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Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Fasners verbrecherische Umtriebe erkannt hatte, wäre es seine Pflicht gewesen, sie anzuprangern. Zumindest hätte er von seinem Amt zurücktreten sollen. Eigentlich hätte er aber mehr zu unternehmen gehabt. Er hätte Generaldirektor Fasner verhaften und vor dem Regierungskonzil des Hochverrats anklagen müssen.«
    Der Konzilsdeputierte hob während dieses Teils seiner Rede nicht die Stimme. Seine Würde und Stattlichkeit genügten vollauf, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen.
    »Aber glaubt jemand von Ihnen denn, er hätte damit Erfolg errungen? Das EKRK und die ganze Menschheit befanden sich ja in Abhängigkeit von der VMK. Holt Fasner war der oberste Boss der VMKP. Sowohl in persönlicher wie auch politischer Hinsicht hing unser Leben von seinen Entscheidungen ab. Ein Mann, der sich nicht scheut, Kaze auszusenden, hätte wohl unbekümmert Warden Dios ermordet und dem Regierungskonzil das Recht verweigert, ihn zur Rechenschaft zu ziehen. Oder er hätte einfach eine ausreichende Anzahl von uns mit Drohungen eingeschüchtert und so jede Untersuchung verhindert. Aber Warden Dios konnte die Aussicht des Scheiterns nicht ertragen. Unser Komitee ist der Meinung, daß seine Handlungen verantwortungslos gewesen sind. Gleichzeitig erachten wir sie jedoch auch als durch vollkommenen Realismus geprägt. Anstatt den mächtigsten Mann des Human-Kosmos vorzeitig und in beschränktem Umfang herauszufordern, verlegte er sich auf den gefahrenreichen Weg der Komplizenschaft. Indem er sich an Holt Fasners Verbrechen beteiligte, gewann er das Vertrauen des VMK-Generaldirektors. Und als diese Schandtaten schlußendlich groß genug, abscheulich genug waren, um sogar dieses an Fasners Gängelband hängende Regierungskonzil umzustimmen, leitete er Schritte zu ihrer Aufdeckung ein. Auf diese Weise gediehen seine eigenen Vergehen zu den Waffen, mit denen er Holt Fasners schwerwiegenderen Verbrechen ein Ende bereitete.«
    O Warden… Morn stöhnte laut auf, ohne es zu hören. Seine Name erstickte in ihrer Kehle. Gediehen seine eigenen Vergehen zu den Waffen… Im engeren Rahmen ihres Martyriums hatte sie oft das gleiche Argument benutzt, um die Entgegennahme des Zonenimplantat-Kontrollgeräts von Angus vor sich zu rechtfertigen.
    »Am schwersten zu verzeihen«, betonte Punjat Silat, »ist der Entschluß des früheren Polizeipräsidenten, eine kriegerische Konfrontation auszulösen. Meine Komiteekollegen und ich glauben in diesem Fall jedoch, daß sich die Ereignisse seiner Einflußnahme entzogen haben. Die Verwicklung der Amnion in seine geheimen Bestrebungen war unseres Erachtens eindeutig verwerflich und kann nur durch den Wunsch gerechtfertigt werden, zu erreichen, daß sein Schlag gegen die VMK nicht auch die VMKP schwächt. Allerdings konnte er nicht voraussehen, daß Morn Hyland im Bannkosmos einen Sohn zur Welt bringt und die Amnion Davies Hyland als dermaßen wichtig einstufen, daß sie für seine Ergreifung sogar einen Angriff auf die Erde wagen. Genausowenig konnte er ahnen, daß die Käptens Liebchen, während sich Morn und Davies Hyland an Bord aufhielten, Amnion-Geheimnisse entdeckt. Und er hat nichts gescheut, was in seiner Macht stand, um die Verantwortung für seine Schuld zu übernehmen. Zu dem verzweifelten, aber auch kühnen Versuch, Verhandlungen um unser aller Leben zu führen, ist er allein an Bord der Stiller Horizont gegangen. Diese Tatsache dürfen wir nicht vergessen. Es gab nicht den geringsten Grund zu der Hoffnung, jemand könnte ihn aus der Gewalt der Amnion befreien oder die Stiller Horizont durch eben die Menschen vernichtet werden, die am stärksten unter seinen Handlungen zu leiden hatten…«
    Das Schlußwort sprach Silat mit der Getragenheit eines Trauermarschs. »Unser Komitee erkennt in der Dienstausübung des früheren Polizeipräsidenten überaus ernste Verfehlungen. Dennoch empfehlen wir vollständige und uneingeschränkte Amnestie. Erlaubte unsere menschliche Sterblichkeit es uns wirklich, die Toten zu ehren, müßten wir vor Warden Dios auf die Knie sinken.«
    Das war zuviel. Ohne noch richtig zu überblicken, was sie tat, taumelte Morn vom Apparat fort. Gegen Ende der Sitzung redete Konzilsvorsitzender Len über Auszeichnungen auch für Koina Hannish und Sixten Vertigus; doch da hörte Morn endgültig nicht mehr zu.
    Vollständige und uneingeschränkte Amnestie. Für einen Mann, der sie überhaupt nicht gekannt hatte und doch genug über sie gewußt, um sie bis ins Innerste ihres Wesens
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