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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt
Autoren: Gregory Benford
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zeigen.«
    George sagte nichts. Während die gespannte Stille noch andauerte, begann ein Vogel irgendwo im nahen Oleanderdickicht aus voller Kehle zu singen. Claire warf George einen Blick zu, und endlich verstand er und schluckte.
    »Ich habe den Eindruck, daß wir hier hinausgeworfen werden«, sagte er bitter, dann stapfte er davon. Auf dem Weg hinauf blickte er gelegentlich über die Schulter zu ihnen zurück.
    Kontos’ Ärger schien verflogen. Er schüttelte bedauernd den Kopf und murmelte: »Dieser Mann ist ein Hitzkopf.«
    »Sie waren auch nicht gerade ein Ausbund von Mäßigung.«
    Er seufzte tief. »Ich werde unter Druck gesetzt. Sie verstehen, Sie sprechen unsere Sprache, das muß Kenntnisse unserer Denkart mit sich bringen. Kommen Sie!« Er winkte ihr, und sie gingen ins Lager. »Dieses Kabel ist notwendig, um – wie sagt man? In der Diplomatie heißt es – um ein Zeichen zu setzen.«
    »Aber wem? Sie können es uns hier an Ort und Stelle sagen.«
    »Den Leuten, die Sie regieren, Claire, auch wenn Sie es nicht wissen mögen.«
    »Die Universität Boston ›regiert‹ mich nicht, Alexandros.«
    »Nein, nein. Ihre Regierung. Die Hintermänner.«
    »Eine kleine gemeinsame Ausgrabung…«
    »Man wird das Zeichen verstehen. Die Diplomatie arbeitet mit subtilen Mitteln, meine Liebe.«
    So subtil wie du? dachte Claire höhnisch, ließ sich aber nichts anmerken.
    Sie erreichten das Zelt, wo die Tonscherben sortiert wurden. Er schlug die Zeltplane am Eingang zurück und ließ ihr mit galanter Gebärde den Vortritt. Sie zogen den Kopf ein und kamen in das gelbliche, von stickiger Hitze erfüllte Dämmerlicht des Zeltes. »Mögen Sie gekühlten Tee?« fragte Claire und öffnete den kleinen Kühlschrank.
    Er nickte. »Ich hoffe, Sie verstehen, daß es sich nicht um eine Politik handelt, die ich gemacht habe.«
    »Sie waren daran beteiligt.«
    Er hob die Schultern. »Ich versichere Ihnen, ich wünsche Ihnen nichts Schlechtes.«
    »Gewiß«, sagte Claire sarkastisch, bevor ihr einfiel, daß mit dieser Reaktionsweise nichts zu gewinnen war, wie George bewiesen hatte.
    »Wahrhaftig, wie könnte ich? Nicht einer so reizenden, wunderschönen Frau! Das wäre unmöglich für einen Mann, für einen Griechen.«
    »Und alle Nichtgriechen sind Barbaren, wie?« sagte Claire. Sie schenkte den Tee ein und setzte sich an einen Sortiertisch. Tonscherben waren nach Größe, Rundung, Glanz, Farbe und Zeichnung auf der Tischplatte angeordnet. Ihr Blick schweifte wie von selbst über die Stücke hin und suchte nach Gemeinsamkeiten und zusammenpassenden Bruchkanten. Die Vergangenheit war ein Puzzlespiel, bei dem man niemals alle Stücke hatte.
    Kontos lächelte breit; diese Verlagerung des Gesprächsthemas gefiel ihm. »Was mich betrifft, ich denke nicht wie Aristoteles. Meine ausländischen Kollegen stehen mir sehr nahe.« Er bekräftigte die Worte, indem er sich an die Brust schlug.
    »Aber nicht so nahe, daß Sie sich beim Ministerium für uns eingesetzt hätten.«
    Er breitete mit vielsagender Gebärde die Hände aus. »Ein bloßer Mensch kann das Unmögliche nicht bewirken.«
    »Wie…« – beinahe hätte sie schlimm gesagt – »ist es wirklich in Athen?«
    »Die Entwicklung schreitet rasch voran. Wir haben jetzt wirklich Fortschritte gemacht.«
    »Diese Demonstrationen…«
    »Viele davon sind für uns. Einige wenige gegen uns. Aber auch jene, die heute noch auf der anderen Seite stehen, werden lernen.«
    »Wer wird sie lehren?«
    »Die Polizei, falls nötig. Sie können nicht die Straßen in Besitz nehmen und sie zu einem Forum für ihre reaktionären Stimmen machen.«
    »Die Demonstranten vor unserer Botschaft waren keine ›Reaktionäre‹, glaube ich.«
    »Ja, das war bedauerlich. Aber verständlich. Die Menschen sind erbittert.«
    »Die Tore eindrücken, Fenster zerschlagen – das Verbrennen des Sternenbanners ist heutzutage ein weltweit beliebtes Spektakel. Warum hat Ihre Polizei diese Dinge nicht verhindert?«
    »Die Polizei kann nicht überall in der nötigen Stärke präsent sein.«
    »Weil sie zu beschäftigt ist, reaktionäre Schädel einzuschlagen?«
    »Davon kann überhaupt nicht die Rede sein. Und die Ausschreitungen gegen Ihre Botschaft werden sich nicht wiederholen. Wir sind ein zivilisiertes Land.«
    »Warum fangen wir dann nicht damit an, daß wir uns an unsere Vereinbarung halten?«
    Kontos seufzte theatralisch und schlürfte seinen Tee. »Sie müssen verstehen, daß ich nur eine Stimme habe. Gleichviel…
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