Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bettler 03 - Bettlers Ritt

Titel: Bettler 03 - Bettlers Ritt
Autoren: Nancy Kress
Vom Netzwerk:
Unfall und der Umstellung eines Neugeborenen alle zwei Wochen?«
    »Hör auf zu sticheln, Cazie«, sagte er beherrscht.
    »Ach, Jackson, Liebling, warum warst du nie so streng, als wir noch verheiratet waren? Obwohl ich wirklich der Meinung bin, als Freunde sind wir beide besser dran. Aber, Tess, Kleines…« – urplötzlich wieder freundlich, wandte sie sich an seine Schwester, während Jackson mit seinem heftigen Bedürfnis, sie zu schlagen, zu überzeugen oder zu vergewaltigen, alleingelassen wurde – »… da hast du nicht unrecht. Seit der Umstellung gehen wir Macher irgendwie aus dem Leim. Entweder treten wir Nutzersekten bei oder wir nageln uns das Hirn mit Neuropharms zu oder wir heiraten ein Computerprogramm… Hast du auch davon gehört? Wegen der Verläßlichkeit! ›Dein Partner, die künstliche Intelligenz, wird dich nie verlassen!‹« Sie warf den Kopf zurück und lachte auf. Ihre dunklen Locken tanzten, und die Mandelaugen wurden zu Schlitzen.
    »Ja, aber… wir müssen doch nicht so sein«, warf Theresa ein.
    »O doch«, sagte Cazie. »Wir sind dazu gezüchtet, in erster Linie uns selbst zu dienen. Auch die Besten unter uns. Jackson, hast du heute gewählt?«
    Hatte er nicht. Er bemühte sich, herablassend dreinzusehen.
    »Und du, Tess? Schon gut, ich wußte es ohnehin. Aber das ganze politische System ist ja so und so tot, weil jeder weiß, daß dort nicht mehr die Macht sitzt. Die Umstellung hat das bewirkt. Die Nutzer brauchen uns nicht mehr, die kommen ganz gut zurecht in ihren eigenen kleinen gesetzlosen Pseudoenklaven mit der nahrhaften Erde. Zumindest denken sie das. Was, nebenbei gesagt, der Grund für mein Kommen ist. Wir haben eine Krise.«
    Cazies Augen strahlten; sie liebte Krisen. Theresa sah verängstigt drein, und Jackson sagte: »Theresa, hat Cazie schon dein neues Vögelchen gesehen?«
    »Nein, ich hole es!« hauchte Theresa und lief davon.
    »Wer hat eine Krise?« fragte Jackson.
    »Wir. TenTech. Wir haben einen Einbruch in der Fabrik.«
    »Unmöglich«, sagte Jackson. Und dann, weil Cazie für gewöhnlich ihre Behauptungen auf das Fundament harter Fakten stellte: »In welcher Fabrik?«
    »Das Werk in Willoughby, Pennsylvania. Also, es hat noch kein effektiver Einbruch stattgefunden, aber irgend jemand mit bioelektrischen und Kristallgeräten war heute nachmittag direkt am Y-Schild. Die Sensoren haben es gemeldet. Und wenn du das Firmennetz regelmäßig verfolgen würdest, Jack, wüßtest du es. Oh, aber wie konnte ich das vergessen – du warst ja damit beschäftigt, einen Mord aufzuklären!«
    Jackson hielt sich zurück. Bei der Scheidungsvereinbarung hatte Cazie ein Drittel von TenTech erhalten, weil ihr Geld das Unternehmen während jenes katastrophalen Jahres, in dem die allgegenwärtige Legierung Duragem einem Nanospalter zum Opfer fiel und Firmen so zahlreich starben wie Nutzer, über Wasser gehalten hatte. »Aber niemand ist hineingekommen, nicht wahr?« sagte er gleichmütig. »Niemand kann die Sicherheitsbarrieren an einem Y-Schild durchbrechen. Jedenfalls kein…«
    »Kein Nutzer, willst du sagen, und wer sonst sollte sich in der Wildnis Pennsylvanias aufhalten? Ich denke, du hast wahrscheinlich recht. Aber gerade deswegen sollten wir Nachschau halten. Wenn es keine Nutzer sind, wer ist es dann? Junge Leute von Carnegie-Mellon, die ihre Hackerqualitäten ausprobieren? Industriespione von CanCo? SuperSchlaflose wie Miranda Sharifi, die sich heimlich für unser kleines Familienunternehmen interessieren? Was denkst du, Jack? Wer macht sich an unserer Fabrik zu schaffen?«
    »Vielleicht sind die Biosensoren defekt. Eine Schwachstelle, wie damals das Duragem.«
    »Vielleicht. Aber ich habe mich umgehört. Niemand sonst hat Sensorausfälle. Nur wir. Also finde ich, wir sollten mal nachsehen. Okay, Jackson? Morgen früh?«
    »Ich habe viel zu tun.«
    »Und was? Du hast nichts zu tun, das ist ja das Problem, keiner von uns hat genug zu tun. Und hier haben wir etwas – etwas, das Auswirkungen auf unsere Finanzen haben könnte, etwas wirklich Wesentliches! Komm mit!«
    Sie bedachte ihn mit einer geballten Ladung ihres Lächelns, und das lange Oval ihrer Augen lieferte ihm die inständige Bitte, die ihre geradlinigen, schroffen Worte vermissen ließen. Jackson wußte, daß er später, wenn er im Bett liegen und immer wieder dieses Gespräch vor seinem geistigen Auge ablaufen lassen würde, nicht fähig sein würde, die Unwiderstehlichkeit heraufzubeschwören, die jetzt von ihr
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher