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Als Mutter streikte

Als Mutter streikte

Titel: Als Mutter streikte
Autoren: Eric Malpass
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sagte: «Ich nehme das Schiff morgen früh. Ich lasse mich nicht mehr davon abbringen.»
    Plötzlich hatte ich das Gefühl, erwachsen zu sein.
     
    Der Wecker hatte noch nicht gerasselt, draußen dämmerte es.
    Irgend jemand klopfte an die Tür. Ich richtete mich im Bett auf und knipste das Licht an. «Ja bitte!» rief ich.
    Vater, in einen grauen Hausmantel gehüllt, trat ein. Sein Haar war wirr, sein Kinn mit Bartstoppeln bedeckt. Er schlurfte zu mir ans Bett und sagte pathetisch: «Ich habe die Nacht kein Auge zugetan, Vi, fühl bloß mal meine Stirn.» Er sah mich angstvoll an. «Glaubst du, ich habe Fieber?»
    Ich legte ihm die Hand auf die Stirn. «Nein», sagte ich entschlossen.
    «Meinst du nicht?» sagte er erleichtert. «Meinst du, ich sollte vorsichtshalber ein paar Aspirin nehmen?»
    «Ich hole dir welche. Und dann mache ich dir eine Tasse Tee. Geh nur wieder ins Bett.» Und ironisch setzte ich hinzu: «Die Sonne wird auch für dich noch auf gehen.»
    «Vi - in meinem Alter ist so etwas wirklich nicht zum Scherzen», sagte er und schlurfte in sein Zimmer zurück. Als ich dann mit dem Tee kam, schlief er fest.
    Ich badete und zog mich an, schnallte meinen Koffer zu und sah noch einmal in Vaters Zimmer.
    Trübe blinzelte er mich aus den Kissen an. «Ich glaube, du mußt doch den Arzt rufen», ächzte er. «Mir ist hundeübel.»
    «Schön», sagte ich mitleidslos, «ich werde auf dem Weg zum Schiff bei ihm Vorbeigehen und ihn bestellen.»
    Er fuhr hoch. «Du wirst mich doch in diesem Zustand nicht allein lassen wollen, jetzt, wo Mutter nicht einmal nach mir sehen kann.» Ich ging hinüber zu Mutter. Sie lächelte heldenhaft. «O Liebling, noch nie bin ich über den Anbruch des Morgens so dankbar gewesen wie heute. Die ganze Nacht habe ich noch über dich nachgedacht und bin zu dem Entschluß gekommen, daß du nun eigentlich erwachsen bist und wir uns nicht mehr einmischen dürfen. Du mußt tun, was dir dein Gewissen vorschreibt.»
    «Ja, Mutter, deshalb fahre ich ja nach Shepherd’s Delight.»
    Sie schwieg einen Augenblick und fragte dann: «Du weißt, daß Vater krank ist?»
    «Das dürfte psychosomatisch bedingt sein», sagte ich.
    «So, meinst du? Ich kann mir zwar nicht vorstellen, was meine Eltern gesagt hätten, wenn ich sie so im Stich gelassen hätte. Aber ehrlich gesagt, kann ich mir auch nicht vorstellen, daß ich das fertiggebracht hätte. Freilich, die Jugend denkt heute ganz anders über diese Dinge.» Sie seufzte tief.
    «Schön, mein Liebling. Komm, gib mir noch einen Kuß.» Sie hielt mir ihre Wange hin.
    Ich küßte sie, und um sie ein wenig zu versöhnen, sagte ich:
    «Ich bringe dir und Vater noch das Frühstück und sorge dann dafür, daß Trubshaw sich wäscht und anzieht.»
    Die beiden hatten wirklich alles versucht, mich von meinem Vorhaben abzubringen, doch was es mir unmöglich machte, es durchzuführen, war die Tatsache, daß Trubshaw ausgerechnet an diesem Morgen Mumps bekommen hatte.
    «Ich habe ganz dicke Backen», sagte er stolz zu mir, als ich zu ihm ins Zimmer kam.
    Ich holte das Thermometer. Neununddreißig.
    Ich ging hinüber zu Mutter. «Na schön, du hast gewonnen», sagte ich bitter. «Trubshaw hat Mumps.»
    «Der arme Kleine, er tut mir leid, und du auch, wo du gerade fahren wolltest», sagte Mutter kläglich.
    Dann ging ich zu Vater. «Ich beziehe also meine Stellung als Krankenschwester. Ich gebe mich geschlagen. Trubshaw hat Mumps.»
    «Allmächtiger.» Ängstlich betastete er seine Wangen. «Ob er mich wohl angesteckt hat? Bei Erwachsenen kann das sehr gefährlich werden.»
    Ich ging nach unten und rief den Arzt an. Dann machte ich Frühstück für die drei und brachte die Tabletts nach oben. Dann räumte ich im Haus auf und trank selbst eine Tasse lauwarmen Tee, die Mutter übriggelassen hatte. Anschließend belud ich ein Tablett mit Mutters Make-up-Sachen, um die sie gebeten hatte. Vater verlangte seine Pfeife, Tabak und Streichhölzer, Papier und Kugelschreiber und Band III der . Dann rief er hartnäckig alle fünf Minuten, ob der noch nicht gekommen sei. Später am Vormittag brachte ich Trubshaw ein Glas Saft und meinen Eltern je eine Tasse Kaffee. Mutter wollte dann allerdings - «Wenn es dir wirklich keine Mühe macht, Liebling» - lieber Tee. Dreimal spielte ich Halma mit Trubs, ging dann in mein Zimmer und schrieb Johnnie einen Brief, schrieb ihm, daß ich ihn gern im Krankenhaus besucht hätte, hier aber alles
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