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Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)

Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
Autoren: Anna Frebel
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und ich vor einigen Jahren. Ziel war es, die allerersten extrem metallarmen Sterne in einigen der leuchtschwächsten Galaxien im Universum mit hochauflösender Spektroskopie zu beobachten. Denn wir wollten ihre chemischen Häufigkeiten im Detail ermitteln. Es zeigte sich tatsächlich, dass sich die Elementhäufigkeiten dieser Sterne und ihrer Gegenstücke im Halo zum Verwechseln ähnlich sind. Abbildung 11.3 zeigt den Vergleich einiger chemischer Häufigkeitsverhältnisse von metallarmen Sternen in den Zwerggalaxien mit denen der metallarmen Halosterne. Diese bemerkenswerte chemische Ähnlichkeit kann als gutes Indiz dafür angesehen werden, dass der Halo der Milchstraße wirklich aus den Sternen ehemaliger kleinerer und größerer Zwerggalaxien zusammengewürfelt wurde, da sich die zwei Sterngruppen, genau wie angenommen, wie getrennte Zwillinge verhalten. Abbildung 11.4 skizziert, wie der Aufbau des stellaren Halos der Milchstraße vor sich gegangen sein könnte und wie die metallärmsten Sterne aus den Zwerggalaxien womöglich in den Halo gelangten.

Abb. 11.3: Vergleich einer Auswahl von Elementhäufigkeitsverhältnissen von metallarmen Sternen im Halo der Milchstraße (offene Kreise) und den am schwächsten leuchtenden Zwerggalaxien. Vierecke: Sterne in Ursa Major II. Dreiecke: in Coma Berenices. Gefüllte Kreise: in Segue 1, Bootes I und Leo IV . Die Häufigkeiten aller dieser Sterne sind sich zum Verwechseln ähnlich.
    Mit nur einer Handvoll von extrem metallarmen Zwerggalaxiensternen war es uns also möglich gewesen, Beobachtungen zu liefern, die grundsätzlich mit den von den Simulationen schon länger vorhergesagten Ereignissen zur galaktischen Haloentstehungsphase übereinstimmen. Darüber hinaus zeigten vereinzelte Elementhäufigkeiten interessanterweise, dass die chemische Entwicklung auch in diesen kleinen primitiven, metallarmen Galaxien noch unregelmäßig war. Da einige dieser Sterne Metallizitäten von [Fe/H] < –3.5 haben, ist es durchaus möglich, dass sie aus Gas entstanden, das nur von den ersten Sternen angereichert wurde. Diese Sterne würden damit den chemischen Fingerabdruck der massereichen Population-III-Sterne des frühen Universums in sich tragen. Denn in jeder Galaxie muss es eine erste Generation von Sternen gegeben haben.

Abb. 11.4 : Schematische Darstellung, wie der stellare Halo der Milchstraße aufgebaut worden sein könnte. Die metallärmsten Sterne, die wir heute im Halo beobachten, kamen wahrscheinlich aus verschiedenen Arten von Zwerggalaxien, die im Laufe der Zeit von unserer Galaxie verschlungen wurden.
    Ausgeklügelte Simulationen, die sich mit der Entstehung der ersten Galaxien beschäftigen, besagen, dass die Population-III-Sterne im Universum noch vor und während des Aufbaus der ersten Galaxien gebildet wurden. Dies bedeutet, dass zumindest einige dieser ersten Sterne in den ersten Galaxien explodierten. Diese ersten Galaxien sind wahrscheinlich den überlebenden ultraschwachen Zwerggalaxien nicht unähnlich. Diese Idee wird weiterhin von der Tatsache unterstützt, dass die ultraschwachen Zwerggalaxien überhaupt keine metallreicheren Sterne mit [Fe/H]> –1.0 besitzen – die chemische Entwicklung lief also nur für sehr kurze Zeit ab. Dann war wahrscheinlich das vorhandene Gas für weitere Sternentstehung aufgebraucht.
    Nur mit besseren Simulationen und weiteren Beobachtungen wird sich herausfinden lassen, ob und inwieweit es einen Zusammenhang zwischen diesen Galaxientypen gibt. Aber der Gedanke, dass die ultraschwachen Galaxien die überlebenden ersten Galaxien des Universums sein könnten, ist doch faszinierend!
    Trotz dieser ersten Erfolge bleibt es nach wie vor sehr aufwendig, chemische Häufigkeiten einzelner Sterne in den doch relativ weit entfernten Zwerggalaxien zu bestimmen. Tief im galaktischen Halo gelegen, erscheinen diese Sterne nur noch extrem schwach, was das Spektroskopieren sehr erschwert. So dauert es eine ganze Beobachtungsnacht an einem Großteleskop wie dem 6,5 m-Magellan-Teleskop in Chile, um ein hochaufgelöstes Spektrum von ausreichender Datenqualität zu erlangen.
    Aber die Aussicht auf spannende Ergebnisse rechtfertigt den Aufwand. Wir haben inzwischen schon mehr als ein Dutzend von metallarmen Sternen in fünf verschiedenen ultraschwachen Zwergen gefunden. Jeder diese Sterne hilft uns, detaillierteres Wissen über den gesamten Sterninhalt dieser Galaxien zu erwerben, was wiederum hilft, die allgemeine Entwicklung von Zwerggalaxien besser
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