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Als Mutter streikte

Als Mutter streikte

Titel: Als Mutter streikte
Autoren: Eric Malpass
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gerufen.
    «Hallo, Viola, ich bin’s», sagte der Pfarrer. «Ich habe eben mit Johnnies Arzt gesprochen.»
    «Ja?»
    «Also, Johnnie ist wieder bei Bewußtsein, hat schon etwas gegessen und schläft jetzt ganz friedlich. Der Arzt sagt, wenn keine Komplikationen eintreten, wird er in wenigen Wochen wieder auf den Beinen sein.»
    «Oh - Gott sei Dank, da bin ich aber froh.»
    «Das sind wir alle, mein Kind.»
    «Vielen Dank, daß Sie mich angerufen haben. Meine allerherzlichsten Grüße, wenn Sie mit ihm sprechen.»
    «Deine allerherzlichsten Grüße.» Er lachte leise. «Gut. Lebwohl, mein Kind. Ich freue mich, daß ich dir diese gute Nachricht geben konnte. Ich hoffe, ihr seid dort alle wohlauf.»
    Ich ging wieder in die Halle zurück. Drei Augenpaare sahen mir besorgt entgegen.
    «Er wird wieder gesund», sagte ich. «Jedenfalls meint der Arzt das.»
    «Bringen Sie meiner Tochter einen doppelten Cognac», sagte Vater zu dem Kellner, der gerade erschienen war.
     

28
     
    Das Haus, das Onkel Rupert Mutter hinterlassen hatte, war wirklich sehr schön. Glyzinien, Klematis und Rosen umrankten es. Es glich einer eleganten älteren Dame von hoher Kultur.
    Es stand im Schutz einer Baumgruppe und nicht auf umwindetem Fels.
    Und es war warm und behaglich.
    Selbst Perse gefiel es hier. «Mensch», sagte sie, «muß ich wirklich ins Internat?» Und als wir sie dann wenige Tage später an die Anlegestelle des Dampfers brachten, sagte sie beim Abschied: «Ach Gott - ihr wißt überhaupt nicht, wie gut ihr’s hier habt.»
    Es war auch schön hier auf der Insel, das muß man schon sagen. Das offene Meer, der menschenleere Strand, die hohen Felsen und tiefen Schluchten, die grünenden Wiesen, und im Sommer, das wußte ich von Mutter, war dieses Fleckchen Erde ein einziger Blumenteppich.
    Aber auch ich konnte hier nicht bleiben.
    Mutter war beim Unkrautjäten im Garten hinter dem Haus.
    «Mutter, ich muß zurück nach Shepherd’s Delight. Ich muß zu Johnnie.»
    Sie riß heftig an einem Löwenzahn und sagte: «Wozu? Er ist nicht mehr in Gefahr. Und außerdem, Viola, war das doch nur eine Jugendfreundschaft. Dein Platz ist jetzt hier. Du wirst mir doch nicht erzählen wollen, daß es wirklich was Ernstes ist?»
    «Doch, es ist ernst, ich liebe ihn nämlich», sagte ich.
    «Also, Viola, nun hör mal, wir haben dich schließlich nicht auf die höhere Schule geschickt, damit du dein Leben zwischen Kühen und Traktoren verbringst.»
    Anschauungen hatte sie manchmal! Aber mich sollte sie nicht zurückhalten.
    Ich bestellte im Hotel ein Einzelzimmer für drei Nächte. Dann packte ich. Am nächsten Morgen wollte ich das Schiff nach Guernsey nehmen. Ich besorgte mir eine Fahrkarte und kam ruhig und sicher nach Hause.
    Vater empfing mich schon an der Haustür. «Gott sei Dank, daß du wieder da bist. Mutter hat sich den Fuß gebrochen. Herrgott, was ich aber auch alles mitmachen muß.» Er fuhr sich heftig durchs Haar.
    Wehmütig streckte sie mir die Hand entgegen. «Herzchen, wie gut, daß du wieder da bist!»
    «Aber wie ist denn das bloß passiert, Mutter?»
    «Zu dumm. Ich bin einfach ausgerutscht, auf dem Gartenweg.»
    «War denn der Arzt schon da?»
    «Aber natürlich, Kind. Ich hatte ganz wahnsinnige Schmerzen.»
    «Und was hat er gesagt?»
    «Vollständige Ruhe.»
    «Ist der Fuß denn wirklich gebrochen?»
    «Wenn nicht gebrochen, dann jedenfalls schwer verstaucht.»
    «Wirklich zu dumm», sagte ich. «Gerade jetzt, wo ich nach Shepherd’s Delight fahren will.»
    Schweigen. Dann explodierte Vater. «Also Kind, du kannst doch jetzt deine Mutter nicht im Stich lassen.»
    Mutter schüttelte gramvoll den Kopf. «Harry - wir dürfen von der heutigen Jugend nicht das Pflichtgefühl erwarten, zu dem man unsere Generation erzogen hat.» Dann sagte sie zu mir mit schwachem Lächeln: «Fahr nur, mein Kind, und amüsier dich gut. Dein Vater ist ja hier.»
    «Ja, leider Gottes, kann ich nur sagen», schimpfte Vater los. «Aber daran, daß ich meine Artikel schreiben muß, denkt wohl keiner. Du fährst mir auf keinen Fall», sagte Vater dramatisch, «sonst kannst du was erleben, sage ich dir.»
    «Mutter, du kannst vielleicht Vater etwas vormachen, aber nicht mir. Du hast das bestimmt mit Absicht getan, damit ich nicht zu Johnnie fahren kann.»
    Mutter, ganz Märtyrerin, sagte: «Vi, wenn du eine Ahnung hättest, was für Schmerzen ich habe, dann würdest du so etwas Ungezogenes nicht behaupten.»
    Ich wandte mich an Vater und
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