Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Altstadtrebellen

Altstadtrebellen

Titel: Altstadtrebellen
Autoren: Andreas Giebel
Vom Netzwerk:
die Post wieder, die haben mir doch das Ganze eingebrockt!«
     
    »Ach ja, ein bisschen ein Wilder bist du schon, ich versteh dich da nicht, Simmermann, deine Arbeit hast auch aufgehört, hast so einen schönen Job gehabt, bei der Lottoannahmestelle, lauter nette Leute!«
     
    »Nette Leute, ja, denen geht’s doch auch bloß ums Geld!«
     
    »Na ja, in dem Zusammenhang sicher. Wie gefällt’s dir denn jetzt da im vierten Stock?«
     
    »Ach, eine blöde Nachbarin hab ich. Gestern schenkte sie mir einen Blumenstock. Weil ich immer so nett grüße, hat sie gesagt. Einen Blumenstock. Das macht die doch extra. Nicht einmal mehr grüßen darfst du. Muss ich mein Fensterbrett freiräumen, weil er ein Licht braucht, dann muss ich ihn gießen, nichts wie Arbeit. So was hat sie sich schon einmal erlaubt, vor zwei Wochen, da schenkte sie mir Schnittblumen, und weißt du warum, weil ich ihr im Affekt die Türe aufgehalten habe. Das passiert mir kein zweites Mal. Schnittblumen, da musst du dir eine Vase suchen, mit Wasser auffüllen, Blumen schräg anschneiden, nichts wie Arbeit, lauter Wilde in dem Haus. Heute ruft mich der vom zweiten Stock an und sagt zu mir, er würde mich gern spontan zu seiner Geburtstagsfeier einladen… Den hab ich zusammengeschissen, das kannst du dir vorstellen, der meint, ich hocke daheim mein Leben lang, und warte, dass mich spontan einer zu irgendwas einlädt.«
     
    »Jetzt hör aber auf, das ist doch eine nette Geste, Simmermann!«
     
    »Nette Geste ja, ich weiß doch, wie so was abläuft, er hat wieder was gekocht, dann muss ich was essen, dann muss ich noch sagen, danke, gut hat’s geschmeckt, komm, ich kenn doch das Ganze, und ein Geschenk will er wahrscheinlich auch noch!«
     
    »Ja freilich, wenn er Geburtstag hat, irgendwas musst du ihm schon geben!«
     
    »Ich hab ihm beim Runtergehen den Blumenstock von der Nachbarin vor die Tür gestellt, das muss reichen.«
     
    Da senkt Chosy wieder seinen Kopf: »Eheeehh, ich bin mir nicht sicher, ob das reicht, Simmermann, ich habe da mal einen Film gesehen, der hieß Waiting Room, da sa ßen alle im Zimmer, sie hatten alle ein Geschenk für den Doktor, es hat nichts genutzt, er hat sie alle zerlegt und gegessen. Es war ein Horrorfim.«
     
    Walter schluckt empört: »Das ist ja furchtbar, Chosy, so was darfst du nicht erzählen. So was Grausames, so was würde ich mir ja nie anschauen, also weißt es, Chosy, zerlegt und gegessen, ich schau mir im Fernsehen lieber was Lustiges an, da muss ich zwar nicht lachen, aber…«
     
    Da meldet sich von hinten Fred aus Hannover: »Entschuldigen Sie, wenn ich mich da ganz kurz einmische. Erst mal hallo, aber weil ich das eben gehört habe mit lustig und Humor im Fernsehen, diese Komödianten oder wie man so schön sagt, Comedians, die sind doch nur Kautabak in den Backentaschen der Medien, die werden eine Zeit lang eingespeichelt und dann irgendwann wieder ausgespuckt, so viel von meiner Seite!«
     
    »Öha, jetzt hast du aber wieder einen losgelassen, Fredl, ha?«
     
    »Ja ja, ich weiß schon, Herr Simmermann, wie Sie das meinen, aber ironisieren Sie das nicht, ich schau mir die Sendungen im Gegensatz zu Ihnen auch an. Da hat übrigens neulich einer einen Witz erzählt, wenn ich den mal kurz … also … ich fand ihn irgendwie nichts Besonderes, aber, na ja, ich erzähle ihn mal, also, da ruft ein Gast seinen Wirt privat in dessen Wohnung an und fragt ihn, du sag mal, wann sperrst du heute eigentlich deine Kneipe auf? Darauf sagt der Wirt, du weißt doch, wie immer um fünf Uhr, ja … haha…«, Fred registriert die entgeisterten Mienen seiner Zuhörer, »… ja, äh, ich bin noch nicht fertig, ja, und äh … dann sagt der Gast, das ist mir aber zu spät. Sagt der Wirt, wieso, es ist doch schon fast vier, du kannst doch bald rein, dann sagt der Gast, ich will aber nicht rein, ich will raus! Hahaha…!!«
     
    Fred bekommt aufgrund seines eigenen Witzes einen nicht mehr bremsbaren Lachanfall, der in einen erstickungsartigen Husten ausartet. Die anderen sehen ratlos auf ihre Biergläser, Chosy kapiert am allerwenigsten: »Eheehh, was ist los mit ihm, was hat er?«
     
    »Hahaha, haben Sie verstanden, ich will nicht rein, ich will raus, hahaha!«
     
    Fred erhebt sich lachend und geht auf den Stammtisch zu: »Entschuldigung, weil’s gerade so nett ist, kann ich mich einen Augenblick zu Ihnen setzen?«
     
    Die Köpfe der anderen wandern langsam in seine Richtung. Eine seltsame Stille erfüllt den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher