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Begegnung in Tiflis

Begegnung in Tiflis

Titel: Begegnung in Tiflis
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sich selbst hörte.
    »Wie gäht es Ihnän?« fragte General Oronitse in hartem Deutsch. Auf der Schule hatte er es gelernt, auf der Kriegsakademie aufgefrischt und es bis zum fließenden Sprechen verbessert als Stadtkommandant von Frankfurt/Oder. »Kopf kaputt?«
    »Er ist noch drauf.« Paul Andresen lächelte schwach. Er musterte die Uniform des Besuchers. Viel Gold, eine Menge Orden. In Deutschland ist so was General, in Rußland sicher auch. »Ich habe großes Glück gehabt, Herr General. Ich bin mit eingezogenem Kopf durch das Fenster geflogen.« Andresen sah sich um. Zwei Ärzte in weißen Kitteln standen stumm an der gekachelten Wand. »Wieviel Tote hat's gegeben, Herr General?« fragte Andresen leise. »Die Ärzte und Schwestern sagen es nicht, die können plötzlich kein Deutsch mehr, wenn man sie fragt. Ich bitte Sie, Herr General, sagen Sie mir wenigstens eins: Leben die Mädchen noch? Die Stewardessen?«
    »Darum bin ich hier.« General Oronitse legte tröstend die Hand auf die Schulter Andresens. Das war von einem sowjetischen Militär so ungewöhnlich, daß Andresen tief aufatmete und rötliche Augen bekam.
    »Also tot … beide …«, stammelte er.
    »Njet.« Oberst Jassenskij sah die Zeit kommen, seine Methode anzuwenden, die nichts mehr mit Pietät zu tun hatte. Ein GRU-Mann hat da eigene Ansichten. »Sie läbben beidä. Nur Sie müssen uns sagän, wär ist wär.«
    »So zugerichtet sind sie?« fragte Andresen leise. »Mein Gott … und Werner! Unser Chef! Werner Pohlmann?«
    »Weiß nicht. Määdchen wichtigär.« Oberst Jassenskij winkte zwei Krankenpflegern, die hinter Andresens Kopf standen und die er bisher noch nicht bemerkt hatte. »Dawei! Gehen wir.«
    Man rollte Andresen zum Fahrstuhl, fuhr mit ihm in den zweiten Stock und schob ihn durch blitzende weiße Gänge bis zu einem Zimmer, vor dem eine Schwester saß wie eine Wache. Die Tür schwang auf, das Bett mit Andresen rollte lautlos ins Zimmer und hielt vor einem anderen Bett. Unter einem Sauerstoffzelt lag ein blasses, ohnmächtiges Mädchen mit dick verbundenem Kopf. Volle Lippen hatte es, ein rundes Gesicht, und ein Grübchen im Kinn.
    »War ist das?« fragte Oberst Jassenskij.
    »Irene Heidfeld«, sagte Andresen ohne zu zögern.
    »Sind Sie sichär?«
    »Ganz sicher. So ein Grübchen hat nur die Irene.« Andresen sah die Ohnmächtige genau an. »Unter dem Verband, man sieht es ja nicht, muß sie schwarze Haare haben.«
    »Hatte sie schwarze Haare?« fragte General Oronitse die wachhabende Schwester.
    »Ja, Genosse General!«
    »Na also!« Oronitse nickte zufrieden zu Oberst Jassenskij. »Nun wissen wir es ganz klar: Die Verschwundene ist Bettina Wolter.«
    Bei dem Namen warf Andresen den Kopf herum. Über sein Gesicht zuckte es. »Bettina?« rief er. »Ist sie tot? Sagen Sie es mir, Herr General!«
    »Leidär kann ich Ihnen nichts sagen, Mädchen ist wäg … Einfach wäg.« Oronitse hob die Schultern. »Nix da.«
    »In … in den Trümmern …«, sagte Andresen leise.
    »Nix! Wir habän Trümmer einzeln untersucht. Nix! Ist wäg. Verstähn Sie das?«
    »Nein«, sagte Andresen ehrlich. »Das ist mir ein Rätsel.«
    »Nix Erklärungen?« fragte Oberst Jassenskij scharf. »Hat Mädchen gemacht Sabotage mit Flugzeug?!«
    Andresen sah den Oberst groß an. Dann nickte er und streckte sich aus. »So war es«, sagte er mit bitterer Stimme. »Bettina griff in die Luft, holte sich einen Blitz aus den Wolken und feuerte ihn auf das Flugzeug! Es war glatte Sabotage …«
    »Gähen wir!«
    Oberst Jassenskij drehte sich um und verließ mit stampfenden Schritten das Zimmer. Auf dem Flur wartete er auf General Oronitse, der sich noch von Andresen verabschiedete. Schließlich war er ein höflicher Mensch.
    »Sie muß einen Grund gehabt haben, warum sie als einzige im Flugzeug verschwunden ist«, sagte Jassenskij und steckte sich eine Papirossa an. »Es kann kein Schock gewesen sein. Auch keine Angst. Ein Mädchen, das Angst hat, sucht Schutz, aber es läuft nicht in eine dunkle Nacht hinein, in einem fremden Land. Das hat andere Gründe, Genosse General.«
    »Wie Sie wollen, Safon Kusmajewitsch.« Oronitse hob die Schultern. »Ihr Leute vom GRU seht hinter jedem schwanzlosen Fuchs einen Agenten! Tun Sie, was Sie für richtig halten. Was schlagen Sie also vor?«
    »Zunächst Nachrichtensperre über dieses Vorkommnis.«
    »Die besteht schon, Genosse.« Oronitse lächelte. »Das ist immer das erste. Und weiter?«
    »Wir suchen das
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