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Big Sky Country - Das weite Land (German Edition)

Big Sky Country - Das weite Land (German Edition)

Titel: Big Sky Country - Das weite Land (German Edition)
Autoren: Linda Lael Miller
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eine Sonnenbrille auf. Oder eine Baseballkappe, deren Schirm sie sich jetzt tief ins Gesicht ziehen könnte.
    Oder, noch besser, eine dieser Karnevalsmasken aus dem Billigladen – mit großer Plastiknase und Schnurrbart, beides befestigt an einer Hornbrille.
    Slade grinste. „Schau mal einer an …“, sagte er, ohne den Blick von ihr abzuwenden.
    Schau mal einer an? Was sollte das denn bedeuten?
    Joslyn zermarterte sich das Hirn. War Sheriff Barlow damals ebenfalls ein Betrugsopfer von Elliott gewesen? Das war allerdings eher unwahrscheinlich. Er war als schüchterner Sohn einer alleinerziehenden Mutter in einem Wohnwagen gegenüber von „Mulligan’s“ aufgewachsen. Bis zur Junior High School hatte er Zeitungen ausgetragen und Autos gewaschen und danach bei der Weizenernte geholfen. Er hatte ein altes Auto mit Rostflecken gefahren, dessen Auspuff mit Klebeband befestigt gewesen war.
    Das extreme Gegenteil zu ihrem schicken roten Wagen, den sie am Tag ihrer bestandenen Führerscheinprüfung bekommen hatte.
    Nein, Slade hätte nicht die finanziellen Mittel gehabt, um sich an Elliott Rossiters Luftschlössern zu beteiligen. Glück gehabt.
    „Es hat mir leidgetan, als ich erfahren habe, dass Elliott …“, begann er.
    Jetzt geht’s los, dachte Joslyn und machte sich auf das Schlimmste gefasst. „Leid?“, wiederholte sie, damit sie etwas Zeit gewann.
    „Leid, dass er gestorben ist. Was dachtest du denn?“ Slade betrachtete sie leicht amüsiert. Um seine Mundwinkel zuckte es kurz verräterisch. Insgesamt aber war sein Gesichtsausdruck ernst geblieben. Nachdenklich. So, als wäre sie der letzte Mensch, von dem er erwartet hätte, ihm hier in Parable, Montana, oder sonst irgendwo auf der Welt über den Weg zu laufen.
    „Danke, dass du nicht ‚im Gefängnis‘ hinzugefügt hast“, erwiderte Joslyn, obwohl sie nicht vorgehabt hatte, irgendetwas in dieser Art zu sagen.
    „Das muss man nicht extra betonen, schätze ich“, antwortete Slade wie nebenbei.
    Sie wusste, dass er fragen wollte, warum es sie nach Parable verschlagen hatte, und natürlich hätte sie es ihm nicht erklären können. Selbst dann nicht, falls sie es gewollt hätte. Denn sie kannte den Grund ja selbst immer noch nicht genau.
    Er nickte ihr zu und schickte sich an, weiterzugehen. „War jedenfalls schön, dich zu sehen“, verabschiedete er sich.
    „Ebenfalls“, schwindelte Joslyn.
    Sie wäre Slade lieber nicht begegnet, wenn es sich hätte vermeiden lassen. Doch sie musste zugeben – wenn auch nur vor sich selbst –, dass aus Callie Barlows kleinem Sohn ein äußerst attraktiver Cowboy geworden war.
    Nachdem er schließlich um die Ecke mit den Regalen mit den Donuts verschwunden war, versuchte Joslyn, sich wieder auf die Gewürze zu konzentrieren. Aber alles, was sie zu dem Paprikapulver und dem Hähnchengewürz in ihren Einkaufswagen legte, waren Salz und Pfeffer.
    Das eine Rad des Wägelchens quietschte und schrammte bei jeder Drehung über den Boden, während Joslyn die Fleisch- und Fischabteilung ansteuerte. Sie war überzeugt, dass alle im Laden sie mittlerweile anstarrten und sich daran erinnerten, in welcher Beziehung sie damals zu Elliott Rossiter gestanden hatte.
    Sie entschied sich für abgepackten Tilapia, ein junges Bio-Hähnchen und etwas mageres Hackfleisch. Zwischendurch probierte sie sich abzulenken, indem sie auf die schier unfassbar hohen Preise schielte. Nostalgie hin oder her – sollte sie all ihre Einkäufe bei „Mulligan’s“ erledigen, würde sie bald pleite sein.
    Das mit der Ablenkung klappte nicht besonders lange.
    Slade Barlow war nicht nur in ihren Gedanken; er schien auch ihren Körper durchdrungen zu haben. Es war, als hätte eine Art Energieaustausch zwischen ihnen stattgefunden.
    Er war größer, als sie ihn in Erinnerung hatte. Auch breitschultriger. Es war noch nicht einmal Mittag, und er hatte schon einen deutlich sichtbaren Bartschatten. Dazu kam, dass diese ruhige Selbstsicherheit, die er ausstrahlte, sie einerseits anzog und andererseits das Bedürfnis weckte, in die andere Richtung davonzulaufen.
    Was hatte denn das nun wieder zu bedeuten?
    Sie hörte, wie er ein paar freundliche Worte mit dem Mann hinter der Kasse wechselte, während er sein Wasser bezahlte. Als er den Laden verließ, bimmelte die kleine Glocke über der Tür.
    Wie erstarrt und merkwürdig aufgewühlt verharrte sie vor der Gefriertruhe mit dem Fleisch. Fast rechnete sie damit, dass der Himmel gleich einstürzen und durch das
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