Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Titel: Alissa 1 - Die erste Wahrheit
Autoren: Dawn Cook
Vom Netzwerk:
überlegte Alissa, ob sie Kralle suchen und sich entschuldigen sollte, doch dann entschied sie, dass sie dazu keine Zeit hatte. Sie war schon spät dran mit Bailics Tablett – wieder einmal. Doch sie brachte es nicht über sich, die Küche zu verlassen, ohne die gröbste Unordnung zu beseitigen, also griff sie seufzend zum Besen. Als die Küche wieder halbwegs ordentlich aussah, war es zu spät, um sich noch rasch umzuziehen.
    Sie versuchte, sich das Mehl vom Rock zu klopfen, während sie hastig Bailics Mahlzeit aus Brot und Käse zusammenstellte. Nicht gerade viel, aber wenn ihm das nicht passte, konnte er es von ihr aus zum Fenster hinauswerfen. Sie runzelte die Stirn, als sie das Tablett anhob. Es sah schrecklich leer aus. Sie griff nach der Kanne mit Tee, den sie gerade frisch aufgebrüht hatte, und stellte sie spontan neben seinen Teller.
    »Was für ein Durcheinander«, brummte Alissa leise, als sie die Küche verließ und den leeren Speisesaal durchquerte. Ihr Blick huschte wie von selbst zu dem Südfenster, als sie die große Halle betrat. Strell hatte wochenlang dort oben gesessen und an irgendetwas gearbeitet, doch heute war das Fensterbrett leer. Besorgnis stieg in ihr auf, doch sie verwarf sie mit einem schiefen Lächeln. Morgen war Wintersonnenwende, der Tag netter Geheimnisse und Überraschungen. Sie würde ihm nicht den Spaß verderben, indem sie ihm nachspürte. Außerdem tat sein Knöchel immer noch sehr weh. In welche Schwierigkeiten könnte er also geraten?
    Alissa stieg angestrengt lauschend die Treppe hinauf. Strell schlich ihr auf dem Weg zu Bailics Gemach oft heimlich hinterher. Im Grunde war das lieb von ihm, und sie hatte sich nie anmerken lassen, dass sie ihn wahrgenommen hatte. Doch heute begleitete sie nur das leise Flüstern ihrer selbst zusammengeschusterten Schuhe; ihr humpelnder Schatten hatte wohl anderswo zu tun.
    Argwöhnisch verlangsamte sie den Schritt, als sie sich dem obersten Treppenabsatz näherte und sah, dass Bailics Tür einladend offen stand. Alissa schob das Tablett so laut wie möglich auf den Tisch im Flur, spähte nach drinnen und wischte sich noch mehr Mehl vom Rock.
    »Äh, da seid Ihr ja.« Bailics seidig-weiche Stimme drang in den Flur hinaus. »Ich hoffe, Ihr haltet mich nicht für allzu aufdringlich, aber es ist zu Eurem eigenen Besten, glaubt mir. Kommt herein. Wir müssen uns unterhalten.«
    Alissa zog misstrauisch die Augenbrauen hoch, nahm aber das Tablett und trat über die Schwelle. Bailic wandte sich vom Fenster ab und wies auf einen Tisch und zwei Sessel. Alissa blickte nervös hinüber und stellte das Tablett stattdessen auf seine unordentliche Werkbank, wobei sie seine Sachen achtlos beiseiteschob. »Falls es um Euer Angebot geht«, erklärte sie kalt, »so habe ich nach wie vor kein Interesse.«
    Bailic kicherte, und ihre Wangen brannten. »Ich stelle Euch trotzdem noch einmal die Frage«, sagte er. »Und überlegt Euch die Antwort diesmal gut, bevor Ihr gedankenlos den Mund aufmacht. Eure geistige Gesundheit könnte davon abhängen.« Er wandte sich um, und Alissa blieb die scharfe Erwiderung im Halse stecken. Er war viel zu selbstsicher. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht.
    »Ihr bringt mir heute Nachmittag sogar Tee«, schnurrte er. »Wie schön, doch leider sehe ich keine Becher!« Die Säume von Bailics weiten Ärmeln flatterten elegant, als er herumwirbelte und in einem hohen Schrank herumkramte. »Äh, da sind sie ja«, seufzte er, als seine Fingerspitzen zwei winzige Becher berührten. »Ich wusste doch, dass ich sie noch irgendwo habe. Hübsche kleine Dingelchen, nicht wahr? So zerbrechlich und zart.«
    »Was wollt Ihr, Bailic?«, fragte Alissa argwöhnisch. Irgendetwas hatte Strell diese Woche zu schaffen gemacht. Da Alissa seine ansonsten gute Laune nicht dämpfen wollte, hatte sie es ignoriert. Nun fürchtete sie, dass Bailic es sein würde, der ihr die schlechten Neuigkeiten überbrachte. Das schien ihm großes Vergnügen zu bereiten.
    »Eure Zeit ist abgelaufen, meine Liebe.« Er nahm die Teekanne und stellte sie mitten auf den Tisch. Dann ließ er sich gewandt in einem der Sessel nieder und bedeutete ihr, in dem anderen Platz zu nehmen.
    Sie trat von einem Fuß auf den anderen. »Ich habe Euch meine Antwort schon gegeben.«
    »Oh nein!«, erwiderte er kichernd. »Ich wollte damit nicht sagen, dass Eure Zeit, mir zu antworten, abgelaufen sei.« Seine Augen wurden hart. » Eure Zeit ist abgelaufen.«
    »Das verstehe ich nicht.«
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher