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Abschlussfahrt

Abschlussfahrt

Titel: Abschlussfahrt
Autoren: Jochen Till
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abgehauen. Und das macht sie mit jedem so. Die Prinzessin steht nun mal am liebsten im Mittelpunkt und hält Hof und lässt sich von ihren Verehrern umgarnen. Wie das Prinzessinnen eben gerne so machen. Ist mir auch grundsätzlich egal, diese Idioten sind ja selbst dran schuld, wenn sie immer wieder drauf reinfallen. Aber Seba ist kein Idiot, Seba ist mein Kumpel, und er meint es wirklich ernst mit ihr, weiß der Teufel warum. Wie oft habe ich ihm schon gesagt, er soll Yvonne endlich abhaken, aber jedes Mal, wenn er nach einer weiteren Abfuhr so weit ist, kommt sie wieder anstolziert und lächelt ihn an oder streichelt seinen Arm oder setzt sich auf seinen Schoß, und er ist wieder hin und weg und das ganze Drama fängt von vorne an. Wobei ich mir eben immer noch nicht sicher bin, ob sie das alles bewusst und mit Absicht abzieht, oder wirklich einfach nur total naiv ist. So oder so, für Seba macht das natürlich keinen Unterschied. Ein Blick in sein verschämt strahlendes Gesicht zeigt mir sofort, dass es bereits wieder um ihn geschehen ist. Na super. Und wer darf sein Herz dann total zermatscht aus einer stinkigen toskanischen Mülltonne kratzen, wenn sie es vom Schiefen Turm geschleudert hat? Ich natürlich, wer sonst? Scheiß-Prinzessinnen. Ist doch wahr.
    Langsam werden alle Köpfe etwas schwerer und die Gespräche zähflüssiger. Irgendwann schläft Nele auf meinem Schoß ein. Sie schmiegt sich an meinen Hals und ich spüre jeden ihrer Atemzüge. Als Marlon das sieht, schiebt er Henny von seinem Schoß und fingert wieder den Edding aus seiner Tasche. Er will sich gerade über Nele beugen und loslegen, niemand protestiert, nicht mal die Mädels. Wobei Yvonne anscheinend ebenfalls schläft, jedenfalls liegt ihr Kopf an Sebas Brust und ihre Augen sind geschlossen.
    »Komm, lass den Scheiß«, sage ich zu Marlon.
    »Wer einschläft, hat verloren. Das ist die Regel.«
    »Für uns, meinetwegen«, erwidere ich. »Aber lass doch die Mädels da raus.«
    »Wer unseren Wodka trinkt, muss sich auch an unsere Regeln halten«, gibt er nicht auf und setzt zum nächsten Versuch an.
    »Du sollst es lassen, hab ich gesagt!«, zische ich ihn an und lege schützend eine Hand über Neles Gesicht. »Muss doch jetzt echt nicht sein.«
    »Oho!«, kichert Henny, zieht Marlon zurück auf seinen Platz und setzt sich wieder auf seinen Schoß. »Da ist wohl jemand verliebt.«
    »Was?«, schaltet sich nun auch noch Yvonne ein und öffnet die Augen. »Wer ist verliebt?«
    »Niemand ist verliebt«, stöhne ich genervt. »Man wird doch wohl mal einer guten Freundin helfen dürfen, ohne gleich verliebt zu sein, oder?«
    »Schon klar.« Henny grinst vielsagend. »Gute Freundin. Legst du all deinen guten Freundinnen die Hand auf den Arsch?«
    »Ich habe meine Hand nicht auf ihren Arsch gelegt«, erkläre ich. »Ich halte sie nur fest, damit sie nicht runterrutscht.«
    »Aha.« Henny lässt nicht locker. »Festhalten heißt das jetzt also.«
    »Ja, festhalten!«, erwidere ich. »Und das würde ich bei jeder anderen auch machen. Marlon hält dich ja wohl auch fest, oder etwa nicht? Heißt das jetzt automatisch, dass er in dich verliebt ist, oder was?«
    »Na, das will ich doch schwer hoffen«, antwortet sie und fährt mit der Hand durch seine Haare. »Du liebst mich doch, oder?«
    Marlon tätschelt ihren Hintern und grinst dreckig. »Aber sicher doch, Schatz. Teilweise, zumindest.«
    »Ich geb dir gleich teilweise!« Sie lacht und boxt ihn hart auf die Schulter. »Du hast mich gefälligst voll und ganz mit Haut und Haaren und über alles in der Welt zu lieben!«
    Sie boxt weiter auf ihn ein. Er versucht, ihre Hände festzuhalten.
    »Über alles in der Welt? Frag mich nach der nächsten Flasche Wodka noch mal.«
    Die beiden ringen eine ganze Weile lachend miteinander. Marlon kitzelt sie, sie quiekt laut auf, es geht hin und her, ich mag gar nicht mehr hingucken, das ist mir jetzt echt zu albern. Und viel zu viele Hände überall dort, wo sie nicht hingehören.
    Ich spüre, wie Neles Kopf sich von meinem Hals löst. Na super, jetzt haben sie auch noch Nele aufgeweckt. Sie rutscht ein Stück an mir nach oben. Plötzlich drücken sich ihre Lippen auf meine Wange.
    »Danke fürs Beschützen«, säuselt sie müde. »Bist mein Held.«
    Wie jetzt? Sie hat gar nicht geschlafen? Sie hat alles mitbekommen? Oh Gott, hoffentlich haben die anderen das eben nicht mitgekriegt! Den Kuss, meine ich. Sonst geht es gleich wieder los mit verliebt und dem Mist. Ich
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