Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Als Mutter streikte

Als Mutter streikte

Titel: Als Mutter streikte
Autoren: Eric Malpass
Vom Netzwerk:
krank sei und ich ihm so nur von Herzen gute Besserung wünschen könnte.
    Aber auch dabei wurde ich mehrfach von meinen lieben Kranken unterbrochen. Wirklich, eine Krankenschwester konnte nicht geplagter sein. Was für Tage!
    Aber dann war Vater doch wieder sehr schnell auf den Beinen, da ich ihm Alkohol und Tabak rationiert hatte. Mutter stöhnte über ihren verstauchten Fuß. Nur Trubshaw war ernstlich krank. Er hatte Mumps. Das hatte der Doktor ausdrücklich bestätigt.
    Immerhin - die Zeit heilte alles. Auch Mutters Fuß schmerzte schließlich nur noch, wenn jemand Shepherd’s Delight erwähnte.
     

29
     
    Ich verstehe nichts von Naturwissenschaft, aber irgendwo habe ich gelesen, daß Atome oder Elektronen niemals ausruhen, sondern wie verrückt unaufhörlich durch die Weltgeschichte jagen. So ähnlich ist Mutter. Im letzten Jahr war sie rund um die Welt gefahren, hatte das Problem Chisholm und Gloria erledigt und uns von Derbyshire nach Sark verpflanzt, alles bestens abgewickelt (bis auf den Verkauf des Hauses in Shepherd’s Delight). Schließlich auch noch einen verstauchten Fuß überstanden - und jetzt, plötzlich, stand sie da, und nichts war mehr zu tun. Das konnte nicht lange gut gehen, da war ich ganz sicher.
    Mein Geburtstag fiel ausgerechnet auf einen Sonntag, und es war ein herrlicher Sommertag. Natürlich hatte mir Perse eine freche Glückwunschkarte geschickt, aber am meisten hatte ich mich darüber gefreut, daß am Tag zuvor wieder einer von Johnnies Briefen eingetroffen war. Ich hatte ihn immer und immer wieder gelesen. Er schrieb mir, wie sehr ich ihm fehlte, wie sehr er mich liebte und wie sehr er hoffte, daß ich seine Liebe erwiderte, und wie schön es sein könnte, wenn wir vielleicht noch vor dem Winter heirateten. Bis dahin werde er auch die Farm modernisiert haben. Der Brief war so rührend, daß es mir fast das Herz zerriß.
    Es war ein herrlicher Tag gewesen. Mutter und ich hatten zusammen in der bewegten See geschwommen und nachher faul im Sand gelegen, gelesen, geträumt und vergnügt geschwatzt. Ich hatte Mutter davon erzählt, daß Johnnie im Herbst die große Farm erben würde, und auch davon, daß Miss Buttle ihn so frisch und natürlich fand und wie sie mich beim Abschied gefragt hatte: «Na, wie wär’s denn mit Johnnie?» Mutter war sehr lieb, schien aber von all dem nicht besonders beeindruckt. Später saßen wir dann bei Kaffee und Kuchen zusammen, als sie zu Vater sagte: «Sag mal, Harry, findest du eigentlich, daß wir uns Viola gegenüber ganz fair verhalten?»
    «Wieso?» fragte er argwöhnisch.
    «Ja, Lieber, sie ist nun achtzehn. In ihrem Alter müßte sie Umgang mit jungen Leuten haben, und dazu hat sie hier auf dieser abgeschiedenen kleinen Insel weiß Gott keine Gelegenheit.»
    Ich horchte auf, Vater verschlug es die Sprache. «Also, nun hört sich doch alles auf! Wer hat uns denn auf diese abgeschiedene kleine Insel verschleppt?» fragte er dann vorwurfsvoll.
    «Aber Lieber, du wolltest doch unbedingt nach dieser gräßlichen Geschichte mit den Briefen Tausende von Meilen zwischen dich und Shepherd’s Delight legen. Und du bist nur zu gern mit hierhergekommen. Jeder andere wäre heilfroh gewesen, wenn ihm jemand den Abgang erleichtert hätte.»
    Vater legte die Hände auf den Tisch und lehnte sich im Stuhl zurück. «Du großer, gütiger Gott», sagte er fast ehrfürchtig, «jetzt soll ich die Briefe wohl auch noch geschrieben haben!»
    «Na, schließlich kam es ja auf das gleiche heraus, nicht wahr? Jedenfalls will ich nicht, daß meine Tochter hier versauert!» Und sie blinzelte mir dabei verständnisinnig zu.
    Mutter war wie verwandelt. Ich wußte, daß sie einen Plan verfolgte, aber ich ahnte nicht, was sie im Schilde führte.
     
    Eines Morgens, als ich zum Frühstück herunterkam, rief Mutter: «Oh, Vi, wie schön, daß du schon auf bist. Hier ist ein schrecklich interessant aussehender Brief für dich. Schnell, mach ihn auf. Er kommt von einem Rechtsanwalt.»
    Ich öffnete den Brief, las ihn, und Mutter wandte sich mir neugierig zu. «Doch nichts Schlimmes, Vi?»
    «Nein. Nein, das nicht.» Ich warf noch einmal einen Blick auf den Anfang des Briefes. «Es betrifft Miss Buttle. Sie hat mir all ihr Hab und Gut hinterlassen!»
    «Nein, das ist doch nicht die Möglichkeit! Ja, gibt’s denn so was. Wie kommt sie denn dazu?»
    «Ja, gern gemocht hat sie mich schon und ich sie auch, wenn ich auch nicht immer so nett zu ihr war, wie sie es verdient
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher