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Bekentnisse eines möblierten Herren

Bekentnisse eines möblierten Herren

Titel: Bekentnisse eines möblierten Herren
Autoren: Oliver Hassencamp
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ihr eine Umgebung zu schaffen, in der sie nicht so werden kann, wie es sich jetzt abzeichnet.«
    »Ich gebe mir die größte Mühe. Aber wenn ihr etwas nicht paßt, heult sie, läuft zu ihrem Vater, und er kauft ihr dann, was sie will.« Sie wendete den Kopf. »Glaub mir, es ist nicht immer leicht.«
    Zwei schwere Schenkel in roten Netzstrümpfen tauchten in ihren Problemkreis.
    »Ihr seht auch nicht aus, als ob ihr euch hier erst gefunden hättet! Richtig ernst und heilig«, girrte Frau Präsident Henrici mit sprungbereitem Busen, einen schmalen Scheich hinter sich herziehend. Viertes Semester. »Dafür tust du es um so mehr, Eie!« antwortete Lilly mit jenem Unterton, der Männern immer unverständlich bleiben wird.
    »Das walte Gott!« lachte Ele, daß die schweren Schenkel erzitterten. »Komm, Uwe!«
    Und sie verschleppte den Mündigen.
    Der Familienvater küßte das blutjunge Mädchen auf den Hals. Lukas legte den Arm um Lilly.
    »Ich werde mit ihm sprechen«, sagte er väterlich.
    »Mit Alfredo? Unmöglich! Wenn, dann muß ich mit ihm reden. Aber was soll ich ihm sagen?«
    »Die Wahrheit!«
    »Das sagst du so einfach. Alfredo ist gut zu mir, er...«
    »Sag doch nicht immer Alfredo!« unterbrach Lukas, »der Mann heißt Alfred.«
    Tief sog sie die laute Luft ein.
    »Ich merke das schon gar nicht mehr. Er will es so. So ist unsere Ehe, so ist das Haus, so ist alles.«
    »Und was ist der Preis dafür?«
    Sie stützte ihr Gesicht in die Hände und starrte vor sich hin. Drüben, auf dem Geländer sitzend, von allen Seiten sichtbar, wurde Frauke geküßt.
    Das Bett der Society auf der Drehscheibe im Schaufenster! dachte Lukas. Und morgen wird sie in ihrem Wagen an dem Gelegenheitsdomino vorbeiflitzen, wenn er gerade in die Straßenbahn steigt.
    Lilly richtete sich auf. Eine Luftschlange senkte sich zwischen sie. Stimmung!
    »Du hast recht, Lukas, ich müßte mit ihm reden, ich kann so nicht weitermachen. Lach mich jetzt bitte nicht aus, aber das bißchen Arbeit mit dir hat mir so viel Selbstbestätigung gegeben... Ich kann einfach nicht mehr ohne das.« Sie hob die Hände. »Er muß es doch verstehen!«

    Frisch gebadet setzten sie zu Hause das Gespräch fort. »Alfredo — entschuldige, Alfred liebt mich auf seine Art. Er verwöhnt mich... er merkt gar nicht, daß mir etwas fehlen könnte.«
    »Dann nimmst du ihm doch auch nichts. Wir werden befreundet bleiben, schon wegen Andrea. Das müßte doch zu machen sein unter erwachsenen Menschen.«
    Lilly schüttelte den Kopf.
    »Daran wird es scheitern. Er wird sie mir nicht geben.«
    »Was gibt er ihr denn so?« begehrte Lukas auf. »Eine teure Verziehung, während er ständig auf Reisen ist! Mach dich doch von der Angst frei. Ein Kind gehört zur Mutter!«
    Sie zog die Knie hoch.

    »Er müßte es eigentlich verstehen.«
    Jetzt hatte Lukas die Tragweite seines Entschlusses endgültig erkannt; er antwortete nicht. Sie sah ihn an, streckte den Arm aus und begann seinen Kopf zu streicheln.
    »Ach, Lukas! Was täte ich, wenn wir uns nicht gefunden hätten und was tue ich, da wir es haben?«
    »Wir mußten uns nicht finden, Lilly, wir mußten uns nur begegnen. Wir gehören völlig anstrengungslos zusammen. Mehr gibt es doch nicht!«
    »Ich hätte ihn nicht heiraten dürfen. Es ist meine Schuld. Aber ich war Jung, ich... Ich habe ihn nicht aus Liebe geheiratet, ich habe es ihm gesagt, aber... er meinte, es würde schon gut werden.«
    »Mit der Einsicht allein ist es nicht getan, du...«
    Und noch ehe er seinen Satz vollenden konnte, sprach sie das erlösende Wort.
    »Ich werde mit ihm reden! Er muß es verstehen!« Lukas lehnte sich zurück und blinzelte sie an.
    »Jetzt darfst du Lukaso zu mir sagen!«
    Sie gab ihm einen Klaps. Er rollte sich zusammen.
    »Ich hin auch bei keiner Wirtschaftsdelegation, sondern jede Nacht da und schnarche und lebe überhaupt sehr laut.«
    »Und hast die schönsten Füße auf der Welt.«
    »Bei mir gibt es auch keinen Nerz.«
    Sie krallte die Hände in sein Haar.
    »Welche Frau, die wirklich geliebt wird, hat schon einen? Und welche will einen, wenn sie geliebt wird?« Sie zog seinen Kopf zu sich und flüsterte ihm ins Ohr: »Außerdem habe ich schon drei.«
    Lukas faßte sie bei den Handgelenken und plusterte sich auf.
    »Das ist allerdings ein harter Schlag für meinen Mannesstolz. Wenn auch ein sehr repräsentativer...«
    Lukas genoß das Leben an der Front der gemeinsamen Zukunft, den Kampf ohne Helm, ohne Nachschub, nur auf sich selbst
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