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Aufbruch zu den Sternen - Roman

Aufbruch zu den Sternen - Roman

Titel: Aufbruch zu den Sternen - Roman
Autoren: Heyne
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herumgeschwenkt, der schon ziemlich tief im Südwesten stand. Dirk hielt sich im Hintergrund, während die beiden Ingenieure ausgiebig hindurchschauten. Endlich wurde er ungeduldig.
    »Falls ihr es vergessen haben solltet«, sagte er, »aber ich bin ausdrücklich von euch zum Mitkommen aufgefordert worden.«
    »Tut mir leid«, entschuldigte sich Collins und gab seine Position mit offensichtlichem Widerstreben auf. »Hier – werfen Sie einen Blick hindurch – dieser Knopf dient zur Klareinstellung.«
    Zuerst vermochte Dirk nur etwas blendend Weißes zu erkennen, auf dem sich hier und dort dunklere Flecken befanden. Langsam drehte er an dem Knopf, und plötzlich wurde das Bild so klar und scharf wie eine glänzende Radierung.
    Er konnte eine gute Hälfte des Halbmondes überblicken, nur die Spitzen der Hörner lagen außerhalb seines Gesichtskreises. Der Mondrand bildete einen vollkommenen Kreisausschnitt ohne die geringste Spur von Unebenheit. Aber die Linie, die Tag und Nacht trennte, war zackig und an vielen Stellen von Bergen unterbrochen, die lange Schatten auf die Ebenen darunter warfen. Er entdeckte nur einige von den großen Kratern und vermutete, dass die meisten davon sich auf jenem Teil der Scheibe befanden, die noch dunkel war.
    Er konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf eine große ovale, von Bergen umsäumte Fläche, die ihn unwiderstehlich an ein ausgetrocknetes Ozeanbett erinnerte. Seiner Annahme nach konnte es sich nur um eines der sogenannten Mondmeere handeln, es war jedoch leicht festzustellen, dass es nirgends in dieser stillen, regungslosen Landschaft auch nur einen Tropfen Wasser gab. Jede Einzelheit trat scharf umrissen hervor, nur manchmal flimmerte das Bild momentweise wie unter Hitzedunst. Der Mond versank langsam in den Nebeln am Horizont, und sein Abbild wurde auf seinem Tausend-Meilen-Abstieg durch die Erdatmosphäre leicht getrübt.
    An einem Punkte unmittelbar innerhalb der verdunkelten Scheibenfläche glänzten ein paar helle Lichter wie Leuchtfeuer auf. Dirk konnte sich ihr Vorhandensein zuerst nicht erklären, bis er dahinterkam, dass es sich um hohe Berggipfel handeln musste, die lange bevor die Dämmerung über das niedere Land hereinbrach von den ersten Strahlen der Sonne getroffen wurden.
    Jetzt verstand er mit einem Mal, warum so viele Männer ihr Leben damit zugebracht hatten, die Schatten zu beobachten, die über das Antlitz jener seltsamen Welt wanderten – uns so nah und dennoch bis zum Erscheinen seiner Generation das Symbol für alles Unerreichbare. Er begriff, dass ihre Wunder innerhalb eines Menschenlebens nicht auszuschöpfen waren; dass es immer Neues zu sehen geben würde, je mehr das Auge von der unendlichen Fülle der Einzelheiten aufnahm.
    Irgendetwas versperrte ihm die Aussicht, und er blickte ungehalten auf. Der Mond, der für Augenblicke auf gleicher Ebene mit der Kuppel gestanden hatte, versank langsam, und das Teleskop ließ sich nicht tiefer stellen. Jemand schaltete das Licht an, und er sah, dass Collins und Maxton ihn grinsend anschauten.
    »Hoffentlich haben Sie alles gesehen, was Sie sehen wollten«, sagte der Professor. »Wir hatten jeder nur zehn Minuten – Sie haben ganze fünfundzwanzig dort verbracht, und ich bin verdammt froh, dass der Mond endlich verschwunden ist!«

XXXI
     
    »Morgen lassen wir die ›Prometheus‹ vom Stapel. Ich sage ›wir‹, weil es mir nicht länger möglich ist, beiseitezustehen und die Rolle des unbeteiligten Zuschauers zu spielen. Kein Mensch auf Erden kann das; die Ereignisse der nächsten paar Stunden werden das Leben sämtlicher Menschen bis ans Ende unserer Zeit beeinflussen.
    Jemand hat die Menschheit einmal als eine Rasse von Insulanern dargestellt, die die Kunst des Schiffbaus noch nicht erlernt haben. Über den Ozean hinweg können wir andere Inseln liegen sehen, über die wir uns seit dem Beginn der Geschichte Gedanken gemacht haben. Jetzt, nach einer Million Jahren, haben wir unser erstes primitives Kanu gebaut; morgen werden wir beobachten können, wie es über die Korallenriffe segelt und hinter dem Horizont verschwindet.
    Heute Abend habe ich zum ersten Male in meinem Leben die glitzernden Mondgebirge und die großen dunklen Ebenen gesehen. Das Land, das Leduc und seine Kameraden in knapp einer Woche betreten werden, war noch unsichtbar und wartete auf den Aufgang der Sonne, der nach unserer Zeitrechnung erst in drei Tagen erfolgen wird. Dennoch muss die Nacht dort über alle Begriffe hell sein, da die
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