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Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden

Titel: Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden
Autoren: Elizabeth Peters
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Haus in Flammen stand und … Warum lachst du?«
    »Bezaubernde Erinnerungen, mein Schatz, einfach bezaubernd. Wir führen doch ein überaus interessantes Leben, oder?«
    »Zu verflucht interessant. Ich möchte nicht noch einmal eine solche Saison wie die letzte erleben.« Aus seiner Stimme klang eine Gefühlstiefe, wie man sie seinem spröden britischen Naturell nicht zugetraut hätte.
    Gleichwohl kannte ich diese Empfindungen, denn ich teilte sie. Er dachte an unseren Sohn und wie nahe wir daran gewesen waren, ihn zu verlieren.
    Seit dem Krabbelalter geriet Ramses von einem Ungemach ins nächste. In seiner Kindheit war er von Meisterverbrechern und Antiquitätenräubern entführt worden, in Grabschächte und von Klippen gestürzt … doch eine vollständige Auflistung würde den Rahmen dieser Erzählung sprengen. Inzwischen Mitte zwanzig, schien er relativ unversehrt und wohlbehalten; indes hatte die Reife seinen Wagemut nicht zu dämpfen vermocht, sodass er sich im Winter 1914/15 den allergrößten Gefahren aussetzte. Jeder wusste, dass die Türken einen Angriff auf den Suezkanal planten. Nicht gemeinhin bekannt war dagegen, dass sie, zeitgleich mit diesem Vorhaben, einen blutigen Aufstand in Kairo auszulösen hofften, der es erforderlich machen würde, Truppen von der Verteidigung des Kanals abzuziehen. Sie fanden willige Verbündete in einer Gruppierung ägyptischer Nationalisten, die zu Recht erzürnt waren, weil England ihre Unabhängigkeitsbestrebungen weit von sich wies. Kamil el-Wardani, der charismatische junge Führer dieser Gruppe, war der Gefährlichste von allen, aber es gab auch andere, die bereitwillig mit dem Feind kooperierten. Als Wardani schließlich dingfest gemacht wurde, entschieden die Behörden, seine Gefangennahme geheim zu halten und ihn durch jemand anderen zu ersetzen – jemand, der England treu ergeben war und der von den Plänen des Feindes berichtete, wie auch von den geheimen Waffenlagern der Türken.
    Es gab nur einen Menschen, der für diese Maskerade geeignet war. Ramses’ Ähnlichkeit mit den Ägyptern, mit denen er den Großteil seines Lebens verbracht hatte, und seine Fertigkeit in der zweifelhaften Kunst der Verstellung machten ihn zum perfekten Kandidaten. Unmöglich, die mit seiner Position verbundenen Gefahren herunterzuspielen: Wardanis Anhänger hätten ihn gemeuchelt, hätten sie von seiner wahren Identität erfahren; ebenso die Deutschen und die Türken, sobald der Verdacht aufgekeimt wäre, dass er ihre Pläne verriet; und da auf »Wardani« ein Kopfgeld ausgesetzt war, suchte ihn jeder Kairoer Polizeibeamte zu stellen. Ramses und David, der darauf bestanden hatte, die Gefahr zu teilen, war es gelungen, den Aufstand zu verhindern; sie waren es auch, die den Informanten der Mittelmächte an das Kriegsministerium auslieferten. Beide hatten schwerwiegende Verletzungen davongetragen, und nie werde ich die vielen unseligen Stunden vergessen, in denen ich um sie bangte.
    »Was ist mit David?«, erkundigte ich mich.
    »Hm, berechtigte Frage«, brummte Emerson. »Er ist absolut unentbehrlich für mich; es gibt keinen besseren Künstler oder Kopisten in diesem Gewerbe. Aber kann ich von ihm erwarten, dass er Frau und Kind verlässt?«
    »Nein, das kannst du nicht. Das Problem wird eher darin liegen, ihn daran zu hindern, sie zu verlassen. Er und Ramses sind wie Brüder, und David hält sich für den Einzigen, der Ramses’ Waghalsigkeit einen Riegel vorschiebt.«
    »Das kann keiner«, knurrte Emerson. »Ich hatte gehofft, die Ehe würde ihn zähmen, aber Nefret ist fast so schlimm wie er …«
    Er brach seufzend ab, da die Tür erneut aufsprang. Diesmal war es niemand anders als Nefret.
    »Ist mein Name soeben gefallen?«, fragte sie scheinheilig.
    Wie üblich war Ramses bei ihr. Ich bin ganz objektiv und ohne irgendwelche mütterliche Voreingenommenheit, wenn ich behaupte, dass sie ein überaus schönes Paar abgaben. Seine markanten Züge, der dunkle Teint und die schwarzen Locken bildeten einen faszinierenden Kontrast zu ihrem hellen Typ. Etwa 1,80 Meter groß, überragte er sie um einiges. Ihr rotgoldener Schopf reichte ihm bis ans Kinn – eine überaus angenehme Größe, wie ich ihn irgendwann einmal mit verräterisch gedämpfter Stimme hatte äußern hören, als ich eines Nachmittags zufällig ihre angelehnte Zimmertür passierte. Natürlich blieb ich nicht stehen oder schaute hinein.
    Ich nahm an, dass sie gerade von einem Morgenritt zurückgekehrt waren, da beide
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