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Bastard

Bastard

Titel: Bastard
Autoren: Patricia Cornwell
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nein.«
    »Was ist passiert?«
    »Wir haben ein Problem.« Er blickt starr geradeaus. »Und ich habe Fielding und allen anderen streng verboten, die Leiche anzufassen, bevor du da bist.«
    Jack Fielding ist ein erfahrener Rechtsmediziner, der für gewöhnlich nicht nach Marinos Pfeife tanzt. Wenn mein Stellvertreter entscheidet, die Finger davon- und mir den Vortritt zu lassen, heißt das vermutlich, dass der Fall entweder politische Dimensionen hat oder uns eine Klage einbringen könnte. Es macht mir ziemlich zu schaffen, dass Fielding nicht versucht hat, mich anzurufen oder mir eine E-Mail zu schicken. Ich überprüfe noch einmal mein iPhone. Keine Nachricht von ihm.
    »Gestern Nachmittag gegen halb vier in Cambridge«, erklärt Marino. Inzwischen sind wir auf der Atlantic Street und fahren langsam in der Dämmerung mitten durch den Stützpunkt. »Norton’s Woods, Irving Street, nicht einmal einen
Block von deinem Haus entfernt. Du hättest zu Fuß zum Tatort gehen können. Vielleicht hätten die Dinge sich dann anders entwickelt.«
    »Welche Dinge?«
    »Ein Mann, weiß, schätzungsweise Mitte zwanzig. Sieht aus, als wäre er mit seinem Hund spazieren gegangen und dann plötzlich mit einem Herzinfarkt umgekippt«, spricht er weiter, während wir an Wartungshallen aus Beton und Metall, Hangars und anderen Gebäuden vorbeifahren, die Nummern statt Namen tragen. »Es war am helllichten Sonntagnachmittag, und es wimmelte von Leuten, weil in dem Gebäude – du weißt schon, das mit dem großen grünen Metalldach – irgendeine Veranstaltung stattfand.«
    Norton’s Woods, ein bewaldetes Anwesen mit einem beeindruckenden Bauwerk aus Holz und Glas, das man für besondere Anlässe mieten kann, beherbergt die American Academy of Arts and Sciences. Es befindet sich einige Häuser weiter von dem, das Benton und ich im letzten Jahr bezogen haben, damit ich in der Nähe des Instituts wohnen kann, während er es nicht weit nach Harvard hat, wo er dem Lehrstuhl für Psychiatrie an der Medizinischen Fakultät angehört.
    »Mit anderen Worten: überall Augen und Ohren«, fügt Marino hinzu. »Ein toller Zeitpunkt und Ort, um jemandem das Licht auszupusten.«
    »Ich dachte, du hättest einen Herzinfarkt erwähnt. Da er noch so jung war, meinst du vermutlich Herzrhythmusstörungen. «
    »Ja, das hat man allgemein angenommen. Einige Zeugen berichten, er habe sich plötzlich an die Brust gegriffen und sei zusammengebrochen. Angeblich war er beim Eintreffen des Krankenwagens bereits tot. Wurde auf direktem Weg in dein Institut geschafft und hat die Nacht in der Kühlkammer verbracht.«

    »Warum angeblich ?«
    »Heute am frühen Morgen ist Fielding in die Kühlkammer gegangen und hat Blutstropfen am Boden und eine Menge Blut auf der Bahre bemerkt. Also hat er Anne und Ollie geholt. Der Tote hat aus Nase und Mund geblutet, was er am Nachmittag zuvor, als er für tot erklärt wurde, noch nicht getan hat. Kein Blut am Fundort, nicht ein einziges Tröpfchen, und jetzt blutet er. Um Leichenwasser handelt es sich eindeutig nicht, weil er noch nicht verwest. Das Laken, mit dem er zugedeckt ist, ist ebenfalls blutig, und im Leichensack befindet sich etwa ein Liter Blut. Ich habe noch nie einen Toten so bluten gesehen. Daraufhin habe ich alle angewiesen, wegen dieses gottverdammten Problems den Mund zu halten.«
    »Was hat Jack gesagt? Was hat er unternommen?«
    »Du machst Witze, oder? Einen tollen Stellvertreter hast du dir da angelacht. Ich spar mir meinen Kommentar lieber.«
    »Wissen wir, wer der Mann ist? Und warum Norton’s Woods? Wohnt er in der Nähe? Ist er Student in Harvard oder vielleicht am Priesterseminar?« Das liegt gleich um die Ecke von Norton’s Woods. »Ich bezweifle, dass er bei dieser Veranstaltung war. Nicht, wenn er einen Hund dabeihatte.« Ich klinge viel ruhiger, als ich mich fühle, während wir auf dem Parkplatz des Eagles Rest Inn dieses Gespräch führen.
    »Wir kennen nicht viele Einzelheiten, aber es handelte sich offenbar um eine Hochzeit«, erklärt Marino.
    »Am Sonntag des Super-Bowl-Turniers? Wer legt seine Hochzeit auf diesen Termin?«
    »Vielleicht jemand, der lieber allein feiert. Oder jemand, der kein Amerikaner oder antiamerikanisch eingestellt ist. Keinen blassen Schimmer. Allerdings glaube ich nicht, dass unser Toter ein Hochzeitsgast war, und das liegt nicht nur an dem Hund. Er hatte nämlich eine 9-Millimeter-Glock unter der Jacke. Keinen Führerschein. Dafür aber ein
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