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Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens

Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens

Titel: Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens
Autoren: Peter Westrup
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in einigen Wochen in der Extremadura wieder antreffen.
    Durch die noch stillen Wohnstraßen gehe ich hinter den beiden deutschen Pilgern her, später durch Blumenwiesen auf einem Uferpfad längs eines trägen Kanals entlang, rechts liegen die seltsamen verlassenen futuristischen Gebäude der Weltausstellung Expo 92. Bald taucht vor Santiponce das Kloster San Isidro del Campo auf, eine mächtige romanische Anlage, das durch seine Wandmalereien in toskanischen Farben entzückt. Im Refektorium sind Wandfriese aus drei Jahrhunderten freigelegt: 16., 17. und 18. Jahrhundert. Die Mönche saßen auf einer Bank längs der Wand an ihren Tischen, um ihre Mahlzeiten einzunehmen. Für jeden wurde eine eigene Nische gemalt mit einer Rocaille und einem Wandspiegel oder ein Bild zwischen den Rahmen eines Gestühls. Jedes Jahrhundert hat entsprechend seinem Stil eine andere Malerei angebracht, das 16. gotisch, das 17. im Renaissancestil und das 18. barock, wobei die eine Zeit immer die andere übermalt hat, ohne sie jedoch – glücklicherweise – zu entfernen. So hat man nun bei der Restaurierung nebeneinander alle drei Stilrichtungen freigelegt, so daß wir nun sehen können, wie die gotischen Mönche, die der Renaissance und die des Barock saßen und aßen.
    Der deutsche Pilger, Gebhardt, wie ich nun erfuhr, zieht mich in den Kreuzgang, wo er eine Darstellung von Santiago entdeckt hat, die er mir aufgeregt zeigt. Es ist aber nicht Santiago, wie ich sofort erkenne, sondern der Hl. Rochus. Er hat die beiden genau so verwechselt, wie ich im Anfang auch. Man muß nämlich genau hinschauen, um die beiden auseinanderhalten zu können. Sind sie doch immer gleich gewandet, mit dem Wanderhut und der Jakobsmuschel am Hutrand, dem Wanderstock und dem braunen Umhang, der Pelerine. Rochus aber ist kein Pilgerheiliger, er ist der Heilige der Pestkranken, einer der vierzehn Nothelfer. Er lebte im 14. Jahrhundert, pilgerte 1317 nach Rom, pflegte unterwegs die Pestkranken und erkrankte auf der Rückreise bei Piacenza selbst. Einsam fieberte er in einer Hütte dahin, nur ein Engel gab ihm seelische Kraft und ein Hund versorgte ihn mit Brot. Deshalb wird Rochus immer mit entblößtem Oberschenkel dargestellt, auf der eine Pestbeule zu sehen ist, und zu seinen Füßen blickt ein Hündchen zu ihm auf mit einem Stück Brot im Maul. An diesen beiden Zeichen erkennt man nun den Hl. Rochus und kann ihn, wenn man es weiß, von Santiago unterscheiden. So haben ja alle Heiligen ihre Symbole, die den Menschen des Mittelalters vertraut waren. Da sie nicht lesen konnten, erkannten sie die Symbole und damit auch den Heiligen, zu dem sie beten wollten und der ihnen helfen sollte in ihrer Not. Wir haben diese Symbole vergessen und erkennen so die Heiligen nicht mehr, wenn sie uns nicht durch Tafeln oder Beschriftungen erklärt werden. Gebhardt war mir nicht böse, er hatte etwas gelernt.
    Aus dem heißen Dunst der Ebene erhebt sich vor mir Itálica, die alte Römerstadt auf den Hügeln über dem Guadalquivir. General Publius Cornelius Escipion ließ die Stadt 206 v. Chr. für seine Veteranen der Schlacht von Ilipa gegen die Karthager erbauen. Kaiser Trajan wurde hier 53 n. Chr. geboren, der erste römische Kaiser, der aus einer römischen Provinz stammt, sowie 76 n. Chr. Kaiser Hadrian. Die Straße säumen die bekannten Restaurants und Cafés, die die Straßen aller Sehenswürdigkeiten begleiten, vor denen in langen Reihen die bekannten Busse parken, aus denen die Touristengruppen quellen.
    Ich werde an der Pforte freundlich empfangen – Pilger sind hier wohl nicht ganz unbekannt – lasse meinen Rucksack im schattigen Häuschen und steige unter gründuftenden Pinien die steinige Straße empor auf den Hügel, auf dem Itálica liegt. Es ist heiß geworden, die Zikaden schrillen, der Himmel liegt stahlblau über den gelben Hügeln. Hinter eingestürzten, halb zerfallenen Bogenumgängen liegt das weite Rund des Amphitheaters unter der stechenden Mittagssonne. Die gut erhaltenen Ränge faßten 20.000 – 25.000 Zuschauer und machten es hiermit zu einem der größten des römischen Reiches. Ich umkreise die Elipse des Theaters auf den umlaufenden Sitzreihen, unten in der Arena umsteht eine Besuchergruppe ihren Führer, im Zentrum ist eine tiefe Grube mit Mauerpfeilern, die wohl, mit Holz abgedeckt, als Bühne benutzt wurde. Neben dem Eingangstor führen dunkle Türöffnungen in tiefe Keller, aus denen die wilden Tiere herausstürzten.
    Ich schließe die Augen und
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