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Balla Balla

Balla Balla

Titel: Balla Balla
Autoren: Sobo Swobodnik
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wurde es noch enger. Scheiße. Dann denk eben an was weniger Schönes, das hilft auch manchmal. Er hatte sofort eine Idee. Kindheit, Lauterbach, Ostalb – das Grauen ersetzte die Angst, die Klaustrophobie wich dem Schrecken der Vergangenheit, bis das Auto plötzlich reifenquietschend anhielt. Und so war die Vergangenheit auch schon wieder futsch, die Angst aber blieb weg. Gespannte Gleichgültigkeit beherrschte jetzt Ploteks Gemütslage. Was wird wohl passieren?
    Zuerst passierte nichts. Der Motor wurde abgestellt. Dumpfe Stimmen waren zu hören, dann Türenschlagen und dann ging plötzlich der Kofferraumdeckel auf. Trotzdem blieb es dunkel. Komisch, dachte Plotek und dann: Augenbinde. Zwei Männer hoben ihn umständlich aus dem Kofferraum und schleppten ihn unter lautstarkem Fluchen ein paar Meter weit zu einem muffig riechenden Raum. Dort legten sie ihn auf dem feuchten Boden ab. Sie schienen ihn mit zusammengebundenen Händen und Beinen zurücklassen zu wollen. »Viel Spaß noch«, sagte der eine ironisch und der andere lachte fies. Plotek hatte das Gefühl, die Stimme des einen schon einmal gehört zu haben. Er dachte nach und es fiel ihm tatsächlich auch ein. Ja, über das Handy, über Rainer von Plorres Handy, hatte er die Stimme schon einmal gehört. Ploteks Gesicht wurde heiß. Jeden Augenblick erwartete er einen tödlichen Schlag auf den Kopf. Aber vergiss es. Der Schlag blieb aus, dafür wurde ihm das Klebeband unsanft von den Augen heruntergerissen. Seltsamerweise blieb es noch immer dunkel. Entweder bin ich jetzt schon blind, schoss es Plotek durch den Kopf, oder aber der
    Raum ist vollständig abgedunkelt. Die Tür fiel mit einem satten Schlag ins Schloss.
    Feierabend, dachte Plotek und merkte nach einer Weile, wie seine Augen schemenhaft Gegenstände erkennen konnten. Also doch nicht blind. Er erkannte Fußbälle, eine Rasenmarkierungsmaschine, ein kleines Fußballtor, einen Rasenmäher, Eckstangen und Fahnen. Und einen Rollstuhl. In dem jemand saß. Und derjenige sprach plötzlich.
    »Herzlich willkommen«, sagte eine Stimme. Plotek erschrak, ohne es sich anmerken zu lassen.
    »Servus«, erwiderte er vermeintlich gleichgültig.
    Jeder andere hätte jetzt vielleicht gesagt, darf ich mich vorstellen, mein Name ist Plotek, Paul Plotek aus München, und dann vielleicht gefragt, darf ich fragen, wer Sie sind und was Sie hier machen. Aber denkste. Plotek doch nicht. Plotek war anders. Plotek fragte nicht. Plotek schwieg. Und wartete. Wenn er was zu sagen hatte, würde er schon damit herausrücken. Auch ohne gefragt zu werden. Außerdem wusste Plotek, auch ohne zu fragen, wer da im Rollstuhl saß. Seine Augen hatten sich mittlerweile schon so gut an die Dunkelheit gewöhnt, dass er den jungen Mann im Rollstuhl ganz gut erkennen konnte. Das war Ritschi! Ritschi, der eigentliche Superkicker von der SpVg Altona-Nord, gegen den Ivo, Benny und Jo nur halbwegs mittelprächtige Balltreter waren, um mit Wolles Worten zu sprechen, dachte Plotek und schwieg noch immer. Darin war er einfach spitze, im Schweigen. Da konnte kaum einer mithalten. Piotr vielleicht, aber der war ja nun tot. Ritschi nicht. Der hielt dem langen Schweigen nicht stand, räusperte sich zuerst und fragte dann mit belegter, unsicherer Stimme: »Und wie sind Sie hierhergekommen?«
    Blöde Frage, dachte Plotek und schwieg weiter.
    »Ich nehme an, der Brunner und der Stadelmaier stecken dahinter«, hakte Ritschi nach. »Hab ich recht?!«
    »Hm«, machte Plotek und schwieg wieder eine lange Weile. »Und warum?«, fragte er schließlich zurück.
    »Vielleicht, um Ihnen und mir Angst zu machen, um uns einzuschüchtern«, entgegnete Ritschi, als hätte er die Frage erwartet.
    »Und warum?«, fragte Plotek wieder.
    »Damit ich nichts sage.«
    »Und warum?«
    »Können Sie eigentlich auch noch was anderes sagen als warum?«
    Jetzt schwieg Plotek wieder.
    »Und Sie auch nicht«, sagte Ritschi und das klang, als wollte er sich beim offenbar eingeschnappten Plotek wieder ein wenig einschmeicheln. Ich weiß doch gar nichts, dachte Plotek. Aber das schien Ritschi wiederum nicht zu wissen.
    »Sie wissen doch alles, stimmt’s?«, sagte Ritschi.
    »Hm.« Plotek tat wieder geheimnisvoll und dachte, er wird mir jetzt bestimmt gleich alles erzählen. Zum ersten Mal spürte er, wie die Schnur um seine Hände schmerzhaft ins Fleisch schnitt. Ritschi räusperte sich wieder, druckste herum. Er hielte die muffige Stille nicht mehr länger aus.
    »Die krummen Geschäfte,
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