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Angst

Angst

Titel: Angst
Autoren: Robert Harris
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spiegelt sich ein emotionales Chaos – Zorn, aber auch eine Art wahnsinnigen Triumphes.
    In dem Maße, wie sich Furcht zu einer Seelenangst des Schreckens (oder äußerster Furcht) vergrößert, sehen wir, wie bei allen heftigen Gemüthserregungen, verschiedenartige Resultate.
    Hoffmann hat jetzt zwei Möglichkeiten. Er kann bleiben, wo er ist, und riskieren, eingeschlossen und verbrannt zu werden. Oder er kann versuchen, sich durch die Flammen bis zu den Bandrobotern durchzuschlagen, zu der Stelle, wo die Feuertreppe hinauf aufs Dach führt. Man sieht in seinen Augen, wie er die Chancen abschätzt …
    Er entscheidet sich für die zweite Möglichkeit. Die Hitze ist in den letzten Sekunden stärker geworden. Die Flammen leuchten hell. Die Plexiglasgehäuse schmelzen. Einer der Roboter hat Feuer gefangen. Er schmilzt in der Mitte durch und knickt, nur Sekunden nachdem Hoffmann an ihm vorbeigelaufen ist, nach vorn ein und kracht in den Gang. Das Eisen der Treppe ist so heiß, dass er das Geländer nicht anfassen kann. Er spürt die Hitze des Metalls durch die Sohlen seiner Stiefel. Die Treppe führt nicht auf direktem Weg aufs Dach, sondern nur ins nächste Stockwerk, das dunkel vor ihm liegt. Trotzdem kann er im purpurroten Schein der Flammen drei Türen ausmachen. Er vernimmt ein Geräusch, das sich wie ein scharfer Wind anhört, der durch einen Dachboden weht, aber er kann nicht feststellen, ob es von links oder von rechts kommt. Er hört, wie irgendwo im Dunkeln krachend ein Teil des Bodens wegbricht. Er hält sein Gesicht vor den Scanner neben der ersten Tür. Sie reagiert nicht. Er wischt sich mit dem Ärmel übers Gesicht: Vielleicht verhindert der schmierige Schweiß auf seiner Haut, dass der Sensor ihn erkennt. Aber auch jetzt reagiert die Tür nicht. Auch die zweite Tür rührt sich nicht. Die dritte öffnet sich schließlich, und er tritt in den nächsten, völlig dunklen Raum. Die Nachtsichtkameras zeigten, wie er blind an den Wän den entlangtastend nach der nächsten Tür suchte. So arbeitet er sich Raum für Raum vor, um aus dem Labyrinth zu entkommen. Schließlich, am Ende eines Gangs, öffnet er eine Tür, die zu einem Heizungsschacht führt. Wie eine hungrige Bestie stürzt sich eine Feuerzunge auf den frischen Nachschub an Sauerstoff. Er dreht sich um und rennt los. Die Flammen scheinen ihn zu verfolgen, ihr Schein, der bis zu dem glühenden Gerüst einer Treppe reicht, weist ihm den Weg. Hoffmann verschwindet aus dem Blickwinkel der Kamera. Eine Sekunde später erreichen die Flammen das Objektiv. Hier brach die Aufzeichnung ab.

    Den Menschen draußen kam das Gebäude wie ein Dampfkochtopf vor. Sie sahen keine Flammen, nur den Rauch, der aus den Nähten und Lüftungsröhren des Gebäudes drang. Und sie hörten dieses unablässige Brausen. Die Feuerwehr versuchte, die Wände aus drei verschiedenen Richtungen mit Wasser zu kühlen. Wenn sie die Türen aufbrechen würden, so der leitende Feuerwehrbeamte zu Leclerc, dann würden sie das Feuer nur mit Sauerstoff füttern. Allerdings seien auf ihren Wärmebildkameras schwarze Flecken zu sehen, die innerhalb des Gebäudes wanderten. Dort sei die Hitze weniger stark, dort könne ein Mensch das Inferno durchaus überleben. Eine Mannschaft in schweren Schutzanzügen machte sich bereit, um in das Gebäude einzudringen.
    Gabrielle und Quarry standen am Stahlzaun und beobachteten die Männer. Man hatte ihnen Decken um die Schultern gelegt. Plötzlich schoss aus dem flachen Dach des Gebäudes eine rötliche Flamme senkrecht in den Nachthimmel. Nicht die Farbe, aber die Form ähnelte den Feuerfontänen, die man sehen konnte, wenn Raffinerien ihre Abgase abfackelten. Aus dem unteren Teil der Fontäne löste sich etwas heraus. Es dauerte einige Zeit, bis sie erkannten, dass es sich um die feuerroten Umrisse eines Menschen handelte. Er sprang mit ausgestreckten Armen zum Rand des Daches. Dann sprang er und fiel wie Ikarus.

Neunzehn
    Welche Gruppen aber [in der Zukunft] zuletzt vorwalten werden, kann niemand vorhersagen; denn wir wissen, dass viele Gruppen von ehedem sehr ausgedehnter Entwickelung heutzutage erloschen sind.
    Charles Darwin
Die Entstehung der Arten , 1 8 5 9
    Es war fast Mitternacht. Die Straßen nach Les Eaux- Vives waren leer, die Rollläden der Geschäfte heruntergelassen, die Restaurants geschlossen. Quarry und Leclerc saßen schweigend auf dem Rücksitz eines Streifenwagens.
    Schließlich sagte Leclerc: »Und Sie sind sich sicher, dass wir Sie
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