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BETA (German Edition)

BETA (German Edition)

Titel: BETA (German Edition)
Autoren: Rachel Cohn
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Familie, die auf der luxuriösesten Insel der Erde wohnt.
    Als meine Arme sich durch das Wasser bewegen, gegen den Widerstand arbeiten, spüre ich, dass ich eine geübte, kraftvolle Schwimmerin bin. Unter Wasser, im Pool, habe ich plötzlich einen Moment des Wiedererkennens. Das Wasser ist mein Element, weil ich mich dort immer schon gern aufgehalten habe.
    Als ich auftauche, um Luft zu holen, starren Ivan und Liesel mich mit verblüfften Gesichtern an.
    »Glaubst du, dass deine First eine Wasserspringerin war?«, fragt mich Liesel.
    »Keine Ahnung«, stottere ich.
    »Das war ein olympiareifer Kopfsprung«, sagt Ivan. »Unsere neue Schwester, der Beta-Klon, ist echt für eine Überraschung gut!« Liesel und er klatschen sich gegenseitig ab.
    »Was kannst du denn noch alles?«, fragt Liesel.
    Ich tauche wieder ins Wasser ein und mache auf dem Boden des Pools einen Handstand, doch dann spüre ich dort unter Wasser auf einmal etwas anderes. Ich höre eine Stimme rufen: Z! Komm hierher! Z! Die Stimme, die mich ruft, zerreißt mir das Herz und wirft mich wortwörtlich um. Ich verliere das Gleichgewicht, kippe nach hinten und tauche hastig wieder auf.
    Ich bin verwirrt. Zuerst kann ich nichts sehen, wahrscheinlich weil mich die Sonne blendet, die ich jetzt warm auf meiner nackten Haut spüre. »Was ist los?«, frage ich meine neuen Geschwister. Ich schüttle den Kopf nach rechts und links. Habe ich vielleicht Wasser in den Ohren?
    Meine neuen Geschwister wirken ebenfalls verwirrt. »Nichts«, antworten sie beide gleichzeitig.
    Vielleicht habe ich mir diesen Ruf unter Wasser nur eingebildet.
    »Einen Unterwasserhandstand kann doch jeder«, ruft Ivan, der auf mich zuschwimmt. »Wie steht’s bei dir mit Wasserwrestling?«
    Er wirft sich mit einem Satz auf mich und umschlingt von hinten meine Arme. Ich gehe in die Knie und schleudere ihn über meinen Rücken. Wieder habe ich das Gefühl, so etwas schon erlebt zu heben; ich spüre es, ich weiß es irgendwie. Diese Bewegung habe ich früher schon gemacht. Ich weiß genau, wie ich mich beim Wasserwrestling gegen einen starken Mann wehren muss.
    Ivan klatscht mit dem Rücken aufs Wasser und Liesel lacht entzückt auf.
    Ich bemerke, wie Mutter uns durch die Tür der Veranda zusieht. Sie lächelt. Ich erfülle die Erwartung, die sie in mich gesetzt hat; sie hat sich in mir nicht getäuscht.
    Ivan kommt wieder an die Oberfläche.
    »Sie hat’s dir gezeigt!«, jubelt Liesel.
    »Gute Reaktion, Elysia«, sagt Ivan. »Mit Astrid war es total langweilig. Sie hockte immer nur am Beckenrand und hat kommunistische Manifeste aus irgendwelchen uralten Zeiten gelesen. Mit dir kann man viel mehr Spaß haben.«
    Liesel springt auf meinen Rücken, damit ich sie Huckepack trage. Sie spritzt Ivan voller Wasser. »Fang uns doch! Fang uns doch!«, kreischt sie.
    Sie klammert sich an mich, bis Ivan uns schließlich fängt und sie wegstößt, damit er allein mit mir kämpfen kann; hart, aber fair. Er ist stärker als ich, aber ich bin beweglicher. Er packt mich im Klammergriff, aber ich lege meine Wade um sein Knie, um mich zu befreien. Der Widerstand, den er leistet, hat genau das richtige Maß – wir sind in diesem Wettkampf gleichwertige Partner. Ich tauche unter und schwimme einmal der Länge nach durch den Pool. Als ich auftauche, um Luft zu holen, ist er mir zur Hälfte hinterher. Er versucht, mich zu fangen. Ich tauche wieder unter, schwimme um seine Beine herum, ärgere ihn und bin weg, bevor er mich zu packen bekommt.
    Unter Wasser spüre ich wieder, dass ich das bereits getan habe, da bin ich mir ganz sicher. Ich bin schon einmal um einen Jungen herumgeschwommen, um ihn zu ärgern. Und jetzt sehe ich auch die langen Beine des Mannes vor mir. Sie sind muskulös und kräftig, und ich begreife, dass es sich dabei um die Beine eines durchtrainierten Sportlers handelt – eines Wettkampfschwimmers.
    Da stimmt etwas nicht.
    Ich schwimme hastig von Ivans Beinen fort, um dieses falsche Bild von mir abschütteln zu können. Mit kräftigen Zügen steuere ich auf den Unterwassertunnel zu, der zu der Grotte führt. Nur um unter der Wasseroberfläche schon wieder eine Erscheinung zu sehen: das Gesicht eines jungen Mannes, es scheint zu den Wettkampfschwimmerbeinen zu gehören. Ich sehe ihn vor mir, sonnengebräunt, er sieht aus wie ein kalifornischer Surfergott aus früheren Zeiten – goldene Haut, blonde Haare, türkisblaue Augen. Dazu ein Oberkörper, der dem menschlichen Idealbild von Vollkommenheit
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