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Autobiografie einer Pflaume - Roman

Titel: Autobiografie einer Pflaume - Roman
Autoren: PeP eBooks
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sagt:«Okay, es gibt ein Picknick mit einem Korb voller Leckereien.»
    Und ich denke an nichts anderes mehr.
     
     
    Im Wagen sitzt Antoinette vorne, und ihr Rollstuhl liegt im Kofferraum. Das weiß ich, weil ich hineingeschaut habe, bevor ich eingestiegen bin, aber von dem Picknickkorb war nichts zu sehen.
    «Wo ist der Picknickkorb?», frage ich Raymond.
    «Den hat Antoinette auf dem Schoß. Und pass auf beim Einsteigen, die Kühlbox steht hinter meinem Sitz.»
    «Was ist eine Kühlbox?»
    «Eine Kiste, in der es kalt bleibt. Mach den Kofferraum zu und steig ein, Pflaume.»
    Ich stelle meine Füße auf die Kühlbox und lege das Kinn auf meine Knie.
    Bevor Victor seinen Comic aufschlägt und mit Tim und Struppi zum Mond fliegt, flüstert er mir ins Ohr:«Antoinette sitzt auf dem Platz des Toten.»
    Ich frage mich, welchen Toten er meint.
    Bei Raymonds Beruf gibt es sicher genug Auswahl, aber ich kann mir nicht vorstellen, welcher Tote anstelle von Antoinette
neben Raymond sitzen könnte. Außerdem können Tote nicht mehr reden, und Raymond lässt sich gerne alles Mögliche erzählen, während er fährt.
    Antoinette redet nicht viel, das stimmt, aber sie summt, und das ist auch schon etwas.
    Der Gendarm schläft nicht am Steuer ein, und wir landen nicht im Straßengraben, so wie der Wagen mit den ganzen Feuerwehrmännern drumherum, an dem wir vorhin vorbeikamen, obwohl wir nur den schwarzen Hintern von dem Mercedes zu sehen bekommen haben und ich froh war, dass er nicht weiß war wegen Jujubes Eltern, die beschlossen haben, nie mehr ohne ihren Sohn zu verreisen.
    Camille hat nichts gesehen; sie schläft, an die Tür gelehnt, und wenn man ihr braves Gesichtchen sieht, denkt man nicht, dass der Tod in ihren Träumen etwas zu suchen hat.
    Antoinette scheint nichts davon zu ahnen, dass sie auf dem Platz von einem Toten sitzt; sie hält den Korb so fest, als wollte man ihn ihr wegnehmen, und der Unfall hindert sie nicht am Weitersummen.
    «Wer ist der Tote?», frage ich Antoinette, mit der Hand auf ihrer Schulter.
    «Der Tote? Welcher Tote?», fragt sie, ein wenig erschrocken.
    Victor kommt vom Mond zurück und verpasst mir einen Fußtritt.«He, du Arsch, was soll das?»
    «Victor, keine Kraftausdrücke, wenn ich bitten darf», sagt Raymond zur Straße.«Und Icare, wie kommst du auf die Idee, so etwas zu sagen?»
    «Das war nicht ich, das war Victor!»
    «Das ist nicht wahr!»
    «Doch, du hast zu mir gesagt, dass Antoinette auf dem Platz des Toten sitzt.»
    «Aber nicht, damit du es weitersagst, du Petze.»
    «Ich bin keine Petze.»

    «Doch, bist du.»
    «Nein.»
    «Doch.»
    «Ruhe da hinten», brummt Raymond, der uns in seinem Spiegel anschaut.«Der Platz des Toten, das ist nur eine Redensart, Pflaume. Das soll heißen, dass der Beifahrersitz im Fall eines Unfalls kein guter Platz ist.»
    «Das ist keine schöne Redensart», sage ich.
    «Nein, das ist es nicht», wiederholt Antoinette.«Und du achtest besser auf die Straße, Raymond. Ich habe heute nicht vor, die Redensart Realität werden zu lassen.»
    «Dir sage ich nichts mehr», murmelt Victor, während er in seinem Comic blättert.
    «Entschuldige, ich wollte keinen Streit», sage ich und nehme seine Hand.
    «Okay», sagt Victor, ohne meine Hand loszulassen.
    «Ist dein Buch gut?»
    «Ja. Willst du mitlesen?»
    «Einverstanden.»
    Und mir wird schnell übel davon, die Abenteuer von Tim und Struppi auf dem Mond zu lesen, aber ich halte den Mund, um Victor nicht zu verärgern. Ich lasse das Fenster ein bisschen herunter, um Luft einzuatmen, aber ich muss es wieder zumachen, weil Antoinette sich«nicht den Tod holen»will, und ich denke mir, dass heute nicht ihr Glückstag ist.
    Als könnte man sich den Tod durch das offene Fenster hereinholen! Dann hätte ich ihm schon endlos oft begegnen müssen bei den vielen Fenstern, die ich aufgemacht habe. Übersehen kann man ihn schließlich nicht mit seinem schwarzen Mantel und seinem krummen Schwert wie im Film.
     
     
    Es ist nicht meine Schuld, wenn ich nicht alles verstehe, was man zu mir sagt.

    Wenigstens frage ich, und es ist nicht meine Schuld, wenn die anderen mich für einen Idioten halten oder wie Simon denken, ich hätte«nicht alle Tassen im Schrank».
    Bloß weil man nie fragt, weiß man noch lange nicht alles.
    Simon zum Beispiel weiß alles über uns andere, aber nicht viel über sich selber, und die Antworten auf seine Fragen wird er nicht in den Unterlagen der Heimwehstreuer finden. Ich weiß, dass er viel
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