Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Berlin Wolfsburg (German Edition)

Berlin Wolfsburg (German Edition)

Titel: Berlin Wolfsburg (German Edition)
Autoren: Manuela Kuck
Vom Netzwerk:
er sich die Schnittwunden
selbst zugefügt hat – Ansatzwinkel, Schnittführung und –«
    »Ich weiß, worauf Sie hinauswollen«, unterbrach Johanna die
anschauliche Beschreibung. »Er hat sich selbst verstümmelt und getötet.«
    »So ist es.«
    »Danke für Ihre Hinweise.« Johanna begnügte sich mit einem kurzen
Abschiedsgruß und legte auf.
    Dr. Mohl, mit dem sie nicht zum ersten Mal zu tun hatte, war
kein Freund von Gedankenspielen, sondern ein kühler, sachlicher und gradliniger
Analytiker mit bemerkenswerten Kompetenzen und einem breitgefächerten Wissen,
das er ihrer Einschätzung nach manchmal etwas zu ausschweifend und gern von
oben herab präsentierte. Sie machte sich eine Notiz, als das Telefon klingelte.
    »Robert Scheidner«, erklang eine dunkle, angenehme Stimme, kaum dass
sie sich gemeldet hatte. »Sie haben versucht, mich zu erreichen, Kommissarin
Krass.«
    »Danke für den Rückruf.« Johanna war bass erstaunt. Sie erlebte es
nicht allzu häufig, dass Staatsanwälte, noch dazu zeitnah, selbst zum Hörer
griffen und ihre Telefonliste abarbeiteten – es sei denn, es war etwas
schiefgegangen und sie suchten einen Schuldigen.
    »Keine Ursache. Wir hatten bislang noch nicht das Vergnügen einer
Zusammenarbeit, wenn ich mich nicht irre?«
    Meine Güte, der Mann war ja richtig charmant! Johanna räusperte
sich. »Nein, Staatsanwalt Scheidner, das hatten wir nicht – ich arbeite als
Sonderermittlerin beim BKA und bin häufig
außerhalb von Berlin tätig.«
    »Ich verstehe. Meine Sekretärin sagte mir, dass Sie einige Fragen zu
einem zurückliegenden Fall haben.«
    »Richtig.« Johanna erläuterte ihren Auftrag mit knappen Worten, die
der Staatsanwalt unkommentiert zur Kenntnis nahm. »So beschäftige ich mich
gerade unter anderem mit dem Suizid von Jörg Rauth. Er war ein Freund von
Ihnen, wenn ich richtig informiert bin«, rundete sie ihre Einleitung ab.
    »Sind Sie. Wir kannten uns einige Jahre.«
    »Sie waren am Tatort, bevor die Polizei eintraf.«
    »Auch das ist korrekt. Maria, seine Frau, rief mich an, und ich war
ganz in der Nähe, sodass ich schneller als die Kollegen bei ihr eintraf«,
erwiderte Scheidner.
    »Ich spare mir die Fragen, ob Sie irgendwas angefasst oder verändert
haben«, fuhr Johanna nach kurzem Überlegen fort. »Nur so viel: Sind Sie
felsenfest davon überzeugt, dass Rauth Suizid begangen hat?«
    »Ja«, erwiderte Scheidner, ohne zu zögern. »Absolut. Ich hätte ihn
zwar vorher auf eine entsprechende Frage nicht als gefährdet bezeichnet, aber
unter Berücksichtigung der bekannt gewordenen Umstände ist sein Verhalten
nachvollziehbar. Jörg hatte eine Menge Schulden – wie viel habe ich erst später
von Maria erfahren –, und sie wollte ihn verlassen. Das hat er nicht
verkraftet.«
    »Wussten Sie, dass Rauth häufig gewettet hat und dadurch in
finanzielle Bedrängnis geriet?«
    »Ich hab’s geahnt, aber wenn wir uns sahen – in den letzten Jahren
in der Regel einmal im Monat oder auch alle zwei Monate beim Stammtisch –, war
das nie ein Thema. Ich möchte hinzufügen, dass wir auch nicht so eng befreundet
waren, dass ich ein Insistieren für angemessen gehalten hätte. Im Nachhinein
bereue ich das natürlich, aber hinterher ist man immer schlauer.«
    »Eine Freundschaft zwischen Polizist und Staatsanwalt ist nicht an
der Tagesordnung«, stellte Johanna zögernd fest. Ihr war bewusst, dass eine
derart persönliche Anmerkung nicht unbedingt angemessen war, aber manchmal kam
man nur mit Indiskretion weiter, und sie war gespannt, wie Scheidner, der
bisher bemerkenswert sachlich Rede und Antwort gestanden hatte, reagieren
würde.
    »Mag sein. Wir haben uns über unsere Ehefrauen näher kennengelernt
und den Kontakt dann vertieft«, entgegnete er gleichbleibend freundlich.
    »Ich verstehe. Hat Ihre Frau vielleicht mal eine Andeutung gemacht,
dass es noch andere Probleme in Rauths Familie gab?«
    Der Staatsanwalt räusperte sich. »Mein Frau lebt nicht mehr,
Kommissarin Krass.«
    Johanna schloss kurz die Augen. »Tut mir … Herr Scheidner, das
wusste ich nicht …«
    »Schon gut, Kommissarin Krass. Ich habe noch einige andere
Telefonate zu erledigen. Wenn Sie keine Fragen mehr haben, würde ich jetzt –«
    »Eine einzige noch – kennen Sie Kommissar Bernd Lange vom KDD ?«
    »Auf Anhieb sagt mir der Name nichts … nein.«
    »Gut. Danke erst mal für Ihre Geduld, Herr Staatsanwalt.«
    »Gerne.«
    Johanna legte auf. Wenn ihr Gefühl sie nicht trog, lag der Tod
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher