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Agentur der boesen Maedchen

Agentur der boesen Maedchen

Titel: Agentur der boesen Maedchen
Autoren: Lotte Kinskofer
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ich vielleicht einen Termin buchen müssen, um dich überhaupt noch zu Gesicht zu bekommen.«
    Ricarda nickte.
    »Am Montag, zum Beispiel, kommt eine Frau, die hat Probleme mit ihrer Kollegin. Und am Dienstag halte ich einen Vortrag zum Thema: Schwierigkeiten im Beruf – Kann man Lösungen üben? Am Mittwoch spreche ich mit zwei Frauen, die nicht wissen, wie sie ihren Typen beibringen sollen, dass sie sich scheiden lassen wollen; ich glaube, ich schicke sie mit Franz zum Essen. Und am Donnerstag …«
    Ralf winkte resigniert ab.
    »Ich weiß, ich weiß. Am Freitag frühstücken wir vielleicht zusammen.«
    »Du hast mich fast die ganze Woche los.«
    »Das ist mir zu viel.«
    Hannes wandte sich mir zu. Seine Stimme wurde leiser. »Bist du auch so ausgebucht?«
    »Nein.«
    »Gehst du morgen Abend mit mir aus?«
    »Ja.«
    Hannes lachte. Ich musste nachfragen.
    »Was ist daran so komisch?«
    »Die konventionell richtige Antwort lautet: Ja, gerne, oder: Oh, schön! Allmählich erkenne ich dich wieder. Ja, kurz und knapp, das ist Eva. Es ist das Netteste, was du sagen konntest.«
    Ich nickte.
    »Stimmt. Ich habe es wirklich nett gemeint.«
    »Angekommen.«
    Clara und Jens gesellten sich zu der Gruppe, um ihre Beziehungserfahrungen einzubringen.
    Mir war das Gesülze schon lange zu viel. Ich stellte kurz mein Glas ab und flanierte durch den Raum. Ich war ja selten hier gewesen, aber es war doch ein Abschied. In einer Ecke standen Karl-Heinz und Ferdinand und redeten unaufhörlich aufeinander ein.
    »Und dann habe ich ihr einfach gesagt, dass ich ausziehe.«
    »So einfach?«
    »Nein, Annette hat mir geholfen. Als meine Mutter sah, dass andere Leute eine gute Meinung von mir haben, da war schon viel gewonnen.«
    »Meine Alten ändern sich nie.«
    »Nach dem, was du erzählst, wundert mich das auch nicht. Solange man selbst unentschlossen ist, geht da gar nichts.«
    Ich ging zurück und tupfte Annette an.
    »Dein Lieblingsschüler erklärt deinem Cousin, wie man sich von seinen Eltern löst. Es ist wunderbar.«
    Annette begleitete mich, und wir stellten uns zu den beiden Männern dazu. Ferdinand war immer noch der große Helfer.
    »Warum ziehst du nicht endgültig aus? Du bist doch wahrlich alt genug.«
    »Das ist alles so teuer.«
    »Aber du hast doch jetzt Arbeit.«
    »Ja, sicher. Buden sind so teuer. Und bei Ricarda kann ich auch nicht mehr wohnen.«
    »Du sollst nicht von den Eltern zur Tante, du sollst auf eigenen Füßen stehen.«
    Annette mischte sich ein.
    »Eigentlich bist du ein klarer Fall für die Agentur, Karl-Heinz. Sei froh, dass Ferdinand sein Wissen kostenlos weitergibt.«
    Ferdinand war Feuer und Flamme.
    »Das tue ich gern. Und wenn das nicht reicht, dann kannst du ja Annette mieten und zu deinen Eltern fahren.«
    Annette lachte.
    »Miete lieber Ricarda oder Eva. Und dann wollen wir mal sehen, ob deine Eltern wirklich nicht loslassen können, wenn du das willst. Wo wohnst du jetzt, Karl-Heinz?«
    »Im Gartenhäuschen der Gärtnerei. Sie haben mich fest angestellt. Aber ich suche mir jetzt ein Zimmer.«
    »Reicht das Geld?«
    Karl-Heinz zog eine Grimasse.
    »Ich habe ja noch einen Nebenverdienst. Ricarda setzt mich nächste Woche wieder zweimal als Begleiter ein. Die Frauen wollten unzugängliche Typen.«
    »Na, das passt doch wunderbar.«
    »Danke.«
    Alle lachten. Karl-Heinz sah in seiner gespielten Verzweiflung zu komisch aus. Gero kam hinzu.
    »Annette, du hast doch deine Tanzkenntnisse aufgefrischt.«
    »Ja, mit Ferdinand.«
    »Na, dann mach doch mal ein bisschen Musik.«
    Annette legte eine CD ein aus ihrer besten Zeit, den Neunzigern, und tatsächlich wagten Ferdinand und sie eine kleine Showeinlage. Die Stimmung lockerte sich beträchtlich. Endlich war nicht mehr von den großen Problemen die Rede. Schließlich mussten alle mal ran, selbst Karl-Heinz. Unser jüngstes Paar schob verliebt über die freie Fläche, Ricarda gab einige Kunststücke zum Besten, die an Akrobatik grenzten und ihren jeweiligen Tänzer massiv überforderten. Und Hannes und ich vereinbarten, nächstes Wochenende zum Tanzen zu gehen. Wir hatten es tatsächlich beide noch nicht verlernt. Es war etwa drei Uhr früh, als wir die Herren an die Luft setzten. Wir Frauen wollten noch etwas unter uns sein. Ralf zog ein langes Gesicht, Clara ging lieber mit Jens, die anderen verabschiedeten sich, ohne größere Emotionen zu zeigen. Die nächsten Treffs waren ja schon vereinbart.

Annette   »Was machen wir jetzt?«
    Ricarda war ratlos,
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