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Auf den Schwingen des Adlers

Auf den Schwingen des Adlers

Titel: Auf den Schwingen des Adlers
Autoren: Ken Follett
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imstande war zu tun, was sie von ihr verlangt haben.«
    »Gut. Ich werde mit ihr und Madjid darüber reden.« Coburn dachte einen Augenblick lang nach. »Weißt du, Bucha hat für morgen einen Auslandsflug reserviert. Er könnte einfach verschwinden.«
    »Er sollte es wahrscheinlich sogar – sie denken ohnehin, er sei nicht hier.«
    »Du könntest das auch.«
    Paul dachte nach. Sollte er das Land verlassen? Und was würden die Iraner dann tun? Wahrscheinlich versuchen, jemand anders an seiner Stelle festzuhalten. »Nein«, sagte er. »Wenn wir abhauen, sollte ich der letzte sein, der geht.«
    »Hauen wir denn ab?« fragte Coburn.
    »Ich weiß es nicht.« Diese Frage hatten sie sich nun schon seit Wochen jeden Tag aufs neue gestellt. Coburn hatte einen Evakuierungsplan ausgearbeitet, der von einer Minute auf die andere in die Tat umgesetzt werden konnte. Paul hatte, den Finger am Abzug, immer wieder gezögert, den Startschuß zu geben. Er wußte, daß sein oberster Chef drüben in Dallas für eine Evakuierung war – aber das hieß, das Projekt, für das er sechzehn Monate lang so hart gearbeitet hatte, aufzugeben.
    »Ich weiß es nicht«, wiederholte er.
    »Ich werde in Dallas anrufen.«
    *
    In dieser Nacht war Coburn neben Liz längst fest eingeschlafen, als das Telefon klingelte.
    Im Dunkeln griff er nach dem Hörer. »Ja-aa?«
    »Paul hier.«
    »Hallo.« Coburn drehte das Licht an und sah auf seine Armbanduhr. Es war zwei Uhr morgens.
    »Wir evakuieren«, sagte Paul.
    »Na endlich.«
    Coburn legte auf und setzte sich auf die`Bettkante. In gewisser Weise war er erleichtert. Er würde zwei oder drei Tage lang alle Hände voll zu tun haben, aber danach wären die Menschen, um deren Sicherheit er sich so lange gesorgt hatte, in die Staaten zurückgekehrt und außer Reichweite dieser verrückten Iraner.
    In Gedanken ging er die Pläne durch, die er für diesen entscheidenden Moment gemacht hatte. Zuerst mußte er 130 Familien davon unterrichten, daß sie binnen 48 Stunden das Land verlassen würden. Er hatte die Stadt in Bezirke mit je einem verantwortlichen Kontaktmann eingeteilt: Die würde er nun anrufen, und ihnen oblag es dann, die einzelnen Familien zu benachrichtigen. Er hatte Anweisungen für die Evakuierung zusammengestellt, denen zu entnehmen war, wohin man zu gehen und was man zu tun hatte. Er brauchte lediglich Datum, Uhrzeit und Flugnummern einzutragen und die Blätter vervielfältigen und verteilen zu lassen.
    Er hatte einen agilen, einfallsreichen jungen Iraner ausgewählt, einen Informatiker namens Raschid, dem die Aufgabe zufallen sollte, sich um die Häuser, Autos und Haustiere zu kümmern, die die fliehenden Amerikaner zurücklassen mußten, und der ihr Eigentum peu à peu per Schiff in die USA nachsenden sollte. Er hatte einen Stab von Leuten ernannt, der mit der Logistik der Evakuierung betraut war, der also Flugtickets und den Transport zum Flughafen organisieren sollte.
    Überdies hatte er mit ein paar Leuten eine kleine Evakuierungsprobe gemacht, und alles hatte geklappt.
    Coburn zog sich an und kochte Kaffee. Vor Ablauf von zwei Stunden konnte er zwar nichts unternehmen, doch zum Schlafen war er zu besorgt und ungeduldig.
    Um vier Uhr morgens weckte er die sechs Logistiker per Telefon und beorderte sie unmittelbar nach Aufhebung der Ausgangssperre zu sich ins Bukarest.
    Die Ausgangssperre begann jeden Abend um neun und endete morgens um fünf. Eine Stunde lang saß Coburn da und wartete, rauchte, trank Unmengen Kaffee und ging seine Notizen durch.
    Als die Uhr im Flur fünfmal »kuckuck« rief, stand er schon gestiefelt und gespornt an der Haustür.
    Draußen herrschte dichter Nebel. Er stieg in seinen Wagen und schlich mit 25 km Stundengeschwindigkeit Richtung Bukarest.
    Drei Straßen weiter sprangen plötzlich sechs Soldaten aus dem Nebel und stellten sich im Halbkreis vor seinen Wagen, ihre Gewehre auf die Windschutzscheibe gerichtet.
    »O shit«, sagte Coburn.
    Einer der Soldaten war noch dabei, sein Gewehr zu laden. Er versuchte, das Magazin rückwärts hineinzuschieben, aber es klappte nicht. Er ließ es fallen, ging auf die Knie und tastete auf dem Boden danach herum. Das war so komisch, daß Coburn laut herausgelacht hätte, wäre er nicht so verschreckt gewesen. Ein Offizier schrie Coburn auf Farsi an. Coburn drehte das Seitenfenster herunter. Er zeigte dem Offizier seine Armbanduhr und sagte: »Es ist schon nach fünf.«
    Die Soldaten berieten sich untereinander. Der Offizier kam
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