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Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Titel: Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost
Autoren: Michael Robotham
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Gehirnmasse und Schädelsplitter gefunden. «
    Ich habe das Gefühl, dass die Wand hin und her schwankt. Vielleicht liegt das an dem Morphium oder der stickigen Luft. Wie könnte ich so etwas vergessen?
    »Was hast du auf dem Boot gemacht?«
    »Es muss ein Polizeieinsatz gewesen sein…«

    »Nein«, erklärt er wütend und tut nicht einmal mehr so, als wären wir Freunde. »Du hast nicht an einem Fall gearbeitet. Es war kein Polizeieinsatz. Du warst allein.«
    Wir fechten ein altmodisches Blickduell aus, das ich locker gewinne. Vielleicht blinzele ich nie wieder. Die Antwort ist Morphium. Es fühlt sich verdammt gut an.
    Schließlich lässt Campbell sich wieder auf einen Stuhl sinken und greift eine Hand voll Weintrauben aus einer braunen Papiertüte.
    »Was ist das Letzte, woran du dich erinnern kannst?«
    Wir sitzen schweigend da, während ich versuche, die Fetzen eines Traums zu fassen. Bilder treiben durch meinen Kopf, erst blass, dann scharf: eine gelbe Rettungsboje, Marilyn Monroe…
    »Ich kann mich erinnern, dass ich eine Pizza bestellt habe.«
    »Ist das alles?«
    »Tut mir Leid.«
    Ich starre auf den Mullverband an meiner Hand und staune, dass ein Finger, der gar nicht da ist, jucken kann. »Woran hab ich denn gearbeitet?«
    Campbell zuckt die Achseln. »Du hattest Urlaub.«
    »Warum?«
    »Weil du eine Pause brauchtest.«
    Er lügt. Manchmal glaube ich, er vergisst, wie lange wir uns schon kennen. Wir haben gemeinsam unsere Ausbildung an der Polizeischule in Bramshill absolviert. Und ich habe ihn bei einem Grillfest vor fünfunddreißig Jahren mit seiner Frau Maureen bekannt gemacht, was sie mir nie ganz vergeben hat. Ich weiß nicht, was sie mehr empört – meine drei Ehen oder die Tatsache, dass ich sie mit einem anderen verkuppelt habe.
    Es ist lange her, dass Campbell mich Kumpel genannt hat, und seit er Chief Superintendent ist, waren wir nicht mehr zusammen Bier trinken. Er ist ein anderer geworden. Nicht besser oder schlechter, sondern einfach anders.
    Er spuckt einen Weintraubenkern in seine Hand. »Du hast
dich immer für etwas Besseres gehalten, Vincent, aber ich bin vor dir befördert worden.«
    Du bist ein Arschkriecher.
    »Ich weiß, dass du denkst, ich sei ein Arschkriecher. ( Er kann Gedanken lesen .) Aber ich war einfach schlauer. Ich habe die richtigen Kontakte geknüpft und das System für mich arbeiten lassen, statt es zu bekämpfen. Du hättest vor drei Jahren in den Ruhestand gehen sollen, als du noch die Chance hattest. Niemand hätte dir einen Vorwurf gemacht. Wir hätten dir einen großen Abschied bereitet. Du hättest dich zur Ruhe setzen, ein bisschen Golf spielen und vielleicht sogar deine Ehe retten können. «
    Ich warte, dass er noch etwas sagt. Aber er starrt mich nur an, den Kopf zur Seite gelegt.
    »Vincent, darf ich dir etwas sagen?« Er wartet meine Antwort nicht ab. »Dafür, was alles passiert ist, wirkst du ziemlich gelassen, aber ich habe das Gefühl, dass du … nun ja … dass du ein trauriger Mann bist. Aber da ist noch etwas anderes… du bist wütend.«
    Verlegenheit lässt die Haut unter meinem Nachthemd prickeln wie Hitzepocken.
    »Manche finden Trost in der Religion, andere haben Menschen, mit denen sie reden können. Ich weiß, dass das nicht deine Art ist. Schau dich doch an. Deine Kinder siehst du praktisch nie. Du lebst alleine… Und jetzt hast du dir auch noch deine Karriere versaut. Ich kann dir nicht mehr helfen. Ich habe dir gesagt, du sollst die Sache ruhen lassen.«
    »Was sollte ich ruhen lassen?«
    Er gibt keine Antwort. Stattdessen nimmt er seine Mütze und poliert mit seinem Ärmel den Schirm. Jeden Moment wird er sich mir zuwenden und sagen, was er meint. Aber das tut er nicht. Er geht einfach zur Tür hinaus und den Flur entlang.
    Meine Weintrauben sind ebenfalls weg. Die Stängel sehen aus wie abgestorbene Bäume auf einer Ebene aus zerknülltem braunem
Papier. Daneben beginnen im Korb die Blumen zu welken. Begonien und Tulpen werfen ihre Blütenblätter ab wie fette Fächertänzerinnen und streuen Blütenstaub über den Tisch. Zwischen den Stängeln steckt eine kleine weiße Karte mit einem eingeprägten Schnörkel. Den Gruß kann ich nicht lesen.
    Irgendein Schwein hat auf mich geschossen! Es sollte mir ins Gedächtnis gebrannt sein. Ich sollte es mit Worten immer wieder durchleben können wie die jammernden Opfer in den Nachmittags-Talkshows, die eine Kurzwahl für ihren Schadensersatzanwalt eingespeichert haben. Aber ich erinnere mich an
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