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Annas Erbe

Annas Erbe

Titel: Annas Erbe
Autoren: Horst Eckert
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gegeben. In ihrer Wohnung fühlte sich Thann inzwischen heimischer als in seiner eigenen. Es war wohlig warm. Er löschte das Licht und sah noch einmal durchs Fenster. Links und rechts der Straße parkten die Autos dicht an dicht. Kein Mensch war zu sehen. Weit reichte der Blick nicht. Der Nebel hatte sich in der Stadt festgesetzt.
    Thann konnte trotz seiner Müdigkeit nicht einschlafen. Er traute sich nicht, noch mehr Alkohol zu trinken. Er wollte einen klaren Atem haben, wenn er Eva vom Präsidium abholte. Er lag wach und ließ die ereignisreichen letzten Stunden Revue passieren. Die Rücknahme der Anzeige durch Kurz. Die gescheiterte Razzia im Belle Nuit. Kurz tot. Korfmacher tot. Eva festgenommen. Bollmann wieder da und so fest im Sattel wie je. Minister Lemke möglicherweise selbst ein Teil der Mörderbande. Junior, das ist eine Nummer zu groß für Sie.
    Mit dem Einbruch in seine Wohnung hatte der vergangene Tag begonnen.
     
    THANN, DICH MACHEN WIR ALLE!
     
    Plötzlich hörte er ein Kratzen im Schloss der Wohnungstür. Sofort war Thann hellwach. Er stand auf, drapierte das Bettzeug, als liege jemand auf der Matratze. Schnell und leise drehte er in Flur und Wohnzimmer die Birnen aus der Fassung. Er wollte im Dunkeln kämpfen.
    Noch immer hatten sie das Schloss nicht aufbekommen. Thann wählte Tommasos Nummer. Die einzige Privatnummer eines Kollegen, die er auswendig wusste.
    Vielleicht war Tommaso nicht zu Hause. Vielleicht ging seine Frau ran und legte wieder auf. Vielleicht war er sauer auf Thann wegen ihres Streits im Belle. Vielleicht gehörte er auch zu Bollmanns Bande. Oder er war auf Draht.
    Thann legte den Hörer neben den Apparat. Er hörte das Schloss aufspringen. Jetzt ging alles sehr schnell.
    Thann stand neben der Tür und war mit einer schweren Holzfigur bewaffnet. Er hörte vorsichtige Schritte im Flur, dann das Atmen eines großen, schweren Mannes dicht neben seinem Kopf. Im schwachen, diffusen Licht der Straßenlampen, das von unten durchs Fenster drang, zeichnete sich eine Gestalt ab, die sich ins Zimmer schob. Sie hob den Arm und feuerte drei Schüsse aus einer schallgedämpften Pistole auf das Bettzeug ab. Tausende von Federn flogen durch das Zimmer.
    Ein Krächzen drang aus dem Telefonhörer. Der Eindringling schoss in Richtung Telefon und fluchte. Es war Schneider.
    »SCHNEIDER IST BEI EVA KURZ!«, schrie Thann.
    Bevor die dunkle Gestalt auf ihn feuern konnte, sprang er nach vorne und hieb dem Eindringling die Figur über den Kopf.
    Doch Schneider war hart im Nehmen. Er taumelte und schoss in Thanns Richtung. Thann spürte einen Schlag gegen die Holzfigur. Er holte ein zweites Mal aus, traf aber nur Schneiders Arm. Die Pistole flog durch den Raum, die Figur hinterher. Schneider stolperte über einen kleinen Tisch, dann bekam er den Lichtschalter zu fassen. Es blieb finster. Schneider fluchte erneut. Als Thann sich nach der Holzfigur bückte, warf sich der massige Gegner auf ihn. Thanns Kopf schlug gegen ein Regal. Für einen Moment verschwamm seine Wahrnehmung. Schneider versuchte, seine Kehle zu packen.
    Es war ein Ringen um Leben und Tod. Thann spürte Schneiders schweren Atem in seinem Gesicht. Auch Thann versuchte, ihn bei der Gurgel zu erwischen, doch Schneider war schneller und kräftiger. Thann spürte die Daumen des Gegners auf seinem Kehlkopf. Mit seiner Stirn schlug er gegen Schneiders Nase. Ein Grunzen kam als Antwort. Warmes Blut tropfte auf Thanns Gesicht herab. Sein Hals war für einen Moment frei. Er versuchte, den schweren Eindringling mit dem Knie zwischen den Beinen zu treffen, doch es misslang.
    Sie versuchten beide, sich gegenseitig mit schweren Schlägen außer Gefecht zu setzen, doch der Bewegungsspielraum war zu gering. Keiner von beiden schaffte es, hochzukommen. Keiner konnte sehen, wohin er traf.
    Mit seiner rohen Kraft gewann Schneider mehr und mehr die Oberhand. Schließlich war er wieder soweit und griff Thanns Kehle an. Diesmal passte Schneider auf. Sein Gewicht presste Thann gegen den Boden und machte ihn wehrlos.
    Thann sah, wie sich die fleischigen Hände des Gegners vor seinen Augen abzeichneten. Er hielt Schneiders Handgelenke umfasst und bot alle Kraft auf, den tödlichen Griff abzuwehren. Sie zitterten und keuchten vor Anstrengung. Zwei erbitterte Kämpfer, zum Äußersten entschlossen. Schneiders dicke Daumen zielten auf den empfindlichen Kehlkopf. Thann spürte, wie seine Kräfte allmählich nachließen. Er bäumte sich noch einmal auf und versuchte
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