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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman
Autoren: Michel Birbaek
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weil Schrott. Dank einjährigem Umbau jetzt ein Schmuckstück und der Grund, weshalb ich noch mindestens dreißig Jahre über die Ostsee schippern muss, um die Kredite abzuzahlen. Aber – ich fühle mich hier zu Hause. Unbezahlbar.
    Ich knipse die Deckenbeleuchtung an. Auf dem Küchentisch stehen die Reste einer Pastamahlzeit, die Küchenzeile quillt über von schmutzigem Geschirr. Der Beweis, dass Frauke gekocht hat. Sie braucht alle Teller und Pfannen und Töpfe, um Pasta zu machen. Die Leiter zum Dach ist zur Garderobe umfunktioniert, die Sprossen hängen voller schwerer Mäntel. Dort oben gibt es hundert Quadratmeter Dachterrasse, auf der man im Sommer unter dem Himmel schlafen kann. Die Galaecke, die ich mir damals eingerichtet habe, als ich noch dachte, es lohne sich, an meiner Bühnenpräsenz zu arbeiten, ist mit Kartons, Farbeimernund Demospruchbändern zugestellt. In der Hängematte liegen Frauenzeitschriften. Auf dem Bildschirm des Fernsehers verrät mir das Standbild eines PlayStation-Spiels, dass ich tot bin. Ich öffne meine Zimmertür und gehe direkt weiter ins Bad, um Wasser in die Wanne einzulassen. Meine Wanne. In meinem Bad. Eine Bedingung, als wir beschlossen, die Halle zu kaufen, war ein eigenes Bad. Noch mal WG? Gerne. Noch mal gemeinsames WG-Bad? Nie im Leben.
    Als ich wieder in die Halle hinauskomme, poltern die beiden Jeckinnen lachend mit leeren Händen herein. Sie haben irgendwie die Koffer draußen im Wagen vergessen. »Draußen warten ein paar kölsche Mädche auf ihren Prinzen«, lacht Tess.
    »Wenn sie weiter vor dem Hof herumlungern, knalle ich sie ab. Vor Gericht plädiere ich auf Notwehr im Namen der geistigen Gesundheitsbewegung.«
    Sie runzelt die Stirn und schaut Frauke an.
    »Wie kann man Karneval nur so hassen?«
    Frauke schaut mich an.
    »Ja, genau! Was ist eigentlich dein Problem?«
    »Stil?«
    Sie verdrehen beide die Augen. Ich öffne den Kühlschrank, hebe die Obstkiste an und ziehe die dahinterliegende Flasche Champagner hervor. Frauke runzelt die Stirn. Ich lächele sie an.
    »Wärst du so freundlich, ein paar Gläser aus dem Schrank zu holen?«
    Sie wirft mir einen Blick zu, wühlt dann im Schrank herum und findet tatsächlich drei hochstielige Gläser, die sie nicht zum Kochen verwendet hat. Ich öffne derweil die Flasche. Tess deutet auf die Gläser.
    »Wer will denn keinen?«
    »Arne trinkt ja keinen Alkohol«, sagt Frauke.
    »Ach ja«, sagt Tess verlegen und schiebt eine Locke hinter ihr Ohr.
    Ich tue, als hätte ich nichts gemerkt, und fülle die Gläser mit perlendem Champagner, dann hebe ich meines an. »Auf zu Hause.«
    Wir stoßen die Gläser aneinander und trinken. Es geht doch nichts über ein kühles Glas Champagner und ein heißes Bad nach einem langen Flug. Eine Kombination, die früher oft in müdem, aber schönem Sex mündete, ja, ja.
    Ich deute auf die Trennscheibe, hinter der das Badezimmerlicht leuchtet.
    »Ich lasse dir Wasser ein. Die Wanne müsste gleich voll sein.«
    Sie schließt die Augen ein wenig und schnurrt. Dann dankt sie Frauke fürs Abholen, wünscht ihr viel Spaß im Karneval und verschwindet in mein Zimmer. Kaum ist sie weg, schaue ich Frauke an.
    »Agentur.«
    »Die haben mehrmals angerufen, klingt wichtig. Außerdem haben sich ein paar gute alte Freunde von dir angemeldet, die gerade zufällig in Köln sind und dich sehr gerne besuchen würden.«
    Sie zählt ein paar Namen auf von Leuten, mit denen mich nur eines verbindet: Sie lieben den Karneval, und ich wohne in Köln. Früher habe ich die Halle für zugereiste Karnevalsfans zur Verfügung gestellt. Ein Fehler, den ich nicht wiederhole.
    »Dann hat noch Schwester Zehnmalklug mehrmals angerufen und...«
    »Nenn sie nicht so.«
    »Verklag mich doch ... und dann noch die Bank. Es klang wichtig. Und, wie war der Urlaub? Habt ihr endlich ...« Sie macht eine leiernde Handbewegung, als müsste sie einen Ford T ankurbeln. Ich schaue sie an. Wieso erzähltman seinen Freunden eigentlich alles? Um verletzlicher zu werden?
    »Also nicht«, kichert sie. »Himmel, da kriegt Ruhe im Glied eine ganz neue Bedeutung, was?«
    »Musst du dich nicht noch irgendwo mit irgendwas anstecken?«
    »Bin schon weg«, grinst sie und stellt ihr leeres Glas ab. »Ich bleibe die ganze Nacht weg, also könnt ihr euch ungestört austoben, also, falls ihr jemals wieder ...«
    Sie wiederholt die leiernde Handbewegung.
    »Tschüss.«
    »Ich geh ja schon«, lacht sie. »Vergiss das Gepäck nicht.« Sie schnappt sich den
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