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Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens

Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens

Titel: Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens
Autoren: Peter Westrup
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mich auf ein kühles Bier an die Bar und bedaure, daß ich zu spät bin zum Mittagessen, so prächtig sehen die Platten aus, die auf den Tischen verzehrt werden. Doch mittags esse ich nie, nur mein Picknick in der Natur auf der Wiese.
    Bald bin ich in Castelblanco, am Ortseingang liegt die Herberge auf einem Hügel über der Tankstelle. Groß, modern, sauber, viele der Mitpilger des Tages sind schon da. Ich verarzte meine Füße nach der erfrischenden Dusche, steche die Blase an der linken Ferse mit meiner Sicherheitsnadel auf, drücke sie behutsam ganz aus, bis kein Wasser mehr kommt und versiegele sie mit Compeed, dem Zweite-Haut Pflaster, das immer wieder so gut hilft. Nach einigen Tagen ist dann die Stelle verhornt und ich habe Ruhe für die ganze Wanderung. Dann schneide ich mit meinem Schweizer Offiziersmesser noch ein Hühnerauge weg, das ich jedesmal immer wieder an der gleichen Stelle am kleinen Zeh bekomme.
    Es ist keiner unter uns, der nicht Fußprobleme hat, manche Füße sehen grauenvoll aus, mit vielen Pflastern und Bandagen. Ich bekomme in den ersten Tagen meine bekannten Blasen, immer an den gleichen Stellen, die bald weg sind und ich dann unbeschwert laufen kann. Denke ich wenigstens im Augenblick – doch diesmal sollte es schlimmer kommen. Unter den Füßen habe ich sowieso eine dicke Hornhaut vom vielen Wandern, da habe ich nie Beschwerden wie so viele andere.
    Ich lege mich für eine Stunde in meinem Seidenschlafsack in den kühlen, dunklen Schlafraum und schlummere selig ein. Diese kleinen Schläfchen tun immer gut nach dem anstrengenden Tag und geben Kraft für den nächsten Tag. Als ich aufwache, erfahre ich die schreckliche Nachricht: Der dicke Bayer, der so interessiert nach meinem Buch fragte und so entschieden gegen den Gebrauch von Stöcken war, ist kurz nach unserem Gespräch in eine Spalte des Weges gestolpert, gestürzt und hat sich den Fuß so schlimm verdreht, daß er mit dem Krankenwagen nach Sevilla gefahren werden mußte und nun kreidebleich mit eingegipstem Fuß auf seinem Bett liegt. Das ist das Aus für seine Wanderung. Der erste Tag und schon zu Ende. Hochmut kommt vor dem Fall. „Stöcke nur in den Bergen!“ Mit Stock wäre er nicht gestürzt, zumindest hätte er sich abstützen können. Wenn man ohne Stock einmal stolpert, drückt der schwere Rucksack einen zu Boden. Mir tun beide leid – sein Freund sitzt nur neben ihm am Bett und murmelt: „Scheiße, Scheiße, Scheiße!“ Ich schlage vor, er solle doch eine Woche nach Marbella ans Meer fahren, den Fuß auskurieren und dann die Wanderung fortsetzen. Doch nein, er ist am Boden zerstört, alles Aus, Aus und Vorbei, er hat schon seinen Flug umgebucht und will nur noch nach Hause. Armer Kerl!
    Ich bin gesund. Ich bummele erfrischt und ausgeruht durch das schöne weiße Städtchen. An der Kirche auf der Plaza setze ich mich unter die Sonnenschirme auf die Straße und trinke ein eiskaltes Bier. Auf dem Kirchturm sind vier Storchennester. Die Jungen recken piepsend ihre Hälse, bis die Alten mit gefüllten roten Schnäbeln herbeigleiten und die gierige Brut füttern. Elegant kreisen die schönen, schwarzweißen Vögel um die Kirchtürme. Wenn sie auf ihren Nestern sitzen, klappern sie mit den Schnäbeln, als wollten sie ihren Jungen etwas erzählen von nassen Wiesen, Fröschen und Jagdglück. Nie wußte ich, warum sie Klapperstörche genannt werden. Bei uns in den großen Städten kennt man sie ja auch nicht mehr. Gebhard und Cäcilie kommen vorbei. Sie bleiben nicht, wir verabreden uns für heute abend zum Abendessen.
    Diese andalusischen Städtchen sind ein Traum. Nähert man sich ihnen, schwimmen sie erst wie ein weißer Klecks in der grünen Landschaft. Stunden schon sieht man sie in dem klaren, gleißenden Licht des Südens.
    Beim Näherkommen zerfließen sie in ein Gewebe von weißen Kästchen und Kuben, aus denen nur der schneeweiße Pfeil des Kirchturms in den wabernden, heißen Himmel sticht. Bald tauchen die roten Dächlein auf, ein Straßenloch öffnet sich in der weißen Stadtmauer, man schlüpft hinein in die stille Kühle der engen Gassen. Menschenleer sind sie den ganzen Tag, nur abends kurz vor Sonnenuntergang, wenn die erbarmungslose Hitze des Tages der erfrischenden Sanftheit des Abends weicht, beleben sich die Straßen mit lärmenden Kindern, schwatzenden schwarzen Weiblein auf Stühlen vor den Hauseingängen und schweigenden alten Männern auf den Bänken der Plaza.
    Die Häuser sind hoch und streng, die
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