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Aelita

Aelita

Titel: Aelita
Autoren: Alexej Tolstoi
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explodierenden Treibpulver war leer.
    »Na, schon gut«, sagte Gussew mit halblauter Stimme.
    Er stieg wieder aus dem Boot, steckte sich den Knüppel hinten in den Gürtel, hob Losj heraus. »Gehen wir, Mstislaw Sergejewitsch«, er legte ihn sich über die Schulter und machte sich auf den Weg, bis an die Knöchel in dem sandigen Boden versinkend. Er ging lange. Als er an einen Hügel kam, legte er Losj auf die halbverwehten Stufen einer Treppe, warf einen Blick auf die einsam im Sternenschein auf dem Gipfel des Hügels stehende Säule und legte sich in den Sand, mit dem Gesicht nach unten. Eine tödliche Ermattung rauschte in seinem Blut.
    Er wußte nicht, wie lange er so ohne Bewegung dagelegen hatte. Der Sand kühlte seinen Körper aus, das Blut begann zu stocken. Da setzte sich Gussew auf, verzagt hob er den Kopf. In geringer Höhe über der Wüste stand ein rötlicher, düsterer Stern am Himmel. Er war wie das Auge eines großen Vogels. Gussew schaute auf ihn und riß den Mund auf.
    »Die Erde.« Mit einem Ruck nahm er Losj auf die Arme und rannte los, auf den Stern zu. Er wußte jetzt, in welcher Richtung er zu gehen hatte, um den Apparat zu finden.
    Mit pfeifendem Atem, schweißtriefend, setzte Gussew in riesigen Sprüngen auf seinem Wege über die Gräben, aufschreiend vor Zorn und über Steine stolpernd; er lief und lief – vor den Augen nichts als den nahen dunklen Horizont der Wüste. Ein paarmal legte er sich mit dem Gesicht auf den kalten Sand, nur um wenigstens mit der feuchten Ausdünstung des Bodens die ausgedörrten Lippen zu erfrischen. Dann nahm er den Gefährten wieder hoch und schritt von neuem weiter, immer wieder aufblickend zu den rötlichen Strahlen der Erde. Sein Schatten bewegte sich einsam durch den Weltenfriedhof.
    Als scharfe Sichel ging die abnehmende Olla auf. Gegen Mitternacht erschien auch der runde Mond Litcha – sein Schein war sanft und silbern, doppelte Schatten legten sich jetzt über den gewellten Sand. Die beiden merkwürdigen Monde zogen über das Firmament – der eine aufsteigend, der andere in der Abnahme begriffen. In ihrem Lichte verblaßte der Talzetl. Weit in der Ferne erhoben sich die eisigen Gipfel von Lysiasira.
    Die Wüste endete nun. Es war kurz vor der Morgendämmerung. Gussew war bei den Kaktusfeldern angelangt. Mit einem Fußtritt warf er eine der Pflanzen um und sättigte sich gierig an ihren bebenden fleischigwässerigen Blättern. Die Sterne verloschen. An dem lilafarbenen Himmel traten rosige Wolkenränder hervor. Und da vernahm Gussew ganz deutlich in der Stille des Morgens ein monotones metallisches Klopfen, etwa wie das Aufschlagen von eisernen Walzen.
    Gussew begriff sehr bald, was das zu bedeuten hatte: über das Kaktusdickicht ragten die drei gitterförmigen Masten seines Verfolgers, des Militärluftschiffes. Die Aufschläge kamen von dort her: die Marsianer waren dabei, den Apparat zu zerstören.
    Gussew rannte, gedeckt von den Kaktusgewächsen, weiter und erblickte zugleich das Luftschiff und daneben den riesigen verrosteten Buckel des Flugapparats. Zwei Dutzend Marsianer schlugen mit großen Hämmern auf seine genietete Außenhülle ein. Offenbar hatten sie eben erst mit ihrer Arbeit begonnen. Gussew legte Losj in den Sand und zog seinen Knüppel aus dem Gürtel. »Ich werde euch, ihr Hundsfötter!« schrie er kreischend mit sich überschlagender Stimme und sprang hinter den Kaktusbüschen hervor. Er lief auf das Luftschiff zu und zerschmetterte mit einem Hieb des Knüppels einen der metallenen Flügel, schlug einen Mast um und trommelte gegen die Bordwand, als wäre sie ein Faß. Aus dem Innern des Luftschiffes sprangen Soldaten heraus. Sie warfen ihre Waffen weg, kollerten wie Erbsen vom Deck herunter und zerstreuten sich fliehend nach allen Seiten. Im Nu war das ganze Feld leer, so groß war das Entsetzen vor dem allgegenwärtigen, unverwundbaren Sohn des Himmels, dem auch der Tod nichts anhaben konnte.
    Gussew schraubte die Luke auf und schleppte Losj hinein; beide Söhne des Himmels verschwanden im Innern des Eies.
    Die Lukentür schlug zu. Und da erblickten die Marsianer, die sich im Kaktusdickicht verborgen hatten, ein ungewöhnliches und erschütterndes Schauspiel.
    Das riesige, mit Rost bedeckte Ei, groß wie ein Haus, begann zu dröhnen, unter ihm erhoben sich braune Wolken von Staub und Rauch. Der Tuma erzitterte bei diesen furchtbaren Schlägen. Mit Geheul und Donnergetöse bewegte sich das gigantische Ei hüpfend über das Kaktusfeld.
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