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Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Titel: Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)
Autoren: Thomas Schuler
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für gesellschaftlichen Fortschritt sind.‹ Heißt das, die Verlierer des Wettbewerbs müssen darauf hoffen, dass eine Bürgerinitiative sich für sie interessiert?«
    Den meisten Platz in dem Fragenkatalog nehmen 13 Punkte zur Kritik von außen ein. Die verunsicherten Mitarbeiter schreiben:
     
     
»Die Bertelsmann-Kritiker haben inzwischen einen neuen Kurs eingeschlagen, in dem sie die Politik adressieren, die Arbeit der Stiftung zu erschweren, da sie mit gemeinnützigen Grundsätzen nicht zu vereinbaren sei. Wie wird sich die Stiftung dazu verhalten? Der stetige Verweis auf gesetzeskonformes Verhalten greift den Vorwurf nicht auf. Wie will die Stiftung der Gefahr entgegenwirken, dass Projektpartner, die für eine wirkungsvolle Stiftungsarbeit unerlässlich sind, nicht weiter mit uns zusammenarbeiten? Gerade Politiker haben (in Wahlen) einen Ruf zu verlieren, und es tut der eigenen Kandidatur nicht gut, sich mit Institutionen in Verbindung bringen zu lassen, die keinen durch und durch positiven Ruf besitzen.«
»Wie sollen Stiftungsmitarbeiter damit umgehen, wenn sie im privaten Kreis auf die angeblichen Machenschaften der Stiftung und die Verflechtung mit Konzerninteressen angesprochen werden, wenn wiederum vielen von uns nicht klar ist, für was die Stiftung nun wirklich eintritt?«
»Warum führt die Stiftung keine substanziellere Diskussion mit den Bertelsmann-Kritikern? Gebetsmühlenartige Wiederholungen gleicher Argumente unterhöhlen in der Öffentlichkeit eher die Glaubwürdigkeit, als dass sie sie stützen. Das macht auch die Mitarbeiter/innen argumentationsunfähiger!«
»Bitte um eine juristisch und argumentativ differenzierte (!) Auseinandersetzung mit dem neuen Rechtsgutachten zur Gemeinnützigkeit der Stiftung. Da manches auch Auslegungsfragen sind, bitte dabei auch bedenken, dass sich evtl. diese Rechtsauffassung durchsetzen könnte. Was hieße das im schwierigsten Fall?«
»2008 hat der Vorstand bei einer Betriebsversammlung angekündigt, es werde eine Vorlage geben, die uns Stiftungsmitarbeiter im Gespräch mit Externen dabei unterstützt, Vorwürfe zu entkräften. Wann wird es diese schriftlichen Argumentationsleitlinien geben?«
»Ich verstehe nicht, weshalb man in den Medien oder auch intern bisher noch keine Stellungnahme der direkt/indirekt (mit)kritisierten Institutionen/Behörden lesen/hören konnte, z. B. von der für uns zuständigen Stiftungsaufsichtsbehörde in Detmold oder von der Finanzverwaltung oder vom Bundesverband Deutscher Stiftungen, bei dem wir als gut zahlendes Mitglied als gemeinnützige Stiftung gelistet sind. Bemüht sich der Vorstand oder unsere Kommunikationsabteilung nicht um eine Klärung mit den entsprechenden Behörden etc.?«
     
    Zwei Jahre zuvor hatte der Vorstand der Stiftung die PR-Abteilung mit der PR-Chefin Karin Schlautmann neu besetzt. Sie inszeniert Liz Mohn und ihre Stiftung in einem neuen Magazin namens Change . Ausreichende Antworten auf die Fragen der Kritiker findet sie aber nicht. Die Devise heißt: einigeln, offenbar auch gegenüber den eigenen Mitarbeitern. Jetzt fragen Mitarbeiter: »Warum legt die Führungsebene des Bereichs Kommunikation anscheinend so wenig Wert auf interne Kommunikation? Die Bertelsmann Stiftung hat nicht nur ein Kommunikationsproblem nach außen (in Bezug auf die Kritik an ihrer Gemeinnützigkeit), sondern auch nach innen.«
    Zwei Kommentare, die die sechsseitige Frageliste der 320 Mitarbeiter abschließen, offenbaren das Dilemma, in dem sich die Stiftung befindet:
     
     
»Ich würde mir wünschen, dass in der Bertelsmann Stiftung eine Kultur einzöge, die eine offene Auseinandersetzung über problematische Gegebenheiten zuließe. Hier verhält es sich aber so, dass nicht versucht wird, ein Problem zu lösen, sondern einen Schuldigen zu identifizieren, der dann ignoriert oder aus dem Umkreis entfernt wird. Der angesprochene Missstand bleibt in dem Prozess vollkommen unberührt.«
»Früher wurde in der Stiftung auf Versammlungen relativ offen diskutiert und es wurden offen auch kritische Fragen gestellt – die auch zufriedenstellend beantwortet wurden. Heute stellt man Fragen weitgehend nur noch anonym über den Betriebsrat; und wenn nach Verlesung aller Vorträge des Vorstandes gefragt wird, ob es noch Fragen gibt, stehen alle schweigend auf und verlassen den Raum – das ist eine bedenkliche Entwicklung, finden Sie nicht? Wo ist die offene Streit- und Diskussionskultur geblieben, die dieses Haus früher mal ausgezeichnet
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