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Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)

Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)

Titel: Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)
Autoren: Jill Mansell
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Johnny LaVenture.
    Er sah besser als üblich aus, trug einen dunklen Anzug, und sein normalerweise widerspenstiges, schwarzes Haar war aus dem Gesicht gekämmt. Für den Bruchteil einer Sekunde sah er nach links, und ihre Blicke trafen sich. Prompt lief ein pawlowscher Ruck durch ihre Brust. Sie konnte nicht anders, alte Gewohnheiten ließen sich nur schwer überwinden. Dann wandte Johnny den Blick ab, schritt an ihr vorbei und führte seine uralten Tanten zur vordersten Bank.
    Cleo senkte den Kopf. Jetzt nur nicht an ihn denken. Konzentriere dich einfach auf den Trauergottesdienst. Lawrence mochte ein unkonventioneller Mensch gewesen sein, der gern trank und, nun ja, auch anderen lustvollen Zerstreuungen frönte, aber in seiner Gesellschaft war es immer unterhaltsam gewesen. Und jetzt waren sie hier, um ein in Fülle gelebtes Leben zu feiern.
    Nach der Beerdigung eilten sie im eisigen Wind quer über die Dorfwiese zum Hollybush Inn, wo Essen und Getränke bereitstanden, wie es das Testament von Lawrence vorsah. Er war viele Jahre lang Stammgast im Pub gewesen und wusste, wie man die Bude voll bekam.
    Ash holte Cleo und Will ein. Er rieb sich die Hände und meinte fröhlich: »Lief doch alles ziemlich gut. Mir hat es gefallen, euch auch?«
    Noch immer brachte er es fertig, das Ganze wie ein Elton-John-Konzert klingen zu lassen. »Man darf sich auf Beerdigungen nicht amüsieren«, erwiderte Cleo. »Nächstes Mal gibst du vermutlich noch eine »Gefällt mir«-Bewertung bei Facebook ab.«
    »Das ist eigentlich gar keine so schlechte Idee. Wir könnten es in der Sendung bringen und unsere Hörer dürfen mit den Rezensionen ihrer Lieblingsbeerdigungen …«
    »Nein, das könnten wir nicht. Das ist einfach nicht richtig. O Gott, seht euch nur meine Absätze an.«
    Als sie den Eingang des Pub erreicht hatten, lehnte sich Cleo gegen einen Tisch vor der Tür und wischte sich mit einem Taschentuch die Schlammbrocken und Grasbüschel ab. »Habt ihr gesehen, wie ich am Grab eingesunken bin? Ich dachte schon, ich falle um.«
    »Darum habe ich extra keine Pumps angezogen.« Ash nickte mitfühlend. »Aber du siehst heute echt gut aus. Richtig rausgeputzt. Obwohl du so ein Kompliment gar nicht verdienst, wenn man bedenkt, wie viel Kummer du mir bereitest.«
    »Das ist kein Kummer, das ist konstruktive Kritik. Die du übrigens dringend brauchst.« Cleo warf das matschige Taschentuch in einen Mülleimer und strich sich den schmalen, cremefarbenen Rock glatt. Selbstverständlich sah sie gut aus, schließlich hatte sie unglaublich viel Mühe auf ihr Aussehen verwendet. Was man nicht alles aus Stolz tat. Das war auch der Grund, warum sie Will mitgeschleppt hatte. Wenn man als Teenager gnadenlos verspottet und gedemütigt worden war, dann wollte man, wenn man seinem Peiniger gegenübertrat, nicht wie ein … ein Esel aussehen. Man fühlte sich gezwungen, ihm zu beweisen, dass man kein völliger Versager war, ganz zu schweigen davon, dass man mittlerweile die Art von Freund abschleppen konnte, die, nun ja, jede Frau nur zu gern abschleppen würde.
    Und da war er, stand gleich neben dem Eingang des Pub, begrüßte alle Eintretenden, und nahm mit ernster Miene die Beileidsbekundungen entgegen. Wenigstens bei dieser Gelegenheit würde er sie wohl nicht mit ihrem alten Spitznamen …
    »Hallo, Emmi.« Johnnys dunkle Augen funkelten vor Vergnügen. Er begrüßte sie mit einer Mischung aus Handschlag und Umarmung. Vielleicht hätte er sich sogar nach vorn gebeugt und ihr einen höflichen Kuss auf die Wange gedrückt, aber sie trat einen Schritt zurück, bevor es so weit kam.
    Ich kann nicht glauben, dass er mich gerade so genannt hat.
    »Hallo, Johnny. Das mit deinem Dad tut mir leid. Er wird uns fehlen.«
    »Danke. Vermutlich wird es im Dorf von nun an etwas leiser zugehen.« Er ließ seinen Blick über sie wandern, und sein Lächeln wurde breiter. »Du siehst sehr gut aus.«
    Allerdings! Cleo zeigte auf Will. »Das ist mein Freund, Will Newman.«
    »Mein aufrichtiges Beileid«, sagte Will höflich und schüttelte ihm die Hand.
    »Danke. So, Emmi, du hast dir also wieder einen neuen Mann geangelt. Sehr gut.« Johnny freute sich sichtlich an seinem Wortspiel. »Man sagt ja, dass die alten nicht viel getaugt haben.«
    Er war immer noch ein Albtraum! Cleo unterdrückte den Wunsch, ihm eine beißende Erwiderung um die Ohren zu hauen, was in diesem Moment aber kaum angemessen gewesen wäre. Außerdem fiel ihr so schnell nichts ein. Verdammt!
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