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Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Titel: Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)
Autoren: Paul Walz
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morgens um fünf an, wenn geschlachtet wird. Der Geselle und ein Helfer steigen meistens später ein. Heute sind Rinder dran.« Er schaute vielsagend an seiner blutigen Kleidung hinunter. »Als ich auf den Hof gekommen bin, war es überall dunkel, und die Türen im und um das Schlachthaus rum waren abgeschlossen. Ich hab mich gewundert, denn normalerweise hat der Alte alles vorbereitet. Also bin ich los, ihn suchen. Der kann ja auch mal verpennen.« Er schüttelte den Kopf. »Zuerst bin ich zum Wohnhaus klingeln. Anfangs nur so ein bisschen und dann Sturm. Aber keiner hat aufgemacht. Weil ich nicht wusste, wie ich ins Schlachthaus rein kommen sollte, hab ich Roland angerufen, der hat noch im Bett gelegen und mich angeschnauzt, das Arschloch! Der konnte sich aber auch keinen Reim darauf machen. Er hat nur gemeint, ich solle mich mal umsehen.«
    »Sie besitzen keine Schlüssel für die Metzgerei?«
    »Klar, nur hab ich den verschlampt. Ich dachte mir, dass Horst vielleicht dabei sei, das Vieh für heute rüberzutreiben und bin in den Stall, doch da war er nicht. Als ich schon halb wieder raus war, hab ich die Unruhe bei den Schweinen gehört. Das sind nur unsere Zuchtschweine, die Mast ist woanders. Ich ans Tor, das Licht angeknipst und nach hinten durch. Da hing er dann. Die Viecher sind im Blut rumgetappt und haben es aufgeleckt. Ich darf gar nicht dran denken. Hier hab ich laufend mit Blut und so zu tun, aber das war schrecklich.«
    Es war für Lichthaus interessant zu sehen, wie Billen, der geradewegs vom Schlachten der Rinder kam, bei seiner Erinnerung erschauderte und einen Augenblick lang schwieg. Er hatte häufig beobachten können, wie Menschen in Schubladen dachten, in die sie alles einsortierten, was ihnen begegnete. So fand selbst grausames Handeln seinen Platz und damit eine Legitimation. Das Gewissen blieb völlig ruhig, so wie bei Adolf Eichmann. Dinge, die keiner Schublade zugeordnet werden konnten, waren für dieselben Individuen hingegen befremdend oder sogar schockierend. Der Metzger war wohl auch solch ein Paradebeispiel.
    Billen fing sich: »Hat mich tierisch umgehauen. Ich bin sofort weg und hab die Polizei angerufen. Dann Roland.«
    »Wie hat er reagiert?«
    »Er war geschockt. Hab ich bei dem bisher nie erlebt. Total neben der Spur. Sogar noch, als er ungefähr fünf Minuten später auf den Hof gerast ist. Aus dem Auto raus und ab in den Stall. Als er wiedergekommen ist, hat er geflennt.«
    »Ist Ihnen etwas Besonderes aufgefallen?«
    »Nein«, er schüttelte den Kopf, »ich geh schon die ganze Zeit den Morgen immer wieder durch, doch da ist nichts. Alles war an seinem Platz. Wie immer.«
    »Und an den Tagen davor?«
    Wieder nur Kopfschütteln.
    »Roland und sein Vater hatten gestern Abend einen Streit. Was wissen Sie darüber?«
    Die Frage war Billen unangenehm. »Hören Sie, ich red nicht gerne über den Chef.«
    »Es bleibt unter uns.«
    »Wer’s glaubt. Aber ich muss wohl. Die beiden haben sich ständig in den Haaren gelegen. Roland will Geld verdienen, und Horst seine Ideale umsetzen. Dem Jungen ist es so ziemlich egal, ob er bio oder nicht bio produziert, Hauptsache die Kasse stimmt. Haben Sie sein Haus gesehen, diesen neumodischen Kasten? Der frisst ordentlich Kohle. In ihrem Gebrüll ging es um Dünger. Ich hab die Hälfte nicht verstanden, kenn mich halt nicht aus mit den Auflagen und so weiter. Das Letzte, was er zu seinem Alten gesagt hat, war: Leck mich am Arsch.«
    »Rabiate Sprache. Glauben Sie, dass Roland auch gewalttätig werden könnte?«
    »Nein. Der ist ein Kotzbrocken und springt mit uns um wie mit dem letzten Dreck, aber so weit würde er nicht gehen. Ein Saukerl schon, doch kein Mörder. Außerdem schien der an seinem Vater zu hängen. Trotz des Streits. Ich hab einmal beobachtet, wie Horst von der Leiter gefallen ist. Roland war extrem fürsorglich. Hat den Arzt gerufen, ihm aufgeholfen und was zu trinken gebracht, richtig liebevoll. Hätt ich nicht für möglich gehalten. Der war das nicht.«
    Lichthaus nickte. Die Aussage deckte sich mit Rolands Angaben. Er wechselte das Thema: »Verarbeiten Sie hier nur eigenes Fleisch?«
    »Nein.« Billen lächelte und wurde locker, da er nun auf sicherem Terrain unterwegs war. »Kommen Sie mal mit.«
    Er ging voran durch einen glitschigen Korridor und öffnete die nächste Tür, die ins Schlachthaus führte. Zwei Männer in wasserdichten Hosen, beschichteten Schürzen und Gummistiefeln spritzten mit heißem Wasser den Boden ab. Eine
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