr über wohnen
mussten. Heute kann ich ihren Groll verstehen, aber damals nicht. Ich war ein
mageres Kind, ein bisschen schüchtern, glaub ich, und ich hab mich drauf
gefreut, mit Mum und der Katze herzukommen, weg zu sein von zu Hause und weg
von dem Scheißkerl, der mein Vater war. Kein guter Mann. Nachdem meine liebe
Mum tot war, hab ich ihn nie wiedergesehen, nicht mal, als er selbst den Löffel
abgab. Aber angerufen hat er mich, aus dem Krankenhaus, hat gemeint, er war
ziemlich übel dran, und ich hab gesagt, ich wäre am nächsten Tag da, hab ihm
die Uhrzeit durchgegeben, wann der Zug ankommen würde, wie lange das Taxi vom
Bahnhof aus brauchen würde, obwohl ich gar nicht vorhatte zu fahren und den
Scheißkerl bloß warten lassen wollte, er sollte sich Hoffnungen machen, um
dann irgendwann zu merken, dass ich nicht kommen würde, niemals, dass er einsam
und verlassen krepieren würde. Und so ist er dann auch gestorben, und als ich
hinfuhr, um seine Sachen abzuholen, eine Armbanduhr, eine Brieftasche, seinen
Ring, da hat mir die Krankenschwester den Kram hingeknallt, als wäre ich der
rücksichtsloseste Dreckskerl von einem Sohn, den ein Vater nur haben kann, und
ich dachte, du hast ja keine Ahnung, Schwester. Und nur damit sie sich noch
besser fühlte, hab ich mir alles in die Tasche gestopft und gefragt, wo denn
das nächste Pfandhaus wäre, wo ich einen guten Preis für die Sachen bekäme und
ob es in der Nähe einen anständigen Klub gäbe, wo ein einsamer Mann Frauen
aufreißen könnte. Hab an dem Abend dann auch tatsächlich einen gefunden, trotz
ihrer tiefroten Empörung, bin geschniegelt und gebügelt da rein und hab mir
eine von ihrer Sorte aufgegabelt, eine Schwester vom selben Krankenhaus, und
bei der hab ich dann aus allen möglichen Richtungen die Temperatur genommen.
Junge, Junge, das Quecksilber stieg ganz schön hoch.
    Morgens läuft bei mir immer alles gleich ab, ich steh auf,
mache Audrey eine Tasse Kaffee, dann sause ich zur Bäckerei und hole zwei
warme Brötchen. Einfach ein Gedicht mit einem Klecks Kirschmarmelade. Audrey
isst Müsli. Na, was auch sonst? Sie isst auch einen Joghurt. In
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher