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Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern

Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern

Titel: Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern
Autoren: Kurd Laßwitz
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Wasserdämpfe würden sich auf der immer kälter werdenden Nachtseite der Erde niederschlagen und diese mit ewigem Schnee und unschmelzbarem Gletschereis überziehen. Eine Eiszeit, der kein Leben widerstehen könnte, würde auf die Schattenseite der Erde hereinbrechen, während die Sonnenseite in Gluten verdorren würde. Wohl nur auf einer schmalen Grenzzone könnte sich Leben erhalten. Aber wer vermochte zu sagen, welch andere, verderbliche Umwandlungen bei einer derartigen Änderung des Gleichgewichts von Luft und Wasser auf der Erde noch eintreten mochten?
    Wohl versuchte man diesen Plan als ein törichtes Hirngespinst hinzustellen, als ein Schreckmittel, das die Martier wohl absichtlich den Menschen zurückgelassen hätten. Doch konnte man die entschiedenen Befürchtungen nicht genügend zerstreuen. Das Projekt schien zu gut fundiert. Oß hatte die Energiemenge ausgerechnet, die zur Hemmung der Erdrotation erforderlich ist. Sie ist allerdings so groß als die Strahlungsenergie, die von der Sonne in 600 Jahren zur Erde gelangt, wenn man nur die gegenwärtig den Menschen auf der Erdoberfläche zugängliche Energie in Anschlag bringt. Viel größer aber ist die Energiestrahlung unter Berücksichtigung aller Strahlengattungen. Und wenn die Martier den von ihnen aufgespeicherten Energieschatz aufbrauchten, so waren sie sicher, ihn wieder ersetzen zu können. Oß hatte eine Methode ausgedacht – er nannte sie die ›Erdbremse‹ –, wonach die Rotationsenergie der Erde selbst die Arbeitsquelle sein sollte, um eine Hemmung erzeugen, sie sollte zur Arbeit benutzt und somit die Erde durch sich selbst gebremst werden. Zwanzig Jahre genügten seiner Rechnung nach, um die Erdrotation auf das gewünschte Maß zu verringern.
    Mit besonderem Bangen sah man dem 11. Dezember entgegen. An diesem Tag fand die Opposition von Mars und Erde statt, es trat die Stellung ein, in der die beiden Planeten sich am nächsten befanden. Bei der Opposition am Ende des August vor vier Jahren war die Anwesenheit der Martier auf der Erde entdeckt worden; die Opposition im Oktober vor zwei Jahren hatte den Sieg der Antibatenpartei gebracht; so bildete man sich ein, die nächste Opposition im Dezember dieses Jahres müsse wieder durch irgendein unheilvolles Ereignis sich auszeichnen. Daß sich dieses gerade an den 11. Dezember, als den Tag der Opposition, knüpfen müsse, war ja eine Art Aberglaube; daß aber die Zeit der größten Annäherung der Planeten die günstigste für etwaige Unternehmungen der Martier gegen die Erde war, ließ sich nicht leugnen. Und so fehlte es nicht an düsteren Prophezeiungen für diesen Tag.
    Das Aufhören des Depeschenverkehrs mit dem Mars vergrößerte nun die Sorge. Man befürchtete, daß die Antibatenpartei gesiegt habe und die Unmöglichkeit, den Apparat einzustellen, auf einer absichtlichen Störung durch die Martier beruhe. Wenn das auch seitens der Union, die im Besitz der Außenstationen war, nicht zugegeben wurde, so traf man doch Anstalten, im Fall eines unerwarteten Erscheinens von Raumschiffen der Martier die Station sperren, ja im Notfall stürzen zu können. Seltsam war es gewiß, daß auch auf der Station am Nordpol, wohin man trotz des Polarwinters ein Luftschiff entsandt hatte, die Einstellung des Phototelegraphen nicht gelingen wollte.
    Inzwischen war die Entscheidung auf dem Mars gefallen. Ein aufregender Streit der Meinungen, wie er seit Jahrtausenden in der politischen Geschichte des Mars unerhört war, fand endlich seine Schlichtung. Die Beweggründe, die Ell zuletzt ins Feld führte, hatten einen durchschlagenden Erfolg. Der Plan von Oß, die Erde zu bremsen, bestand wirklich, und Ell zeigte, zu welchen unmenschlichen und verwerflichen Folgen diese wahnwitzige Unternehmung führen müsse, deren Möglichkeit außerdem durchaus fraglich sei. Und endlich deckte er einen Umstand auf, der bisher noch immer als Geheimnis behandelt worden war – die Gefahr, die den Menschen und vielleicht auch den Martiern bei einem dauernden Aufenthalt auf der Erde drohte, das Wiederaufleben der furchtbaren Krankheit Gragra. Selbst auf diese hatte Oß in einem geheimen Memorial hingewiesen als auf ein Mittel, die Menschen zu vernichten. Ell scheute sich nicht, dieses Aktenstück zu veröffentlichen. Da erhob sich eine allgemeine Entrüstung in dem überwiegenden Teil der Martier. Schon die ganze Methode geheimer Pläne und Machinationen, die den Martiern als ein bedenkliches Zeichen politischen Rückschritts
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