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Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt

Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt

Titel: Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt
Autoren: Dieter B. Hermann
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vereinigt, die dann noch die erforderlichen Positronen verabreicht bekommen, damit ein nach außen elektrisch neutrales Gebilde entsteht, nämlich ein Antiatom. Doch in Wirklichkeit lassen sich diese keineswegs leichter handhaben als elektrisch geladene Partikel. Zerstrahlung findet bei jeder Begegnung mit (ebenfalls neutralen) Atomen der gewöhnlichen Materie statt. Die Aufbewahrung der Antiatome ist aber ein unlösbares Problem. Um nämlich Katastrophen zu vermeiden, sind unbedingt Magnetfelder erforderlich, auf die aber elektrisch neutrale Atome nicht ansprechen.
    Der Gedanke an die Verwendung von Antimaterie als Antriebsmittel für Fernreisen durch das Universum ist jedoch in der Science-fiction-Literatur bereits so fest verankert, daß sich die Frage stellt, ob es möglicherweise hierfür tatsächlich einen realistischen Hintergrund gibt, mag er auch in einer noch so fernen Zukunft liegen.
     
     
Herstellung und Aufbewahrung von Antimaterie
     
    Die wichtigsten Voraussetzungen, um Antimaterie für irgendwelche Zwecke technisch nutzbar zu machen, bestehen darin, einerseits genügend große Mengen von geeigneten Antiteilchen herzustellen, diese aber andererseits auch aufbewahren zu können. Die beste Möglichkeit, z. B. Antiprotonen für verschiedene technische Zwecke zu nutzen, wäre gegeben, wenn die Teilchen geringe Geschwindigkeiten aufwiesen oder sich sogar in Ruhe befänden. Dies wäre die ideale Bedingung, um die Partikel in eine Art „magnetische Flasche“ zu sperren und dort zu speichern, ohne daß es zu unerwünschten Zerstrahlungseffekten kommen würde. Könnte man zur Erzeugung der Antiprotonen Energien einsetzen, die gerade hinreichend sind, um diese Elementarteilchen der Antimaterie herzustellen, dann würden sie sich gleichsam in Ruhe befinden, also keine zusätzliche kinetische Energie aufweisen. Die Schwellenenergie liegt knapp oberhalb von 2 GeV. Leider ist die
     

    Abb. 18: So funktionieren  die  heutigen  „Antiprotonen-Fabriken“. Die Kapazität ist allerdings für großtechnische Anwendungen viel zu gering.
     
    Erzeugungsrate bei dieser Energie extrem gering. Bei CERN wird deshalb die volle Energie von 26 GeV eingesetzt. Beim US-amerikanischen Fermi National Accelerator Laboratory (Fermilab) sind sogar 400 GeV im Spiel. Auf diese Weise ergeben sich hohe Erzeugungsraten, während man jedoch unvermeidbar sehr hohe Geschwindigkeiten der Antiprotonen in Kauf nehmen muß. Mehr noch: Die entstandenen Antiprotonen haben sehr unterschiedliche Energien und fliegen außerdem noch in die verschiedensten Richtungen. Folgerichtig mußte nun nach einem Verfahren gesucht werden, diese Antiprotonen auf einheitliche Geschwindigkeiten zu bringen und sie gleichzeitig in eine einheitliche Richtung zu zwingen. Dies wird durch die sogenannte Strahlkühlung erreicht. Strahlkühlung kann auf zwei unterschiedliche Arten bewirkt werden: Nach dem Verfahren des sowjetischen Physikers Gersh Budker wird die Kühlung mittels Elektronen bewirkt. Die zweite Idee der Kühlung stammt von dem holländischen Wissenschaftler Simon van der Meer (Nobelpreis 1984) und wird als „stochastische Kühlung“ bezeichnet. Worum handelt es sich bei diesen Verfahren? Im ersten Fall wird ein Strahl „kalter“ Elektronen benutzt, um den „heißen“ Antiprotonenstrahl zu kühlen. Die Elektronen bewegen sich mit derselben Geschwindigkeit wie die Antiprotonen. „Kühl“ bedeutet in diesem Fall, daß die Elektronen sich sowohl der Richtung als auch dem Betrage nach mit einheitlicher Geschwindigkeit bewegen.
     

    Abb. 19: Das Prinzip der Elektronenstrahlkühlung. Nachdem die Elektronen niederer Energie mit „heißen“ Protonen zusammengebracht wurden, überträgt sich die unregelmäßige Bewegung der Protonen auf die Elektronen und wird so verringert.
     
    Durch die elektrischen Kräfte zwischen den Teilchen kommt es zur „Kühlung“ der Antiprotonen. Da die Masse der Elektronen nur rd. 1/2000 der Masse der Antiprotonen beträgt, bewegen sich Elektronen niederer Energie (54 keV) bereits mit derselben Geschwindigkeit wie die Antiprotonen bei 100 MeV. Elektronenstrahlen dieser niedrigen Energie lassen sich nun aber mit guter Energiehomogenität bei gleichzeitig hoher Intensität relativ leicht herstellen. Wegen der entgegengesetzten elektrischen Ladungen der beiden Teilchenarten können sie mittels Ablenkmagneten sowohl zusammengeführt als auch wieder getrennt werden. Die zweite Methode des Holländers van der Meer beruht auf
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