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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands
Autoren: Gisbert Haefs
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mehr als fünfundzwanzigtausend Jahren stehen sie dann wieder so wie zu Beginn. Dann fängt ein Neues Zeitalter an– ein neues Großes Jahr. Ist es das?«
    Der Uralte blinzelt; langsam steht er auf. Er beginnt mit schwarzer, knarrender Stimme zu sprechen. Während er redet, berührt er auf der Zodiak-Tafel die einzelnen Sternbilder.
    » Unser kleines Jahr endet, wenn der Winter endet, im Zeichen der Fische. Das neue Jahr beginnt mit dem Widder, es ist die Zeit des Säens und des Aufbruchs, wenn die Reiher fliegen und die Schiffe segeln. Dann kommt der Stier, dann all die anderen Zeichen. Im Großen Jahr läuft der Kreis anders herum. Die letzten Weltenmonde im Großen Jahr sind Stier, dann Widder; das Neue Zeitalter beginnt im Zeichen der Fische.«
    Er macht eine Pause, scheint aber keineswegs erschöpft. Der jüngere Ägypter blickt den Hellenen von der Seite an. » Hast du verstanden?«
    Der Hellene grinst plötzlich. » Ich bin ja nur ein Händler und Seefahrer, aber mit den Sternen muß ich mich ein wenig auskennen, sonst komm ich nicht an mein Ziel. Ja, ich hab das verstanden. Ist ja nicht so schwer. Ich weiß nur nicht, was daran so unendlich wichtig ist.«
    Der Alte macht ein kratzendes Geräusch tief in der Kehle. » Du wirst hören, Hellene. Jeder Weltenmond wird beherrscht von dem Gott, in dessen Zeichen er steht.« Die Hand geht wieder zur Karte des Zodiak. » Es sind immer etwa zweitausendeinhundert unserer kleinen Jahre. Als Die Fruchtbare endete und das milde Atlantis versank, begann der Mond des Löwen, des Herrn über Feuer und Krieg; an ihn und seine Einheit mit den großen Fürsten erinnert der Sphinx. Er wurde am Ende des Großen Löwen-Monds errichtet. Dann kamen die Monde des Gepanzerten und der Göttlichen Brüder, dann der des Stiers.« Der Alte deutet auf den geköpften Apisbullen. » Nun leben wir vor dem Ende des Großen Widder-Monds, unter der Herrschaft Amûns, dessen Sohn und Gefäß der Pharao ist. In etwa zweihundertfünfzig kleinen Jahren ist das Ende der Zeit, und es beginnt ein neues Großes Jahr. Wir wissen nicht, wer der Herr der Fische sein wird. Aber wir wissen, daß der Herr des Widders bis dahin herrschen muß, wenn nicht Maats ewige Waage kippen soll.«
    Der jüngere Priester legt beide Hände flach an die Stirn. » Die Ordnung von Himmel und Erde«, murmelt er. » Und das ist der Grund, aus dem du hier bist– aus dem der Ehrwürdigste Siwah verlassen hat.«
    Der Hellene blickt zwischen beiden hin und her; insgeheim scheint er zu zweifeln, zu staunen, vielleicht zu spotten.
    Der Uralte wendet sich nun ganz dem Hellenen zu. » Seit jener, den ihr Kambyses nennt, König der Könige Persiens, Amûns heiliges Land eroberte, hat Amûn kein würdiges Gefäß mehr gefunden. Die Priester haben es gewußt; um nicht das Volk zu verwirren, haben sie die Herrscher, die nach den Persern kamen, als Söhne Amûns begrüßt. Ein wenig war der Gott immer anwesend. Nun hat er sich ganz von uns zurückgezogen.«
    Der Hellene blinzelt. » Ammon, der Zeus ist? Er hat Ägypten verlassen? Auch Siwah?«
    » Wir ergründen seinen Willen– wir ertasten sein ka. Aber er hat kein Gefäß mehr im Reich. Sein Wille hat sich nach Norden gewandt, nach Hellas. Dort wird sein neues Gefäß geboren, sein nächster Sohn, ein Herrscher. Er wird geboren im Zeichen von Feuer und Krieg, im Zeichen des Löwen.« Der Alte streckt die Arme aus und intoniert die letzten Sätze beinahe singend. » Dann wird er kommen, die Waage zu stützen, die Perser zu werfen, Amûn zu erfüllen.« Er bricht ab, starrt den Hellenen an. » Alles muß bereitet werden. Geh, Bruder; zeig es ihm.« Er richtet noch ein paar Worte in Ägyptisch an den anderen Priester; dann sinkt er wieder zu einer sitzenden Figur zusammen.
    Der jüngere Ägypter berührt den Ellenbogen des Hellenen. » Komm.«
    Sie gehen hinaus in die Nacht. Der Himmel ist ein gleißendes Sternenmeer. Der Ägypter deutet auf das Sternbild des Widders.
    » Ammon und Zeus.« Er nestelt unter seinem Umhang und holt ein Amulett hervor: das Horos-Auge in der Schlaufe des ankh. Der Hellene hält die offene Hand hin und nimmt es entgegen.
    » Geh nach Dodona und nach Samothrake. Sie müssen wissen– wenn sie es nicht schon selbst erkannt haben. Sag, was du gehört hast, und zeig ihnen das Auge.«
    Der Hellene hängt sich das Amulett um den Hals. Zögernd sagt er: » Aber– werden sie das Gefäß des Gottes erkennen? Und werden sie mir glauben?«
    » Sie werden glauben, weil
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