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Amras

Titel: Amras
Autoren: Thomas Bernhard
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Wissenschaften ja gar nicht mehr wahrnehmbare Nekromantie war an diesem Nachmittag, der schon vom ersten Augenblick an sein letzter Nachmittag gewesen war, in seinem Gesicht gewesen, in seinem Kindergesicht … ich hatte die ganze Zeit, unter den vielen Patienten, Stunden, nur an meinen Spaziergang gedacht: Wilten, Sill, Zirkus … Hunde, Katzen, Tauben, Enten, Fasane, an die emsigen subalternen Vorstadtgeschichtemacher … dann die Patientenunterhaltung dahinter, gleichzeitig vor mir : die religiöse Gleichgewichtsstörung im fünften (oder im sechsten?) Stock … ich sah die Schwibbögen unserer Väter … Da warte ich und dort gehe ich … den Gesetzen des Lebens mich fügend, gehorchend, wohl oder übel der Anziehungskraft der Natur ausgeliefert, durch den Nachmittag, den ich liebe …

›Sätze‹ Walters
    Amras, März
    Mit mir sind ganz neue Flächen, ganz neue Kreise, ganz neue Rechtecke, mit mir ist eine ganz neue Architektur geworden .
    Die Lautlosigkeit des Gehirns …
    Die Luft dringt ein und löst auf …
    Das, woraus der Tod wäre …
    Alles Rhythmus: denkende Berge, denkende Flüsse …
    Das ganze Leben: ich will nicht ich sein, Ich will sein, nicht ich sein …
    In der antiken Darstellung stört das Menschliche .
    … daß ich aufmerksam mache …
    Die Wirklichkeit in den Zwischenräumen der Wahrheit.
    Krankheitserreger: philosophische Spitzfindigkeiten des Todes.
    Die Toten behandeln wie das Leben. Das Leben wie den Tod.
    Ich bin die Grenze, fortlaufend, der Tod.
    Der Tod ist letzten Endes nur etwas für die höheren Mathematiker.
    … so einfach ist der Tod.
    Ich stehe in einem idealen Verhältnis zu meinem Tod.
    Der ideale König. Der Ideale ist König.
    Die Generation, die nichts mehr bewundert.
    Der Kopf, der alles versteht … und dann stirbt.
    Ein großer Plan aus Furcht …
    Die Übergänge sind rätselhaft …
    Tägliche Frage: warum bin ich aus mir?
    In der Logik führen (gerade) die Zusammenhänge zu n(N)ichts.
    Geburten: Introduktionen des Aberglaubens.
    Die nachweisbar außermenschlichen Krankheiten mitten im Menschen …
    Die Gefühllosigkeit der Natur … (Fahrenheit, Celsius usf… .)

E IN S CHAUSPIELER
    Ein Schauspieler tritt in einem Märchenspiel auf, in dem er die Rolle des bösen Zauberers spielt … er wird in einen Schafspelz gesteckt und in ein Paar viel zu kurze Schuhe, die ihm die Füße zusammenpressen … das sieht niemand … er spielt vor Kindern so gern, denn sie sind das dankbarste Publikum … Die Kinder, dreihundert, erschrecken natürlich bei seinem Auftritt, denn sie sind ganz für das junge Paar eingenommen, das der Zauberer in zwei Tiere ( Kriechsäugetiere ) verwandelt, verzaubert … Am liebsten würden sie nur das junge Paar, sonst nichts, sehen, aber dann wäre das Spiel kein gutes Spiel, und um ein gutes Spiel, um ein gutes Märchenspiel, handelt es sich … zu einem richtigen guten Märchenspiel (Spiel) gehört eine böse (bös artige ), undurchschaubare Gestalt, die das Gute, Durchschaubare zu zerstören oder wenigstens lächerlich zu machen hat (trachtet). Da nun der Vorhang zum zweitenmal aufgeht (und das Spiel seinen Lauf nimmt), sind die Kinder nicht mehr zu halten, sie stürzen aus ihren Sesseln und auf die Bühne, und es ist, als wären es nicht nur dreihundert, sondern dreitausend, als wäre es eine Million … und obwohl der Schauspieler als Zauberer unter der Maske des Zauberers weint und sie anfleht, sie möchten doch mit ihren Schlägen und Fußtritten aufhören, lassen sie sich nicht beeinflussen und schlagen (mit harten, spitzen Gegenständen, Scheren und Messern) so lange auf ihn ein und trampeln so lange auf ihm herum, bis er sich nicht mehr rührt, bis er tot ist … als die anderen Schauspieler, die hinter der Bühne standen, auf ihren Auftritt wartend, ohne von der Tragödie in diesem Märchenspiel etwas bemerkt zu haben, plötzlich herbeigeeilt kommen und feststellen, daß ihr Mitspieler, ihr bester, der Zauberer, der Schauspieler als Zauberer ist, brechen die Kinder, die ihn getötet haben, in ein ungeheures Gelächter aus, das so groß ist, daß alle darin den Verstand verlieren …
    In der Natur stellt die Natur den Tod in der Zukunft dar.
    Das Natürliche, das Mechanische in der Natur.
    Kunst: Leben als Infamie.
    Religion durch Unendlichkeit, aber … sowie die Zeitalter erloschen sind, sind die Religionen erloschen …
    Die Distanz ist die kürzeste.
    Öde im Menschen, Öde in der Umwelt des Menschen, Öde …
    Wo soviel von der
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