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Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)

Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)

Titel: Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)
Autoren: Lisa Thomsen
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Hinterteil bis zum Reißverschluss einen Riß bekam und den Blick auf das geblümte Korsett freimachte.
    »Warum geht dat nicht zu wählen? Sabotage, damit ich nicht anrufen kann, oder wie? Na wartet, bis ich mein Recht habe, dann ...«
    »Du müsst dat Telefon erst aufschließen«, sagte Frieda sanft und tippte mit dem hutzeligen Finger auf das Telefon, das Olga Zunder jedes Mal abschloss, wenn sie das Haus verließ.
    Olgas Finger zitterten. Dann suchte sie die Telefonnummer der Lottozentrale und fand sie nicht.
    »Steht hinten aufm Schein«, sagte Frieda noch sanfter.
    Endlich hatte die Tropfenwirtin die Verbindung.
    »Ich bin dat, die Wirtin Zunder ausse Düsseldorfer Altstadt. Von wo? Dat
    ist doch egal. Ich will wissen, ob man bei Ihnen mit die Zahlen oder mit 'n Namen gewinnt? Wie? Dat verstehen Sie nicht? Na, dann will ich Ihnen dat mal verklickern. Also, hörense mal zu ...«
    Sie verklickerte eine ganze Weile und begann schließlich zu schreien. »Gibt es dat?«, schrillte sie. »Da kann ja jeder von einem anderen die Zahlen nehmen, sie abschreiben und auf seinen Namen abgeben?«
    »Das kann man«, tönte es an ihr erstauntes Ohr. Unter dem Puder wurde sie bleich.
    »Und wenn dat Beschiss war?«
    »Verzeihen Sie. Dann lassen Sie sich von einem Rechtsanwalt beraten. Gnädige Frau, wir ...«
    »Rutsch mir den Buckel runter, dämliche Kuh!«, schrie Olga und knallte den Hörer auf die Gabel.
    »Wat ist?«, fragte Frieda nun nicht mehr so sanft.
    »Du Beschissmannsfrieda!«, sagte Olga vernichtend. »So haste mir die Fürsorglichkeit gelohnt? Dafür hab ich dich all die Jahre so gut bezahlt - fhf - damit ich jetzt von dir - fhf - betrogen werde. Vonne beste Freundin - beschissen ...«
    Sie heulte. Sie konnte sich das leisten, denn es ging um keinen Mann, sondern um Geld. Um eine Riesensumme, mit der sich Olga vermutlich ins Privatleben zurückgezogen und die Mädchen samt Frieda ihrem traurigen, ungewissen Schicksal überlassen hätte.
    »Für dat Geld kannste lange heulen«, sagte Frieda genüsslich. »Dat würde reichen bis an dein Lebensende!«
    »Halt die Klappe«, greinte Olga los. »Ich geh bei einen guten Rechtsanwalt. Der holt dich die Floppen unterm Hintern wieder weg. Da kannst du dich auf verlassen, du Betrügerin. Und der Lachsschinken war kein Pfund. Haste auch wat von abgefressen!«
    »Zuwiegen lassen«, gab Frieda zu. »Haste nicht gemerkt, woll? Die Paluschke ist alt und schrumpelig, aber nicht doof. Meine Nachbarin sagt, ich wäre beim Sozialamt, damit du dat weißt!«
    »Ich rufe sooofort meinen Doktor Malitzke an. Der wird dir wat erzählen!« sagte Olga tränenreich, sprang hoch, und der Riss im Kleid erweiterte sich hörbar. »Aber ich gehe nach oben, damit du meine Schtratargie nicht mitkriegst ...«
    »Strategie«, verbesserte Frieda. »So heißt dat. Hat die Dingens neulich im Fernsehen gesagt ...«
    »Pffft!« machte Olga und ging.
    »Meint ihr, die kann mir wat?«, fragte Frieda mit dem Herz in der Kitteltasche. »Mir ist auf einmal so kribbelig. Hoffentlich muss ich dat nicht büßen. Ich bin keine Türkin, die wat gewinnt, hab ich für die Frau Hacker gesagt. Und meine Zahlen waren es ja nicht ...«
    »Geh gleich auffe Bank«, riet Irmchen und unterbrach Friedas tiefsinnige Betrachtungen und die allerersten Zeichen von ehrlicher Reue. »Mach dir ein Konto bei die Bank im Bahnhof. Und schreib denen das. Und wenn du dat Geld hast, dann gehste fort mit die Floppen.«
    »Wohin denn?«
    »Spanien oder Amerika«, sagte Mimi. »Da ist es schön warm!«
    »Ach, Gottchen«, sagte Frieda mutlos. »Wat soll ich denn dort, wo mich niemand kennt?«
    »Geh erst einmal auffe Bank«, meinte Irmchen nun auch.
    »Ach Frau Paluschke«, ließ der Blinde nun vernehmen, nachdem er die ganze Zeit geschwiegen hatte. »Lassen Sie sich gratulieren. Sie haben das verdient wie niemand sonst. Sie sind eine Seele von einem Menschen!«
    »Ach«, sagte Frieda. »Dat hat er aber schön gesagt, nicht?« Das Wasser schoß ihr in die Augen. »Sie kriegen auch wat ab, Herr Kubinke, weil Sie immer so schöne Lieders gespielt haben, die wat Olga gar nicht verdient hat. Nu geh ich aber auffe Bank!«
     
    *
     
    »Ich möchte gerne ein Konto bei Ihnen aufmachen«, sagte Frieda stolz und höflich.
    »Sie?«, wurde zurückgefragt. Und dann fühlte Frieda jene tastenden Blicke, die sie nur allzu gut kannte. Man blickte sie von oben bis unten an, als überlege man, den alten, grauen Mantel in einen Persianer tauschen zu müssen.
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