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Anziehungskraft: Stil kennt keine Größe (German Edition)

Anziehungskraft: Stil kennt keine Größe (German Edition)

Titel: Anziehungskraft: Stil kennt keine Größe (German Edition)
Autoren: Guido Maria Kretschmer
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anderen Tag. Einen kleinen Frustkauf dürfen Sie sich leisten. Ein Schal oder Kugelschreiber eignet sich perfekt dafür – dabei können Sie nie etwas verkehrt machen.
     
    Die Verkäuferin
    Wenn eine Verkäuferin auf Krawall gebürstet ist, dann haben Sie genau zwei Möglichkeiten. Entweder Sie verlassen die Boutique schlagartig oder Sie versuchen es mit der direkten Art. Für Letzteres empfehle ich Sätze wie: »Seien Sie mir nicht böse, aber so unfreundlich können Sie zu Ihrem Ehemann sein, aber nicht zu mir. Könnte ich Ihre Kollegin sprechen?!«
    Ich finde es übrigens textilen Betrug, wenn schwache oder unsichere Menschen von einer dominanten Verkäuferin niedergeredet werden und Klamotten kaufen, die überhaupt nicht zu ihnen passen. Suchen Sie sich dann eine andere Verkäuferin und sprechen Sie diese einfach direkt an. Mit Sicherheit wird sie Ihnen gerne behilflich sein.

Warenkunde



Kleine Stoffkunde
    Für mich sind Stoffe nicht nur das Material, aus dem ich schneidern darf. Ich bin fast allen Materialien verfallen und könnte mir ein Leben ohne diese stofflichen Freunde nicht mehr vorstellen. Ein Stoff kann alles sein: feinstes Tuch, bestickter Lappen, gewebter Traum oder bedruckter Albtraum. Gewebe kann so vielfältig sein wie die Verwandlung in unterschiedliche Kleidungsstücke. Es gibt Kleiderstoffe, Bezugsstoffe, technisches Gewebe, mit dem man den Reichstag verhängen kann, und eine Vielzahl von weiteren Kategorien, mit denen Christonoch so einiges verpacken könnte. Kleiderstoffe sind die Partner, die unseren Körper verdecken, verhüllen, unterstützen, verzaubern und manchmal auch entblößen, obwohl wir angezogen sind.
    Das richtige Material hat auch immer mit der Jahreszeit zu tun, in der wir Textilien tragen. Der Sommer braucht Leichtigkeit, der Winter Wärme, der Herbst weiß nie so genau, ob er schon vom kühlen Wind oder doppelt aus dem Sommer erzählen soll. Gleiches gilt für den Frühling. Wer zu früh dem Sommer vertraut, hat schon oft mit kalten Beinchen und Erkältung bezahlen müssen. Kleidung ist in erster Linie Schutz vor den Witterungseinflüssen. Wer einmal mit einem Sommerkleidchen im Schnee stand, der weiß, warum ein warmer Mantel Sinn macht. Wer auf einer Südseeinsel geboren wurde, braucht ebenso Schutz wie ein rauer Wikinger aus dem hohen Norden.
    Unabhängig von den klimatischen Verhältnissen gibt es eben noch einen weiteren Aspekt, der mit Kleidung eng verbunden ist – die Scham. Das Sichverhüllen, -verpacken und -schützen vor den Blicken der Umwelt ist so elementar in uns angelegt wie die Lust, uns wieder auszuziehen. Nacktheit kann Freiheit bedeuten, solange es in einem intimen Raum passiert. In einer Saunaanlage wird Nacktsein zur Selbstverständlichkeit. Aber auch nur, weil unser Gegenüber sich hüllenlos bewegt. Sobald ein Nackter im öffentlichen Raum spazieren geht, wird er in Bayern vermutlich sofort verhaftet, auf Sylt als verirrter FKK-Tourist entlarvt, in Stuttgart in die Psychiatrie eingewiesen bzw. an einen Baum gefesselt und als Stuttgart-21-Gegner beklatscht, in Berlin vermutlich kaum beachtet und im Fußballstadion als Flitzer vom Platz getragen. Dennoch liegen die Nackerten in München im Englischen Garten und in Berlin auf der Tuntenwiese im Tiergarten. Hunderte Männer mit wehenden Bananen auf dem Rasen, sobald die Sonne das erste Grün bescheint.
    Warum manche von uns sich so gerne ausziehen, ist genauso interessant wie die Frage, warum einige sich den ganzen lieben langen Tag an- und wieder umziehen und – obwohl der Schrank schon voll ist – nie genug bekommen. Mode ist die Möglichkeit, mit Stoffen zu erzählen,was ein Pfau sagen möchte, wenn er mal eben ein Rad schlägt. Alle sagen: »Wow, kuck mal, der Pfau.«
    Kleidung ist jedoch nicht gleich Mode und schlägt nicht immer ein Rad. Die Vielzahl der Materialien ist mittlerweile so umfangreich, dass selbst die Profis nicht mit allen unterschiedlichen Qualitäten arbeiten. Genauso verhält es sich mit unserem Gusto und dem Faible für verschiedene Stoffe. Der eine liebt alles, was aus Wolle gefertigt wurde, dem Nächsten ist das kratzige Naturmaterial ein Gräuel. Der Kaschmirliebhaber mag das Material besonders deswegen, weil es ihn nicht mehr an die raue Variante aus dem heimischen Schafstall erinnert. Die eine bekommt von Polyester Ausschlag, die Nächste hat das Gefühl, sie habe ein Seidenkleid ergattert, und wundert sich, dass es so pflegeleicht ist. Leinen knittert dem einen zu viel
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