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Achtzig Gedichte

Achtzig Gedichte

Titel: Achtzig Gedichte
Autoren: Georg Trankl
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Herzen – sie sind es,
die das Leben durch die Zeiten wälzen.
Die Dämonen, die die poetische Welt Trakls bevölkern, verkörpern nicht nur die psychische Gefährdung dieses Dichters, sie repräsentieren zugleich eine geschichtliche Gefahr: Das
infernalische Chaos
droht nicht nur in der Seele Trakls.
Wilde Wölfe brachen durchs Tor
, schreibt er in seinem Gedicht
Im Osten.
Grodek und Krakau liegen nicht weit von Auschwitz, räumlich und zeitlich. So ist der Herbstabend in diesen Gedichten nicht nur der Abend eines schwermütigen, selbstmordgefährdeten Dichters – er bezeichnet ein Stadiumder Menschheitsgeschichte. Das Lied Trakls ist ein
Abendländisches Lied
, seine
Dämmerung
meint eine «Menschheitsdämmerung» – dies war der Titel der berühmten, von Kurt Pinthus 1920 herausgegebenen Anthologie expressionistischer Dichtung.
    Den Dichter Georg Trakl quält ein Sündenbewußtsein, das christlich zu nennen ist. Aber kein christlicher Gott kann die Schuld von ihm nehmen – diese Glaubensgewißheit ist verloren:
Gottes Schweigen/Trank ich aus dem Brunnen des Hains.
Nietzsche hatte den Tod Gottes verkündet, hatte Dionysos gegen den Gekreuzigten gestellt; Trakl hat seine Schriften mit Begeisterung gelesen. An die Erlösung, die das Evangelium verspricht, kann er nicht mehr glauben: Sieht Trakl dann überhaupt noch einen Weg, der aus seiner Hölle herausführt zum
Frieden der Seele
?
    Der Weg, der bleibt, ist der Weg der Dichtung. In einem Gespräch mit Ludwig von Ficker, unmittelbar vor dem Abrücken ins Feld, bezeichnete Trakl sein Gedicht als eine
unvollkommene Sühne.
Schon früher hatte er ausgesprochen, der Dichter müsse sich, wie Christus,
ganz darangeben
, er müsse sich
verbluten an seine Stoffe.
Trakl nimmt seine Schuld auf sich und geht als Dichter den Weg der Sühne, einen Passionsweg, um sich am Kreuz zu «verbluten», sich daranzugeben als Opferlamm. In vielen seiner Gedichte ist von dieser
Passion
des Dichters die Rede. Der wilde Jäger, der Schuld auf sich geladen hat, wird zum Märtyrer, er verwandelt sich in eine Christusgestalt, einen Sebastian; er wird zu einem
sanften Wild
auf dem Altar der Sühne. Der
bleiche Priester der Wollust
schlachtet als Opferlamm sich selbst:
Du, ein blaues Tier, das leise zittert; du, der bleiche Priester, der es hinschlachtet am schwarzen Altar.
Als eine
Blume
hatte Trakl sein Lied bezeichnet; es ist zugleich das Blut, das aus der Kehle des Opfertiers auf dem Altar fließt:
O, das Blut, das aus der Kehle des Tönenden rinnt,/Blaue Blume; o die feurige Träne/Geweint in die Nacht.
Nach dem Tod Gottes tritt das Gedicht an die Stelle des Gebets; die Erlösung von den Dämonen, von der Hölle imHerzen ist die Aufgabe des Dichters selbst. Der Weg zum Frieden der Seele führt über die Schmiedekunst des Dichters:
    Aber stille blutet in dunkler Höhle stummere Menschheit,
Fügt aus harten Metallen das erlösende Haupt.

LITERATUR
    Georg Trakl, Dichtungen und Briefe. Historisch-kritische Ausgabe. Hg. v. Walther Killy und Hans Szklenar. 2 Bde. Salzburg 1969.
    Erinnerung an Georg Trakl. Zeugnisse und Briefe. Hg. v. Hans Szklenar. Innsbruck, 3. erw. Aufl. 1966.
    Otto Basil, Georg Trakl in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek bei Hamburg 1965. (rowohlts monographien 106)
    Christa Saas, Georg Trakl. Stuttgart 1974. (Sammlung Metzler: Realien zur Literatur 124)
    Text und Kritik. Zeitschrift für Literatur. Hg. v. Heinz Ludwig Arnold. Bd. 4/4a: Georg Trakl. Oktober 1969.
    Walther Killy, Über Georg Trakl. Göttingen, 3. erw. Aufl. 1967.
    Franz Fühmann, Der Sturz des Engels. Erfahrungen mit Dichtung. München 1985. (dtv 10368)
    Gunther Kleefeld, Das Gedicht als Sühne. Georg Trakls Dichtung und Krankheit. Eine psychoanalytische Studie. Tübingen 1985.

VERZEICHNIS DER ANFÄNGE UND ÜBERSCHRIFTEN
    Abendländisches Lied
97
    Abendland
(4. Fassung) 100
    Abendlied
50
    Afra
(2. Fassung) 80
    Allerseelen
45
    Alte Plätze sonnig schweigen 31
    Am Abend liegt die Stätte öd 24
    Am Abend schweigt die
    Klage 78
    Am Abend tönen die herbstlichen 119
    Am Abend trugen sie den Fremden 60
    Am Abend ward zum Greis der Vater 89
    Am Abend, wenn die Glocken 7
    Am Abend, wenn wir auf dunklen 50
    Amen
52
    Am Moor
(3. Fassung) 67
    Andacht
9
    An den Knaben Elis
63
    An die Schwester
52
    An die Verstummten
84
    An einen
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