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Agentur der boesen Maedchen

Agentur der boesen Maedchen

Titel: Agentur der boesen Maedchen
Autoren: Lotte Kinskofer
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und Jens so schön sagten.«
    Hannes dachte kurz nach, kaute intensiv und schluckte.
    Er nahm sein Glas, grinste und beugte sich über den Tisch.
    »Eva, darf ich bei Gelegenheit mal wieder in deinem Haus den wilden Mann markieren?«
    Ich hob mein Glas.
    »Prost, Chauvi.«
    »Prost, Emanze.«

Annette   Ich war so groß und stark und toll. Die Doktorarbeit hatte ich abgegeben, mit meinem neuen Chef über den Vertrag und die Seminarthemen für das kommende Semester gesprochen. Jetzt brauchte ich nur noch jemanden, mit dem sich gut feiern ließ. Ich dachte an Eva und an Ricarda, aber an den, der mir in letzter Zeit nahe war, dachte ich nicht. Gero kam mir erst in den Sinn, als er zur Türe hereinkam. Seine Leidensmiene nervte mich sofort, als ich ihn ansah; ich wusste, dass es mit der guten Stimmung jetzt vorbei war. Meine Ankündigung, ich hätte wahrscheinlich bald einen neuen Job an der Uni, nahm er wenig begeistert auf, dafür aber kam er ohne Umschweife schnell zur Sache.
    »Annette, ich denke, wir sollten miteinander reden. Ich halte das nicht mehr aus.«
    »Wie meinst du das?«
    Gero ging auf und ab, ich blieb hinter meinem Schreibtisch sitzen, das gab mir etwas Sicherheit. Denn in Wirklichkeit wusste ich ziemlich genau, wie er das meinte. »Wir sehen uns kaum noch, du hast für alles und jeden Zeit außer für mich.«
    »Aber Gero, ich bin eine berufstätige Frau, ich habe gerade meine Doktorarbeit fertiggeschrieben, ich hatte wirklich genug um die Ohren.«
    »Das hattest du auch, als wir uns kennenlernten. Irgendetwas ist anders, und es wäre mir lieber, wenn du es sagen würdest.«
    »Gero, ich habe im Augenblick eben nicht viel Zeit. Und es wird nicht besser, wenn du immer jammerst.«
    »Tut mir leid, aber ich habe das Gefühl, das ist das Einzige, was mir noch übrig bleibt, den besseren Zeiten hinterherzujammern.«
    »Hast du so weit mit deinem Leben schon abgeschlossen?«
    Gero bekam diesen bitteren Zug um den Mund, den ich nicht besonders mochte. Schon gar nicht, wenn er mit mir zu tun hatte. Ich fühlte mich inzwischen auch nicht mehr so besonders. Ich sollte ihm die Wahrheit sagen, aber das war gar nicht so leicht, vor allem, weil Gero jetzt wieder Schuld auf sich nahm und auf meine Lossprechung wartete.
    »Gut, gut, ich habe einiges falsch gemacht. Du willst dich nicht mit mir auf eine einsame Insel zurückziehen und meinen Lebensabend verschönen, das habe ich verstanden. Es tut mir auch leid, dass ich bei dem Managerseminar so eifersüchtig reagiert habe.«
    »Das war wirklich albern.«
    »Ja, aber das habe ich schon öfter bereut, und jetzt muss es auch mal reichen.«
    »Ja.«
    Es stimmte. Gero bedauerte seinen Fehler bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Aus dem selbstbewussten Gesprächspartner und Liebhaber war ein Häufchen Elend geworden. Irgendwie war er nicht mehr der Mann, den ich so bewundert, der mich so liebevoll getröstet hatte. Konnte man ja auch nicht erwarten. Aber er hatte wohl recht: Auch ich hatte den Eindruck, dass unsere gemeinsame Zeit vorbei war, obwohl ich nicht genau erklären konnte, was passiert war. Also nahm ich meinen ganzen Mut zusammen.
    »Gero, du hast recht. Etwas ist anders. Ich kann es dir nicht beschreiben. Vielleicht passen wir nicht zusammen. Vielleicht habe ich im Moment auch nicht den Nerv für Beziehungsstress. Ich sehe dich gerne, ich möchte gerne etwas mit dir unternehmen, aber alles andere lassen wir lieber bleiben.«
    Gero schwieg lange. Er ging zum Fenster und sah hinaus – eine gute Methode, sich nicht ins Gesicht schauen zu lassen. Ich machte das auch immer. Seine Stimme klang nicht besonders klar.
    »Habe ich etwas falsch gemacht?«
    »Nein, aber ich habe mich verändert.«
    »Deine Gefühle haben sich verändert. Du liebst mich nicht mehr.«
    »Von Liebe war nie die Rede.«
    Das war offenbar eine Nummer zu hart. Es war mir auch nur so rausgerutscht. Gero fuhr herum, wie von der Tarantel gestochen. Dann riss er die Tür auf, stürmte hinaus, weg war er. Mir war gar nicht gut. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich nicht Opfer, sondern Täterin. Das änderte die Geschichte sehr. Mir wurde nicht wehgetan, ich tat weh. Ich fand das Gefühl nicht besonders gut, aber ich habe es in der Vergangenheit auch nicht genossen, ausgemustert zu werden. Allmählich stellte sich eine Art Erleichterung ein. Ob ich mit Gero freundschaftlich würde umgehen können, müsste sich noch zeigen. Aber erst einmal hatte ich meine Ruhe. Ich würde niemandem mehr
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