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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker
Autoren: René Zeyer
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vormals Huber Werbung, dachte er stolz. Eine halbe Stunde später war Rita mit einer Thermoskanne voll Kaffee und ein paar Gipfeli aufgetaucht, und Huber hatte festgestellt, dass sie am Tage betrachtet doch entschieden weniger verführerisch aussah als gestern Abend im Schummerlicht der Bar.
    »Was machst du denn da?«, hatte Rita gefragt, während sie ihm den Kaffee in einen Plastikbecher schüttete.
    »Ich muss ›Challenging Your Challenges, Performing Performances‹ auf Deutsch übersetzen«, nuschelte Huber mit einem Gipfeli im Mund und nahm dankbar einen großen Schluck lauwarmen Kaffee, »davon verstehst du eh nichts, also lass mich in Ruhe arbeiten, wichtiger Kunde.«
    Rita hatte die Schultern gezuckt und geantwortet: »Also im Gegensatz zu dir kann ich ja Englisch, du erinnerst dich, zwei Jahre Lion’s Pub in London, ist zwar schon eine Weile her«, und sie seufzte wohlig in der Erinnerung. Dann fuhr sie fort: »Also das ist schon auf Englisch Quatsch, aber wie wäre es denn mit: ›Unsere Leistung nimmt Ihre Herausforderung an‹? Oder Moment, eher so: ›Ihre Herausforderung ist unsere Leistung‹.«
    Huber fiel das halbe Gipfeli aus dem Mund. »Rita, das ist es, genial, großartig, das muss heute Abend gefeiert werden.«
    Dann tippte er mit flinken Fingern ein längeres Mail an EL&W in die Tasten, in dem er die umfangreichen Tätigkeiten seiner Taskforce wortreich beschrieb, wie dann die Short List immer shorter wurde, und schließlich war, in Stein gemeißelt und nicht zu überbieten, übrig geblieben, gesperrt und mit extragroßen Buchstaben getippt: »Ihre Herausforderung ist unsere Leistung.«
    Fast hätte Huber mit Huber Communication! New York, Shanghai, Zürich! unterzeichnet, aber dann ließ er es doch lieber sein.
Zweiundachtzig
    Um 14.15 h sharp hatte sich die Taskforce Rebranding von Elmore, Little & Willis in einem geruchsneutralen Meetingroom versammelt, um das Ergebnis der neuerlichen Bemühungen der Claim-Agentur Huber zu diskutieren, bevor um 16.00 h sharp auch noch CCO Meier dazustoßen würde.
    »Pünktlich ist der Huber ja«, sagte der Head of Customer Marketing einleitend, »scheint seinen Laden ja ziemlich im Griff zu haben. Wissen wir eigentlich, wie groß die Agentur ist?« Alle schauten Fräulein Wichtig an, selbst die beiden Pfeifen, deren Namen sich niemand merken konnte, als ob die Sekretärin mehr wissen müsste, dabei hatte sie doch nur in aller Eile die E-Mail-Adresse von Huber rausgekriegt, sich dabei allerdings leise gewundert, wieso es eine Hotmail-Anschrift war, aber Fräulein Wichtig kannte die Grenzen ihres Handlungsspielraums zu genau, als dass sie da mit überflüssigen Fragen hätte auffallen wollen.
    Statt einer Antwort verteilte sie das neuste Mail von Huber, Revision one Rebranding, Anpassung an den neuen Core Claim, stand wichtig drüber. Der Head las das Mail durch, gemeinsam mit seinen zwei Assistenten, den Pfeifen und der Sekretärin.
    »Okay«, sagte er dann munter, »erste Feedback-Runde. Wer möchte gerne, wer hat noch nicht?«
    »Nun«, sagte der erste Assistent, der sich gleich in die Polepostion begeben wollte, »im Ansatz nicht schlecht, ich frage mich allerdings, ob wir uns damit nicht zu stark vom Original-Wording entfernen.«
    »Wir haben ja nun einen Satz«, ergänzte der zweite Assistent, der die Richtung nicht schlecht fand, »ich meine, ›Ihre Herausforderung ist unsere Leistung‹, da geht doch einiges an Rhythmus verloren …«
    »… die Hierarchie der Wertigkeiten ist nicht mehr so akzentuiert wie im Original«, unterbrach ihn der erste Assistent, der ihm nicht allzu viel Spielraum lassen wollte, »und die Verdoppelung, ›Challenging Challenges, Performing Performances‹, nicht wahr, die ist auch weg.«
    Der Head hörte sich das Gebrabbel ruhig an, höchste Zeit, hier mal einen Pflock einzuschlagen, dachte er dann: »Also ich finde es ziemlich gelungen«, sagte er, »›Challenging‹ und ›Performing‹ kann man ja bekanntlich nicht wirklich direkt auf Deutsch übersetzen«, ließ er dann sein halbes Jahr Sprachaufenthalt in Havard durchblitzen, »da scheint mir eine personalisierte Übertragung durchaus ein gangbarer Weg zu sein.«
    »In der Tat«, legte sich der erste Assistent in die Kurve, »der Satz hat natürlich in seiner Gradlinigkeit durchaus Wucht, was ihm vielleicht an Rhythmus fehlt, ersetzt er durch Zugkraft, absolut.«
    Der zweite Assistent kniff die Lippen zusammen, denn ihm fiel im Moment nicht wirklich was ein, außer
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