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Ausgelöscht

Ausgelöscht

Titel: Ausgelöscht
Autoren: K Ablow
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hakte Clevenger nach. »Du hast mir selbst gesagt, dass du ihm den Tod gewünscht hast. Dass du ihm gerne beim Sterben zugesehen hättest. Und jetzt soll ich dir glauben, dass du die Waffe genommen hast, aber nicht …«
    »Ich habe sie genommen, damit er sich nicht selbst umbringen konnte. Aber ich konnte sie nicht behalten.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich sie benutzen wollte.«
    »Hilf mir, dass ich das richtig verstehe. Du hast dir große Sorgen gemacht, dass er Selbstmord begehen könnte, aber du konntest die Waffe nicht behalten, weil du Angst hattest, dass
du
ihn töten würdest?« Clevenger hatte es noch nicht ganz ausgesprochen, als ihm aufging, dass es sehr wohl die Wahrheit sein konnte. Kyle brauchte seinen Vater und hasste ihn gleichzeitig. Aber er ließ nicht locker, überzeugt, dass er kurz davor stand, die Wahrheit ans Licht zu bringen. »Nein«, sagte er. »Du wolltest sie benutzen, und du hast sie benutzt. Du hast ihn umgebracht. Du hast deinen Vater umgebracht.«
    »Nein«, schrie Kyle. Tränen liefen ihm über das Gesicht. »Ich wollte es tun, deshalb habe ich sie weggegeben.«
    »Du hast sie weggegeben«, wiederholte Clevenger gespielt spöttisch. »Was hast du getan, bist du einfach zum Harvard Square spaziert und hast sie irgendeinem Studenten in die Hand gedrückt? Wer, zum Teufel, soll sie dir denn abgenommen haben?«
    »Collin«, platzte Kyle heraus. Er vergrub das Gesicht in den Händen. »Ich habe sie Collin gegeben.«
    »Du hast sie Collin gegeben.« Clevenger überlegte kurz. »Warum?«, fragte er sanfter. »Warum Collin?«
    »Keine Ahnung.« Kyle schluchzte jetzt hemmungslos. »Warum lassen Sie uns nicht in Ruhe? Lassen Sie uns endlich in Ruhe.«
    Clevenger nickte. Er starrte Kyle an, während der Junge weinte, das Gesicht noch immer in den Händen vergraben, und seine flehentliche Bitte hallte weiter in Clevengers Ohren.
Warum lassen Sie uns nicht in Ruhe? Uns
. Und mit einem Mal war ihm alles klar. So kommt die Wahrheit manchmal an die Oberfläche. Wie ein auftauchendes U-Boot oder eine plötzlich auf dem Radarbildschirm erscheinende Rakete. Die Wurzeln der Zerstörung, die Methode eines speziellen Wahnsinns, kamen unvermittelt ans Licht. »Ich verstehe«, sagte er.
    »Glauben Sie ihm?«, fragte Coady, als Clevenger den Beobachtungsraum betrat.
    Er sah durch den Einwegspiegel zu Kyle. »Ich glaube nicht, dass er unser Schütze ist.«
    »Das Gefühl habe ich auch. Was uns wieder zu Coroway bringt. Wenn Kyle bereit ist, vor Gericht auszusagen, und wenn die Geschworenen ihn für glaubwürdig halten, dann haben wir Coroway am Mass General, mit John Snows Pistole. Und wir haben ein Motiv: Coroways Carte blanche, Vortek zu vermarkten und mit Snow-Coroway an die Börse zu gehen – wogegen Snow sich gesträubt hätte. Zufällig meldet er Vortek einen Tag, nachdem Snow erschossen wird, zum Patent an. Das Einzige, was wir nicht haben, ist ein Augenzeuge. Wir können nicht beweisen, dass er in der Gasse war. Ich habe die Gesprächsauflistung für Snows Handy durchgesehen. Er hat an dem Morgen, an dem er ermordet wurde, keinen Anruf von Coroway erhalten. Und es gibt noch ein Problem: Wir haben kein Motiv, warum Coroway Grace Baxter umgebracht haben sollte.«
    »Wir sollten ihn trotzdem zum Verhör herholen«, sagte Clevenger.
    »Sie denken, Sie können ihn dazu bringen zu gestehen?«
    »Ich denke, ich kann uns besorgen, was wir brauchen.«
    Coady musterte ihn forschend.
    Clevenger warf abermals einen Blick durch den Einwegspiegel. »Ich habe da einen Verdacht und würde gern herausfinden, ob er sich bestätigt. Aber dafür muss ich alle in einem Raum haben. Die Snows, Coroway, Reese – und Jet Heller.«
    »Hören Sie. Wenn ich Reese aufs Präsidium hole, dann kommt Jack LeGrand gleich mit. Reese wird kein Wort sagen, solange er seinen Anwalt dabeihat. Und wir befinden uns bereits auf sehr dünnem Eis, was den Polizeichef angeht.«
    »Letztes Mal hat er eine Menge gesagt. Und da war LeGrand auch dabei.«
    »Ich sage ja nur: Das ist Ihr letzter Versuch mit ihm. Sind Sie sicher, dass Sie den jetzt verpulvern wollen?«
    »Ich bin sicher.«
    »Was haben Sie denn vor? Eine kleine Gruppentherapie?«
    »Sie haben’s erraten. Und Sie können sich die ganze Show durch den Einwegspiegel anschauen.«
    Coady antwortete nicht sofort. »Beten Sie, dass es funktioniert«, sagte er schließlich.
    Clevenger saß am Schreibtisch in seinem Büro und las noch einmal Snows Tagebuch, während er darauf wartete, dass
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