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Aurora

Aurora

Titel: Aurora
Autoren: Alastair Reynolds
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behandelt und sie sogar gefördert. Jetzt war er der Einzige im Raum, der rückhaltlos hinter ihr stand. Es wäre anders gewesen, wenn Dreyfus oder Jane Aumonier an der Sitzung teilgenommen hätten, aber
    Dreyfus war nicht da (dank seines Pangolin-Privilegs hätte er mit am Tisch sitzen können, obwohl er kein Oberpräfekt war), und der Platz, an dem der Generalpräfekt normalerweise manifestierte - sie wurde als Projektion eingestrahlt -, war unübersehbar leer. Auf dem Weg hierher hatte Thalia Gerüchte aufgefangen, wonach sich unabhängig von dem
    Ausschluss, den sie über Haus Perigal verhängt hatten, eine zweite Krise zusammenbraute.
    Die anderen Oberpräfekten waren weder für noch gegen
    sie. Michael Crissel wirkte wie ein freundlicher und etwas schüchterner Gelehrter. Nach allem, was man hörte, war er früher ein erstklassiger Außendienstpräfekt gewesen, hatte aber die letzten zwanzig Jahre zumeist innerhalb Panoplias verbracht und den Bezug zur harten Wirklichkeit des Au-
    ßendienstes verloren. Lillian Baudrys Laufbahn im Außendienst war jäh zu Ende gewesen, als eine Hundepeitsche
    verrückt spielte und sie in Stücke riss. Man hatte sie wieder zusammengeflickt, aber ihr Nervensystem hatte bleibende Schäden erlitten. Sie hätte sich bei medizinischen Spezialisten in Behandlung begeben können, die im Glitzerband durchaus zur Verfügung standen, doch dann hätte sie Panoplia aus Sicherheitsgründen für immer verlassen müssen.
    Also hatte sie sich für die Pflicht entschieden, auch wenn die für sie nun darin bestand, so steif wie eine Porzellan-puppe in irgendwelchen Konferenzen zu sitzen.
    Wie wichtig Thalias Bericht genommen wurde, war daran
    abzulesen, dass außer ihr nur vier Personen am Tisch saßen.
    Normalerweise hätten sich mindestens sechs oder sieben
    der zehn auf Lebenszeit ernannten Oberpräfekten einge-
    funden, aber heute waren mehr Plätze frei als üblich. Gewiss, man wollte die Sache so schnell wie möglich abschlie-
    ßen - dennoch war sie nicht mehr als eine Bagatelle im
    Alltag von Panoplia.
    »Fassen wir zusammen«, sagte Clearmountain. »Wir haben
    die Daten. Sie bestätigen unseren Verdacht, dass die Perigal die Finger im System hatte. Der Ausschluss kann bestehen bleiben. Jetzt müssen wir nur noch das Leck abdichten,
    bevor ein anderer kommt und es ebenfalls ausnützt.«
    »Ganz Ihrer Meinung, Sir«, sagte Thalia.
    »Wie groß war der Schaden durch diese Votenmanipula-
    tionen denn tatsächlich?«, fragte Baudry.
    »Insgesamt nicht allzu groß«, antwortete Thalia. »Es handelte sich in allen Fällen um Abstimmungen über ver-
    gleichsweise belanglose Fragen. Caitlin Perigal hätte sicher gern Einfluss auf wichtigere Entscheidungen genommen,
    aber dabei wäre die Gefahr der Entdeckung noch größer gewesen. Sooft ein großes Votum ansteht, sind die Aufsichts-und Kontrollmechanismen bereits jetzt so umfangreich, dass ich mir nicht vorstellen kann, wie jemand die Abstimmung in statistisch signifikantem Ausmaß manipulieren sollte.«

    »Es ist aber Ihre Aufgabe, sich das vorzustellen«, sagte Michael Crissel.
    »Das weiß sie selbst«, flüsterte Gaffney.
    Thalia wandte sich an Crissel. »Verzeihen Sie, Sir. Ich meine nur - nach allem, was wir wissen - ist es unwahrscheinlich.
    Die Unfehlbarkeit des Systems lässt sich nicht endgültig beweisen; nach dem Gödelschen Unvollständigkeitssatz ...«
    »Sie brauchen mir keinen Vortrag über Gödel zu halten,
    Ng«, wehrte Crissel gereizt ab.
    »Ich will nur sagen, Sir, dass sich das System im Gebrauch selbst testet. Haus Perigal hat uns eigentlich einen Gefallen getan. Es hat uns auf einen logischen Fehler hingewiesen, den wir vorher nicht gesehen hatten: einen Fehler, der eine leichte Beeinflussung der Voten gestattet. Wir werden ihn beheben und weitermachen wie bisher. Irgendwann wird
    wieder jemand einen guten Einfall haben und ein anderes Schlupfloch finden. Auch das werden wir stopfen. So läuft das Verfahren.«
    »Sie sind also überzeugt, dass wir diese Lücke schließen können?«, fragte Baudry.
    »Absolut, Oberpräfekt. Ein Kinderspiel.«
    »Wenn es so ein >Kinderspiel< ist, wieso ist uns der Fehler dann bis jetzt entgangen?«
    »Weil wir ihn selbst eingebaut haben.« Thalia bemühte
    sich, nicht allzu selbstgerecht zu klingen. »Wir haben ein Loch gestopft - und uns für sehr schlau gehalten - und
    dabei ein anderes Loch aufgerissen, ohne es zu merken.
    Der Fehler verbarg sich in unserer Fehlerbehandlungsroutine. Die
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