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Amber Rain

Amber Rain

Titel: Amber Rain
Autoren: Felicity La Forgia
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verdrängen. Ich konzentriere mich wieder auf den Bildschirm. Amber Nicholas ist siebenundzwanzig Jahre alt. Ich habe sie jünger geschätzt. Ich nehme an, dass es die Unerfahrenheit in allen Belangen des Lebens ist, die sie so jung wirken lässt, kaum aus dem Teenageralter heraus. Trotzdem hätte ich es besser wissen müssen. Schon wieder überrascht sie mich. So, wie sie mich auch anfangs am Telefon verwirrt hat und ich ihr das Spiel schon abzukaufen begann. Ich lächele bei der Erinnerung. Ist sie eine von denen, die der Gedanke a n macht, von einem Mann, der älter als ihr Vater ist, verführt zu werden? Bad Luck, Baby.
    Ihre Eltern. Minnie Rain und Phoenix Amber Nicholas. Ich ahnte es. Das klingt nach Hippies, die an Straßenecken Musik machten und von dem Erlös ihre Namen in den Akten ändern ließen. Deren Geburtsdaten liegen nur achtzehn Jahre vor dem Geburtsdatum von Amber. Ich spinne den Gedanken weiter, lasse die Intuition fließen, die mir einen guten Teil meines fast schon legendären Rufs als Psychiater eingetragen hat. Minnie und Phoenix waren Teenager, die Eltern wurden. War das B a by ein Unfall? Nein, wenn Hippie-Eltern ihrem Nachwuchs einen solchen klug durchdachten Vornamen geben, der eine Karriere als Fotomodell oder Popsternchen geradezu heraufb e schwört, dann handelt es sich selten um einen Unfall. Amber Rain muss ein Wunschkind gewesen sein. Von zwei achtzehn Jahre alten Hippies.
    Ich stelle die Kaffeetasse auf die Tischplatte zurück, als mein Blick auf die Notiz fällt, dass Minnie und Phoenix am gleichen Tag gestorben sind. Ich muss nicht lange rechnen, es ist zu o f fensichtlich: Amber war elf Jahre alt, als ihre Eltern starben. Wie sie ums Leben kamen, steht dort nicht. Es ist Ambers A k te, nicht die Akte ihrer Eltern. Etwas in mir sträubt sich dag e gen, die Eintragungen zu den Eltern zu öffnen und nachzus e hen. Ich könnte es mit professioneller Neugier erklären, wenn ich es dennoch tue – eine Phobie wie die, an der Amber leidet, wird meist durch ein Trauma ausgelöst, und was ist traumat i scher als der Tod der eigenen Eltern? Ambers Akte befasst sich fast ausschließlich mit ihren psychischen Problemen. Während ihr Verhalten in den jungen Teenagerjahren noch ganz norm a ler Trauerbewältigung zugeschrieben wurde, wurde sie mit A n fang Zwanzig das erste Mal aufgrund von Panikattacken auffä l lig. Wie es so oft der Fall ist, wenn derlei Phobien unbehandelt bleiben, konnte man mit den Jahren eine deutliche Verschlec h terung der Situation feststellen. War Amber Rain Nicholas bis vor circa zwei Jahren noch in der Lage, ihr Leben mehr oder weniger uneingeschränkt zu meistern, kettet ihre Angst sie mittlerweile fast komplett an ihr Zuhause. Es ist eine kleine Praxis in Tottenham, bei der sie in Behandlung ist wenn man einen Gesundheitscheck einmal im Jahr denn als Behandlung bezeichnen möchte. Ich überfliege die Daten. Ihr Blutdruck ist im optimalen Bereich, fast ein wenig niedrig, ein häufiges Symptom bei Phobikern, die gelernt haben, sich von Orten, die ihre Angst anheizen und damit den Blutdruck hochschnellen lassen würden, fernzuhalten. Ein Blick auf den letzten Eintrag, die notärztliche Untersuchung nach ihrem Ausraster am Pi c cadilly Circus, bestätigt auch das. Dort war ihr Blutdruck g e fährlich hoch. Vor allem im Vergleich mit ihren sonstigen We r ten. Alle Blutwerte sind ideal, der Body Mass Index natürlich auch, das wundert mich nicht. Mich wundert eher, dass nicht wenigstens alle paar Jahre ein Gehirnscan durchgeführt wurde. Die natürlichen Reflexe des Körpers zu testen ist ja nun wir k lich nichts, womit man eine Phobie behandeln kann.
    Keine Hinweise auf die Todesursache der Eltern. Ich bin mir sicher, dass hier der Grundstein gelegt wurde für ein Leben in Angst.
    Ich notiere mir ihren Namen, ihre Adresse und Telefo n nummer. Dann schließe ich die Akte und fahre stattdessen das Internet hoch. Mein Lieblingsversandhaus ist in den Favoriten gespeichert. Es ist eine kleine, sehr feine Adresse in Southam p ton. Eine in die Jahre gekommene Ex-Domina betreibt diesen Internetshop. Man findet sie nicht über Google. Margaret hat eine handverlesene Kundschaft von vielleicht zwanzig Mä n nern und Frauen, die bei ihr einkaufen und die sie alle persö n lich kennt. Ich beginne, die Angebote durchzugehen, ohne auch nur eine Vorstellung davon zu haben, wonach ich suche.
    Ich könnte Margaret auch anrufen und sie darum bitten, mir etwas vorzuschlagen. Sie ist seit
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