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Beiss nicht in die Sonne

Beiss nicht in die Sonne

Titel: Beiss nicht in die Sonne
Autoren: Tanith Lee
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ent­pupp­ten. Aber es war nur der Don­ner. Schon bald zuck­ten auch die ers­ten hell­grü­nen Blit­ze.
    „Der Re­gen“, sag­te ich zu dem Tier­chen, wäh­rend mein schon ge­sun­ke­nes Herz mir nun ganz auf die Fü­ße fiel, und das Tier­chen war ver­ängs­tigt und wand sich, bis ich es schließ­lich losließ. Es saus­te da­von und roll­te sich im Sand.
    „Ich freue mich, daß es dir Spaß macht“, sag­te ich.
    Ich stell­te mir vor, daß in sei­nen gu­ten al­ten Wüs­ten­ta­gen der Re­gen ein großes Er­eig­nis ge­we­sen sein muß­te, und ob­wohl ich nichts da­von ver­stand, hat­te ich her­aus­ge­fun­den, daß es nur al­le drei Vreks ein­mal vor­ge­kom­men war, wie As­su­le er­zählt hat­te.
    Und dann kam die­ses Ge­räusch. Ei­ne Art ganz, ganz lei­ses Tip­tap, als ob win­zi­ge Pfo­ten klatsch­ten. Ich dach­te ge­ra­de, wie hübsch es sich an­hör­te, ver­rückt und des­ori­en­tiert wie ich war, als die himm­li­schen Schleu­sen sich öff­ne­ten und die Wüs­te un­ter Was­ser setz­ten. Der Re­gen rausch­te und don­ner­te auf die Er­de, aber dar­über hin­aus konn­te ich einen Chor aus­ma­chen, der zwit­scher­te, quiek­te und japs­te, aus Mil­lio­nen klei­ner, pel­zi­ger Keh­len, die in Sand­höh­len und Fels­lö­chern hock­ten und das Re­gen­fest fei­er­ten. Man konn­te durch die Flu­ten zwar kei­ne Au­gen leuch­ten se­hen, aber ich wuß­te, daß sie da wa­ren. Das Tier­chen pack­te ei­ne mei­ner Knö­chel­ket­ten mit sei­nen Zäh­nen und zerr­te mich sanft, aber be­stimmt zu ei­ner Art Schutz­dach zwi­schen den Fel­sen. Al­ler­dings et­was zu spät. Ich war be­reits bis auf die Haut durch­näßt. Ich bin si­cher, daß Vier BEE was­ser­ab­wei­sen­de Stof­fe pro­du­zie­ren könn­te, aber wer kann so et­was in Vier BEE schon ge­brau­chen. Der ein­zi­ge Re­gen dort be­steht aus ein paar ver­ein­zel­ten Trop­fen nach ei­ner klei­ne­ren JangS­a­bo­ta­ge.
    Das Tier­chen krächz­te und krächz­te.
    „Du hast ja recht“, pflich­te­te ich ihm bei und ver­such­te, mein nas­ses Ge­sicht mit mei­nen nas­sen Hän­den zu trock­nen, „es ist schön.“
    Und das war es wirk­lich: schwe­re sil­ber­ne Näs­se, der Klang der Wüs­te, die um mich her­um trank und trank. Und aus den Lö­chern und Höh­len er­klang das Lied des Le­bens.
    Ich hät­te nie ge­dacht, daß ich in dem Lärm und so un­be­quem schla­fen konn­te, aber ich konn­te. Ich träum­te, daß ich ei­ne Wüs­ten­frau mit ei­nem Kind war und daß wir schließ­lich ei­ne Was­ser­stel­le ge­fun­den hat­ten.
    Die Däm­me­rung weck­te mich wie ein blaß­grü­nes Lied über den Ber­gen, ich rich­te­te mich auf, naß, kalt und al­lein.
    Jetzt st­er­be ich, dach­te ich, ganz al­lein hier drau­ßen, oh­ne net­te Ro­bo­ter, die mich nach Lim­bo brin­gen kön­nen. Ich wer­de vor Käl­te und Hun­ger ster­ben, an Sau­er­stoff­man­gel und Ein­sam­keit. Das Tier­chen war fort. „Je­den­falls hat der Re­gen auf­ge­hört“, gra­tu­lier­te ich mir, als ich aus dem Fel­sen krab­bel­te und mich um­schau­te.
    Und dann wä­re ich fast ge­stor­ben, aber nicht aus den oben ge­nann­ten Grün­den, son­dern we­gen der Din­ge hier drau­ßen.
    Ich hat­te noch nie ei­ne so un­er­war­te­te na­tür­li­che Schön­heit ge­se­hen. Daß die Dü­nen, die so lan­ge Zeit ih­res Le­bens nach Was­ser ge­dürs­tet hat­ten, ei­ne sol­che Dank­bar­keit zei­gen konn­ten für et­was, das für sie kaum ein Be­cher voll ge­we­sen sein konn­te, ging über mei­nen Ver­stand. Ich knie­te im Geis­te vor die­sem Wun­der nie­der.
    Die Wüs­te blüh­te.
    Ich glaub­te, die Fel­sen wür­den wie­der bren­nen, aber es war das Leuch­ten plötz­lich er­blüh­ter Blu­men, das Fun­keln auf­ge­schos­se­nen Gins­ters. Kak­teen wa­ren über Nacht hoch­ge­wach­sen und zer­bars­ten in ei­nem Re­gen grü­ner Or­chi­de­en. Pfüt­zen la­gen zwi­schen den Fels­plat­ten und trock­ne­ten viel­leicht jetzt schon aus, wa­ren je­doch über­wu­chert von schnell­wach­sen­dem Farn, ge­schmückt von Blu­men, die in­ner­halb von Se­kun­den im Re­gen wuch­sen, in zehn Splits vom Re­gen frei­ge­setzt. Und im Sand wog­te das Gras. Ich schau­te mich um, und in al­len Rich­tun­gen, so weit
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