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Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)

Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)

Titel: Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)
Autoren: Colin Beavan
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zwei Vorteile hat, wenn besagtes Töchterchen einem auf dem Kopf herumhüpft: Erstens merkt man sehr schnell, dass sie eine frische Windel braucht, und zweitens reduziert die Tatsache, dass man die durchgeweichte Windel ins Gesicht bekommt, die Neigung, es vor sich herzuschieben. Ich sprang also noch einmal aus dem Bett und ging ins Bad, und prompt erlitt ich innerhalb von nur zehn Minuten meine zweite Umweltkrise.
    Wiederum stand ich in einer moralischen Zwickmühle vor dem Badezimmerschrank. Dabei befand ich mich noch gar nicht in einer der Phasen, die ich als wirklich schwierig eingestuft hatte, wie zum Beispiel ohne Aufzug, Strom oder heißes Wasser auszukommen. Nein, meine Herausforderungen waren ein nasser Babypopo und eine Packung Wegwerfwindeln. Laut der Real Diaper Association machen Windeln vier Prozent unseres gesamten Mülls aus.
    Keinen Müll produzieren. Das war die erste Stufe des Experiments und vermeintlich die einfachste. Ich hatte gedacht, ich würde mich und meine Familie ganz sachte in das Ganze hineinführen. Doch ich war schon am Klopapier gescheitert. Und in diesem Moment hatte ich keine umweltschonendere Methode zur Hand, um zu verhindern, dass sich Isabellas Ausscheidungen über die gesamte Wohnung verteilten. Also griff ich nach der Wegwerfwindel.
    Es würde sich verdammt viel ändern müssen. Kurz dachte ich an die wesentlich größeren Veränderungen, die mir bevorstanden. Dann erkannte ich, dass das noch der leichtere Teil war. Mein Blick wanderte zu der zusammengerollten Gestalt auf der anderen Seite des Bettes: Michelle. Wie um alles in der Welt würde sie mit alldem klarkommen?
    Uns standen harte Zeiten bevor.
     
    Michelle war 39. Sie hatte mich unter einem Zeltdach im Woodhill Country Club außerhalb von Minneapolis geheiratet. Genau wie ich verdiente sie ihren Lebensunterhaltmit Schreiben. Vor anderthalb Jahren hatte Dr. John Pacuik Isabella aus dem Bauch ihrer Mutter geholt. Frankie, unsere vier Jahre alte Hündin, die Isabella als ihre Schwester ansah, hatten wir als Welpe aus einem Tierheim in North Carolina gerettet. Sie sah aus wie eine Mischung aus Jagdhund und Border Collie.
    Zehn Beine und ein Schwanz, so bezeichnete ich unsere Familie oft. Michelle bekniete mich ständig, daraus zwölf Beine zu machen. Eines Morgens, ungefähr zu der Zeit, als ich zum ersten Mal über das Projekt gesprochen hatte, wachte ich auf und hörte, wie Michelle ein Lied sang, das sie sich für Isabella ausgedacht hatte. »Mein letztes Ei liegt im Sterben, aber meinen Mann kümmert das nicht«, sang Michelle, und Isabella tanzte zu der Melodie wie ein Oompa Loompa durchs Wohnzimmer.
    Unser erstes Gespräch über das No Impact Project, das stattfand, als Michelle halb schlafend mit einem Buch auf dem Sofa lag, lief ungefähr so ab:
    »Schatz«, sagte ich, »ich habe da so eine Idee für ein Projekt, bei dem wir ein Jahr lang umweltschonend leben.«
    »Hmhm«, machte sie und blätterte um.
    »Es könnte ziemlich hart werden«, fuhr ich fort, »aber ich glaube, das ist es wert.«
    »Hmhm.«
    »Machst du mit?«
    Sie reagierte nicht.
    »Machst du mit?«, wiederholte ich.
    »Was? Ja, natürlich, Schatz. Gute Idee.«
    Das ist übrigens eine ausgezeichnete Methode, wie Sie Ihre Frau (respektive Ihren Mann) dazu kriegen, zu fast allem ja zu sagen. Fragen Sie sie, während sie abgelenkt ist. Wenn sie dann später ihre Meinung ändert, ist es zu spät, um noch einen Rückzieher zu machen.
    »Unter einer Bedingung«, sagte Michelle am nächsten Morgen. Sie wollte in unseren Verhandlungen über ein eventuelles zweites Kind nichts davon hören, ob das gut oder schlecht für die Umwelt sei. Sie würde mitmachen,aber nur solange es bei unserer Entscheidung, ob wir noch ein Kind haben wollten, keine Rolle spielte.
    »Einverstanden?«, fragte Michelle.
    »Einverstanden«, sagte ich.
     
    Als ich an jenem bereits vom Scheitern geprägten ersten Tag zu ihr hinübersah, war mir klar, dass nichts von dem, was ich über die bevorstehenden Schwierigkeiten gesagt hatte, bei ihr angekommen war.
    Isabella stand vor Michelles Seite des Bettes und versuchte, mit ihren kleinen Fingern die Augen ihrer Mutter aufzubekommen. »Aufwachen, Mommy, ich will meine Milch.«
    Michelle sah müde aus dem einen halb offenen Auge zu mir herüber. »Kannst du sie holen?«
    Ich tapste in die Küche, nahm die Biomilch aus dem Kühlschrank, füllte damit das Trinkfläschchen, faltete den leeren Milchkarton zusammen und öffnete die Klappe unter
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